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AHO Aktuell - 20.08.2007

Gericht: Wiederkäuerfette dürfen an Wiederkäuer verfüttert werden


Münster (aho) - Mischfuttermittel, die Wiederkäuerfette enthalten,
dürfen im Kreis Warendorf an Wiederkäuer verfüttert werden. Das hat
die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Münster in einem kürzlich
ergangenen Urteil festgestellt und damit einer Futtermittelfirma aus
Warendorf im Wesentlichen Recht gegeben. Die Klägerin, die
Importeurin von Mischfuttermitteln ist und gleichzeitig in Warendorf
eine Kälber- und Ferkelmast betreibt, beabsichtigt, tierische Fette
enthaltende Mischfuttermittel ihrer Schwesterfirmen aus den
Niederlanden und Frankreich einzuführen und in der Bundesrepublik
Deutschland an Kälber und Ferkel zu verfüttern.

Der Landrat des Kreises Warendorf hatte darauf verwiesen, dass nach
dem deutschen Lebens- und Futtermittelgesetzbuch die Verfütterung von
Mischfuttermitteln, die tierische Fette enthielten, in der
Bundesrepublik Deutschland nicht zulässig sei.

Die Klägerin hatte hingegen den Standpunkt vertreten, das deutsche
Verbotsgesetz sei mit dem harmonisierten Gemeinschaftsrecht nicht
vereinbar. Dieser Argumentation folgte das Gericht. Da das
Verfütterungsverbot mit unmittelbar geltendem Gemeinschaftsrecht
nicht zu vereinbaren sei, gelange es aufgrund des im EG-Vertrag
normierten Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts nicht zur
Anwendung. Die einschlägige EG-Verordnung Nr. 999/2001 enthalte kein
Verfütterungsverbot für Wiederkäuerfette. Die aus Gründen des
Gesundheitsschutzes in der Verordnung enthaltenen
futtermittelrechtlichen Vorschriften in Bezug auf die TSE/BSE
Bekämpfung seien abschließend und ständen einem über diese Regelungen
hinausgehenden nationalen Verfütterungsverbot grundsätzlich entgegen.
Der europäische Gesetzgeber habe durch die Verordnung, die sich
ausdrücklich nur zur Verfütterung tierischer Proteine verhält, eine
abschließende Harmonisierung zuvor erlassener zahlreicher Regelungen
zur Bekämpfung von BSE bezweckt und bewusst dabei auf ein
Verfütterungsverbot für tierische Fette verzichtet. Das ergebe sich
aus der Entstehungsgeschichte der Verordnung und im Vergleich mit
anderen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen.

Der EG-Vertrag erlaube es Deutschland auch nicht, von einer
getroffenen unmittelbar dem Gesundheitsschutz dienenden
Gemeinschaftsmaßnahme in Richtung eines stärkeren Gesundheitsschutzes
abzuweichen. Auch die zum Zeitpunkt des Erlasses der EG-Verordnung
bereits existierenden Schutzmaßnahmen könnten keine weitere Geltung
beanspruchen. Insbesondere lägen auf europäischer Ebene keine
gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die zum Schutz der
Gesundheit von Mensch oder Tier eine Verschärfung der
Verbotsvorschriften rechtfertigen könnten. Während die Europäische
Lebensmittelbehörde in einem Gutachten von 2005 die von
Wiederkäuerfetten ausgehenden Gesundheitsgefährdungen als minimal
ansehe, teilten Wissenschaftler des Bundesinstituts für
Risikobewertung und des Friedrich-Loeffler-Instituts,
Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, diese Auffassung nicht.
Wegen der divergierenden Risikobeurteilungen ist inzwischen ein nach
dem europäischen Recht vorgesehenes Verfahren der Zusammenarbeit der
nationalen Stellen und der Europäischen Lebensmittelbehörde mit dem
Ziel eingeleitet worden, die Divergenzen auszuräumen oder der
Kommission ein gemeinsames Papier vorzulegen, in dem die
wissenschaftlichen Fragen verdeutlicht und die Unsicherheiten im
Bezug auf die Daten ermittelt werden. Bis zum Ausgang dieses
Verfahrens, dessen Ergebnis offen sei, gelten nach Auffassung des
Gerichts die beanstandeten Futtermittel weiterhin als sicher.

Die Kammer hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die
Berufung zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
zugelassen.

Az.: 6 K 1923/05 (nicht rechtskräftig)




 



 

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