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AHO Aktuell - 03.10.2007

Wissenschaftler: Oxidativer Stress verlängert das Leben


Jena (aho/lme) - Freie Sauerstoffradikale – so genannte "reaktive
Sauerstoff-Spezies" (engl.: reactive oxygen species, ROS), bisher vor
allem als Zellgifte und Auslöser gefährlicher Krankheiten wie
Arteriosklerose, Krebs oder Alzheimer bekannt, können nach Ansicht
von Forschern aus Jena und Potsdam die Lebenserwartung erhöhen.
"Diese hochreaktiven Moleküle entstehen in geringer Menge in jeder
Körperzelle. Unter normalen Bedingungen ist das kein Problem",
erläutert Prof. Dr. Michael Ristow von der
Friedrich-Schiller-Universität Jena. "Nehmen ROS aber überhand, so
droht Gefahr für die Gesundheit", nennt der Inhaber des Lehrstuhls
für Humanernährung die bisher unstrittige Ansicht unter Medizinern.

Doch dieses einseitige Bild der schädlichen ROS muss revidiert
werden, wie das Team um Ristow in einer aktuellen Studie belegt.
Gemeinsam mit Wissenschaftlern des Deutschen Instituts für
Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke konnte Ristow an dem
Modellorganismus Caenorhabditis elegans zeigen, dass oxidativer
Stress und das damit verbundene Vorkommen von ROS die Lebenserwartung
dieses Fadenwurms deutlich verlängert. "Umgekehrt verkürzt die
Einnahme von bestimmten Vitaminen und Antioxidantien, die die
Entstehung von ROS verhindern, die Lebensspanne der Tiere", so
Ristow. Ihre Ergebnisse präsentieren die Forscher in der am Mittwoch
(3. Oktober) erscheinenden Ausgabe des renommierten
Wissenschafts-Journals "Cell Metabolism".

Ausgangspunkt der Studie war die Beobachtung, dass der Verzicht auf
Glukose (Traubenzucker) das Leben der Würmer entscheidend verlängert.
Normaler Haushaltszucker besteht zur Hälfte aus Traubenzucker. So
erreichten die Fadenwürmer bei normaler Nahrung ein durchschnittliches
Alter von 30 Tagen. Blockierten die Forscher den Zucker-Stoffwechsel
der Würmer, so überlebten diese ihre normal gefütterten Artgenossen
jedoch um bis zu 40 Tage. "Dass eine kalorienarme Ernährung das Leben
verlängern kann, ist der Wissenschaft jedoch nicht neu", macht Ristow
deutlich. Doch die Jena-Potsdamer Studie liefert nun erstmals eine
Erklärung für dieses Phänomen.

Eine Schlüsselrolle dabei spielen die Mitochondrien. In diesen
"Zellkraftwerken" wird die Glukose in kleinere Moleküle zerlegt, was
der Zelle Energie liefert. Fehlt es an Glukose, schalten die
Mitochondrien auf andere Wege der Energiegewinnung um: Dann werden mit
Hilfe von Sauerstoff vorwiegend Fette "verbrannt". Als Nebenprodukte
dieser Verbrennung entstehen ROS: umso mehr je stärker dieser
Stoffwechselweg - durch den Verzicht auf Glukose - genutzt wird. Und
genau das verlängert den Fadenwürmern das Leben. "ROS aktivieren die
Abwehrmechanismen der Zellen gegen oxidativen Stress, was sich in der
Bilanz positiv auf die Lebenserwartung auswirkt", schlussfolgert
Ristow.

Auch wenn nach jetzigem Erkenntnisstand abzuwarten bleibt, ob sich
diese Ergebnisse direkt auf den Menschen übertragen lassen, könnten
sie auch für die Ernährung von Menschen weit reichende Konsequenzen
haben. "Sie bestätigen nicht nur, dass Zucker in unserer Nahrung nur
in Maßen vorkommen sollte", macht Ristow deutlich. Es sei vor allem
im Hinblick auf die heute großzügig praktizierte Einnahme von
Nahrungsergänzungsmitteln, insbesondere Antioxidantien ein Umdenken
nötig. Vor allem die Einnahme von Vitamin-Präparaten, wie Vitamin C
oder E, sieht Ristow kritisch. "Sie verhindern die Entstehung von ROS
und somit möglicherweise auch deren lebensverlängernde Wirkung."




 



 

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