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AHO Aktuell - 17.01.2005

Dioxin-Freilandeier: >> eine unheilige Allianz des Wegschauens und Vertuschens<<


Hamburg (aho/lme) - In mehreren Bundesländern sind nach Informationen
von "Bild am Sonntag" (BamS) Freilandeier verkauft worden, die mit
überhöhten Mengen des als krebserregend geltenden Giftes Dioxin
belastet waren. Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Ehlen
(CDU) sagte der Zeitung: "Wir befürchten Rückruf- und
Vernichtungsaktionen von belasteten Eiern."
Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne), die sich seit
Jahren für die Freilandhaltung von Legehennen einsetzt, fordert die
Verantwortlichen zu raschem Handeln auf. Lange habe sie in Brüssel für
die Einführung des Dioxin-Grenzwerts gekämpft. Künast zu BamS: "Die
Länder müssen kontrollieren, kontrollieren, kontrollieren. Und wenn
sie erhöhte Werte feststellen, müssen sie das Produkt vom Markt
nehmen. So klar ist das!"

Der Agrarexperte der FDP Goldmann sprach von einer "unheiligen Allianz
des Wegschauens und Vertuschens. Es müssen sofort alle Eier aus
Freilandhaltung auf Dioxine untersucht und notfalls aus dem
Verkehr gezogen werden."

Auch Vertreter der Öko-Landwirtschaft wissen seit langer Zeit
bescheid, haben aber ihre Kunden bisher nicht informiert. Felix Prinz
zu Löwenstein, Vorsitzender des Bundes der Ökologischen
Lebensmittelwirtschaft, räumt ein: "Wir haben es mit einem
Umweltproblem zu tun, das uns bewusst ist."

Für Baden-Württemberg teilt das Chemische und
Veterinäruntersuchungsamt Freiburg nach Stichproben mit: In den
vergangenen vier Jahren enthielten sieben Prozent aller Bio- und
Freilandeier, die in den Handel gelangten, zuviel Dioxin. Die EU
erlaubt bis zu drei Pikogramm Dioxin pro Gramm Fett, also drei
Billionstel Gramm. Dagegen ermittelte das Freiburger Amt, das
landesweit kontrolliert, Spitzenwerte von bis zu 16,5 Pikogramm -
gemessen in einem Betrieb nördlich von Ulm im Jahr 2003.

In der Stadt Kehl sorgten laut BamS Dioxin-Funde in
Freilandeiern zum Jahreswechsel für Wirbel. Die Kontrolleure nahmen
dort bei kleineren Betrieben 18 Proben - 8 davon enthielten deutlich
überhöhte Giftmengen von 4,3 bis 22,2 Pikogramm Dioxin.
Ein
betroffener Landwirt verzichtete daraufhin auf den Verkauf seiner
Freilandeier. Amtsleiter Roland Renner zu BamS: "Das Problem ist nicht
auf Kleinbetriebe beschränkt."

Offiziell wiegelt das Landwirtschaftsministerium in Stuttgart ab. Ein
Sprecher: "Das sind nur Einzelfälle, das ist ein Randthema." Doch
hinter den Kulissen herrscht Alarmstimmung. Minister Willi Stächele
(CDU) ordnete nach BamS-Informationen ein Kontrollprogramm an. Ein
Insider: "In großem Stil werden ab Frühjahr Freilandbetriebe
überprüft."

Aus vielen Bundesländern gibt es keine Befunde, weil dort nicht
kontrolliert wird. Doch reicht das Problem weit über Baden-Württemberg
hinaus. In Bayern ergaben Messungen, dass in den vergangenen beiden
Jahren mehr als 20 Prozent der Freilandeier den Dioxin-Grenzwert der
EU überschritten! In Niedersachsen lagen sogar 28 Prozent der
Freilandeier über den zulässigen 3 Pikogramm Dioxin!

Die Freilandhühner nehmen die Dioxin-Gifte durch ständiges Picken aus
dem Boden auf. Deshalb schneiden Eier von Käfighühnern in allen Tests
der Länderbehörden besser ab: Sie liegen nach BamS-Informationen zu
mehr als 99 Prozent unter dem EU-Grenzwert. Generell ist die
Dioxin-Belastung bei Freilandeiern um das 2,5fache höher als bei Eiern
aus Käfighaltung.

Seit 1. Januar gilt der Dioxin-Grenzwert der EU für Nahrungsmittel
auch für Freilandeier. Sie waren als einziges Lebensmittel
ausgenommen, weil eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten eine bereits
beschlossene Regelung außer Kraft setzte.

Nach Recherchen der BamS bei Tierärzten ist die Dioxin-Belastung in
Holland und Belgien noch dramatischer als in Deutschland. In der
Region Antwerpen wurde bei Freilandeiern ein
durchschnittlicher Dioxinwert von 9,9 Pikogramm ermittelt - mehr als
dreimal so hoch, wie die EU erlaubt. In den Niederlanden liegen
26 Prozent der untersuchten Eier über der zulässigen Grenze.



 



 

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