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AHO Aktuell - 21.08.2007

Wildfleisch häufiger mit EHEC infiziert als Rindfleisch


Berlin (idw/BfR) - Enterohämorrhagische Escherichia Coli (EHEC)
verursachen bei Menschen akute, teilweise blutige
Durchfallerkrankungen. Besonders bei Kindern kann es darüber hinaus
durch eine EHEC-Infektion zu einer Schädigung der Nieren bis zum
Nierenversagen, dem so genannten hämolytisch- urämischen Syndrom
(HUS), kommen. Als Quelle von EHEC-Infektionen sind bisher vor allem
landwirtschaftliche Nutztiere bekannt: Rinder, Schafe und Ziegen
scheiden EHEC mit ihrem Kot aus, ohne dass sie selbst Anzeichen einer
Erkrankung zeigen. Menschen können sich durch Kontakt mit infizierten
Tieren oder Menschen anstecken, häufig geschieht dies auch über
Lebensmittel (Fleisch und Rohmilch), die mit EHEC kontaminiert sind.
Untersuchungen haben nun gezeigt, dass auch frei lebende Wildtiere
EHEC ausscheiden und dass auch Wildfleischprodukte damit belastet
sind. "Wildfleisch ist inzwischen als EHEC- Infektionsquelle für den
Menschen bedeutender geworden als Rindfleisch", sagt Professor Dr. Dr.
Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung
(BfR). Diesen Schluss erlauben die Ergebnisse einer Erhebung des
Nationalen Referenzlabors für die Epidemiologie der Zoonosen am BfR,
das die Entwicklung von Lebensmittelinfektionen beobachtet. Ein
Forschungsprojekt des Nationalen Referenzlabors für Escherichia coli
am BfR soll nun einerseits klären, ob Wildtiere ein ursprüngliches
Reservoir von EHEC sind, Nutztiere infizieren und damit indirekt auch
Menschen, die Kontakt mit den infizierten Nutztieren haben.
Andererseits könnten EHEC-Erreger im Wildfleisch auch direkt
Infektionen beim Menschen auslösen. Weitere Untersuchungen widmen sich
der Frage, ob der häufige Nachweis von EHEC in Wildfleischproben auf
mangelnde Hygiene bei der Fleischverarbeitung zurückzuführen ist oder
ob die Erreger bei Wildtieren besonders häufig vorkommen.

Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC)-Bakterien können bei
Menschen schwere Infektionen mit starken, teilweise blutigen
Durchfällen bis hin zum Nierenversagen verursachen. Ausgelöst werden
die schweren Krankheitssymptome durch starke Zellgifte, die die EHEC-
Bakterien bilden, so genannte Shiga-Toxine. Menschen infizieren sich
in der Regel über das Fleisch oder Rohmilch infizierter Tiere oder
über den direkten Kontakt mit infizierten Tieren. Seit 2001 werden im
Rahmen der Meldepflicht in Deutschland pro Jahr circa 1.100 EHEC-
Infektionen bei Menschen erfasst, das entspricht 1,4 Erkrankungen pro
100.000 Einwohner. Als Hauptinfektionsquelle galt bisher Rindfleisch.

Erhebungen am Nationalen Referenzlabor für die Epidemiologie der
Zoonosen am BfR ergaben nun ein anderes Bild: Im Jahr 2002 waren drei
Prozent der Wildfleischproben mit EHEC belastet, 2005 lag die Rate
schon bei 14,8 Prozent. Damit lag der Anteil der belasteten Proben bei
Wildfleisch in diesem Zeitraum deutlich höher als bei Rindfleisch.
Nach den vorliegenden Daten sowie Daten anderer wissenschaftlicher
Einrichtungen wird Wild als Reservoir für EHEC und Wildfleisch als
Quelle möglicher EHEC-Infektionen des Menschen bisher unterschätzt.

Dem Nationalen Referenzlabor für Escherichia coli (NRL-E. coli) am BfR
wurden in den letzten Jahren vermehrt EHEC-Isolate aus
Wildfleischproben zur Typisierung und Ermittlung der Virulenz
übersandt. Bisher wurden die Bakterien dabei nicht übergreifend
daraufhin untersucht, innerhalb welcher Zeiträume sie beim Menschen
Krankheitssymptome auslösen können und wie schwer die Erkrankungen
verlaufen. Dazu muss das von den Bakterien produzierte Shiga-Toxin
typisiert werden sowie bakterielle Kolonisationsfaktoren
berücksichtigt werden. Eine solche Untersuchung ist einer der
Schwerpunkte eines neuen Forschungsvorhabens im Nationalen
Referenzlabor E. coli am BfR. Bereits die Ergebnisse der ersten Phase
dieses Projektes lassen das große Potenzial von Wild und Wildfleisch
als Quelle möglicher EHEC-Infektionen des Menschen erkennen, da
bestimmte EHEC-Typen, die als Erreger von schweren Erkrankungen des
Menschen bereits bekannt sind (O103:H2, O128:H2, O26:H11),
nachgewiesen wurden.

Nun werden im Rahmen des Forschungsprojektes die aus Wildfleisch, aus
Wild- und Haustieren sowie aus Menschen isolierten EHEC-Stämme
miteinander verglichen, um die Bedeutung von Wildtieren und
Wildfleischprodukten einerseits als Quelle von EHEC-Infektionen des
Menschen und andererseits als mögliche Überträger von EHEC auf
landwirtschaftliche Nutztiere und damit auch indirekt auf den Menschen
abschätzen zu können. Abschließende Untersuchungen sollen die Frage
klären, ob Wildfleischproben so häufig mit EHEC-Bakterien belastet
sind, weil es Hygienemängel bei der Fleischgewinnung gibt, oder ob die
Erreger in Wildtieren übermäßig häufig vorkommen.

Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse möchte das BfR
gegebenenfalls spezifische Hygieneempfehlungen für Hersteller und die
Lebensmittelüberwachung formulieren, die dazu beitragen sollen,
gefährlichen EHEC-Infektionen von Menschen vorzubeugen.




 



 

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