Aktuelle Meldungen  -  Nachrichten suchen  -  kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

AHO Aktuell - 10.10.2007

Kühe in Weidehaltung produzieren im Winter mehr Methan als Stalltiere


Neuherberg / Budweis (aho) - Auf Weiden gehaltene Kühe produzieren im
Winter mehr klimaschädliches Methangas als im Stall lebende Rinder
und verstärken so den Treibhauseffekt. Dieses Ergebnis publiziert ein
Team aus Wissenschaftlern des Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit
(GSF) in Neuherberg bei München und deren tschechischen Kollegen von
der Akademie der Wissenschaften in Budweis im Fachjournal „Nature“.
Das Ergebnis sei vor allem im Hinblick auf den Ökolandbau
interessant, sagte der Leiter der Studie, Michael Schloter vom
GSF-Institut für Bodenökologie, am Mittwoch gegenüber der Presse.

Dieser Effekt lässt sich vor allem dann beobachten, wenn die Tiere
die kalte Jahreszeit nicht ausschließlich im Stall verbringen,
sondern auf Winterweiden gehalten werden. Die auf einem tschechischen
Gehöft durchgeführte Studie wies nach, dass für diesen Vorgang zwei
Faktoren entscheidend sind: die Menge und Qualität an organischem
Material aus den Exkrementen und die starke Verdichtung des Bodens
durch das Gewicht der Rinder. Diese Veränderungen führen dazu, dass
sich methanproduzierende Mikroorganismen aus dem Magen-Darm Trakt der
Tiere in den Böden etablieren können und gleichzeitig der Prozess der
Methanoxidation gehemmt wird.

Grasflächen, die nicht intensiv landwirtschaftlich genutzt werden,
gelten im Allgemeinen als Senken für die Treibhausgase Methan,
Kohlendioxid und Lachgas. Das kann sich aber ändern, wenn eine
intensive Bewirtschaftung der Weiden mit Rindern erfolgt. Allerdings
ist bekannt, dass auch gut durchlüftete Böden das Potential zur
Methanproduktion haben. Daher sollte im Rahmen der Studie untersucht
werden, inwieweit die Überwinterung von Rindern auf Weiden dieses
Potential stimuliert und Grünlandböden tatsächlich zu einer
Methanquelle werden. Aus Gründen des Tierschutzes wird die Haltung
von Rindern im Winter auf Weiden - mit der Möglichkeit in einem Stall
zu schlafen beziehungsweise dort das Futter zu bekommen - zunehmend
populärer. "Die Überwinterung der Rinder ist zumindest im Ökolandbau
in ganz Mitteleuropa ziemlich verbreitet", berichtet Dr. Schloter,
der Leiter der Studie. "Man sagt, dass die Tiere dank der Bewegung im
Freien weniger anfällig gegenüber Infektionskrankheiten sind und
deshalb weniger Antibiotika eingesetzt werden müssen. Bewiesen
ist dieser Zusammenhang allerdings nicht."


Die Untersuchung wurde auf einem landwirtschaftlichen Gut in
Südböhmen durchgeführt. Das etwa vier Hektar große Areal wird seit
1995 für die Überwinterung von etwa 90 Kühen von Oktober bis Anfang
Mai genutzt. "Am Ende dieser Saison konnten wir die Auswirkungen der
Überwinterung auf den Boden deutlich sehen", so Schloter. Anders als
auf typischen Sommerweiden, auf denen sich die Tiere gleichmäßig
verteilen, hielten sich die Tiere auf den Winterweiden bevorzugt in
der Nähe des Futterhauses auf. Dadurch war in diesem Bereich keine
Vegetation mehr sichtbar und der Boden stark verdichtet. Zusätzlich
war dieser Bereich durch einen sehr hohen Eintrag von organischer
Substanz aus den Exkrementen der Tiere gekennzeichnet. In weiter
entfernten Arealen waren die Auswirkungen weit weniger drastisch.

Durch die intensive Beweidung in den stallnahen Bereichen kam es zu
einem deutlichen Anstieg der Methanemissionen über den gesamten
Winterzeitraum. Diese lagen fast 1000 -fach höher im Vergleich zu
Kontrollflächen auf denen keine Rinder gehalten wurden. Die
Methanoxidation ist der Stoffwechselweg, der zum Abbau des Methans
führen kann. Interessanterweise war der Prozess der klassischen, der
so genannten aeroben, Methanoxidation in den intensiv beweideten
Böden gehemmt. Das ist laut Schloter auf die hohen Mengen an
Harnstoff im Boden zurückzuführen. Die Wissenschaftler konnten ferner
zeigen, dass sich Mikroorganismen aus dem Magen-Darm-Trakt der Rinder
im Boden etablieren und Teile der vorhandenen Mikroflora verdrängen
konnten. Wie die bereits im Boden vorhandenen Mikroben profitierten
auch die Neuankömmlinge von den günstigen Umweltbedingungen im Boden,
etwa das reichhaltige organische Material.

Obwohl die Tiere im Sommer und Herbst auf anderen Weiden gehalten
wurden, änderte sich die Zusammensetzung der Mikroflora in den stark
überweideten Gebieten kaum. Allerdings nahmen die
Methanproduktionsraten in diesen Monaten deutlich ab, da der
kontinuierliche Eintrag von organischem Material fehlte. "Wir werden
das Projekt weiterführen, auch weil wir Auswirkungen auf den
Stickstoffkreislauf vermuten", so Schloter. "Außerdem haben wir
möglicherweise einen sehr seltenen Prozess in den stark belasteten
Böden nachgewiesen, die anaerobe Methanoxidation. Insgesamt lässt
sich sagen, dass eben jede landwirtschaftliche Maßnahme ihre
positiven und negativen Auswirkungen hat. Was jeweils mehr wiegt, ist
aber eine gesellschaftliche, keine wissenschaftliche Frage."

Veröffentlichung:

Radl, V., Gattinger, A., Chronoakova, A., Nemcova, A., Cuhel, J.,
Simek, M., Schloter, M., Elhottova., D.:
Effects of cattle husbandry on abundance, diversity and activity
of methanogenic archaea in upland soils,
Nature - ISME 1, pp. 447 - 452 (2007).



 



 

  zum Seitenbeginn


© Copyright

AHO Aktuell ist ein Service von ANIMAL-HEALTH-ONLINE und @grar.de