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AHO Aktuell - 23.05.2007

Mehr Beschäftigung, weniger Langeweile kann die Fleischqualität von Schweinen verbessern


Dummerstorf (aho) - Mastschweine in der Intensivhaltung führen in der
Regel ein ereignis- und bewegungsarmes Leben, oft nur unterbrochen von
zwei täglichen Fütterungen. Dabei drängen alle Tiere zum Trog, fressen
so schnell sie können und sind darauf bedacht, möglichst nicht von
konkurrierenden Artgenossen daran gehindert zu werden. Das erzeugt
mitunter heftigen Stress. Ist alles aufgefressen, setzt wieder die
übliche Lethargie ein.

Es kommt also zu kurzzeitiger Muskelbeanspruchung unter hoher
psychischer Belastung. Die bei den fleischreichen Schweinen
vorhandenen großen, aber schnell ermüdenden Muskelfasern werden unter
solchen Bedingungen gefördert; sie besitzen geringe Mengen des
Muskelfarbstoffes Myoglobin, was zu blassem Fleisch führt. Im
Gegensatz dazu fördert Bewegung ausdauernde Fasern, die myoglobinreich
sind und deshalb rot aussehen. Auf dem Tisch der Verbraucher ist diese
Farbe begehrt, da solche Schnitzel beim Braten viel weniger
schrumpfen.

In einer gemeinsamen Studie haben die Forschungsbereiche
"Muskelbiologie und Wachstum" sowie "Verhaltensphysiologie" des
Forschungsinstituts für die Biologie landwirtschaftlicher Nutztiere
(FBN) in Dummerstorf untersucht, inwieweit eine angereicherte
Haltungsumwelt, die den Tieren mehr Beschäftigung und weniger
Langeweile sowie mehr und regelmäßige Bewegung bietet, die
Fleischqualität verbessert. Bei dieser Untersuchung wurden Schweine
der Deutschen Landrasse in den am FBN entwickelten Ton-Schalter-
Futterautomaten gefüttert. Mit einer kurzen Tonfolge, die einem Handy-
Klingelton vergleichbar ist, rufen Ton-Schalter-Futterautomaten die
Tiere achtmal am Tag zum Futter. Da jedem Tier eine eigene,
unverwechselbare Tonfolge zugeordnet ist, reagieren die Artgenossen
nicht und das individuell angesprochene Tier kann ungestört am Ton-
Schalter-Futterautomaten fressen. So werden drei Ziele auf einmal
erreicht: Die Tiere werden beschäftigt, was die Lethargie und
Langeweile abbaut und so der Tiergerechtheit dient, die
Fütterungssituation wird entspannt und Stress vermindert, da die Tiere
nicht in Futterkonkurrenz miteinander stehen und schließlich wurde
entdeckt, dass die Fleischqualität sich dabei verbesserte. Vermutlich
beruht dieser Effekt hauptsächlich auf den zwei Faktoren
Stressverminderung und Bewegungsförderung. Es zeigte sich nämlich,
dass der Anteil roter Ausdauerfasern bei den mit den Ton-Schalter-
Futterautomaten gefütterten Schweinen im Vergleich zu einer
Kontrollgruppe mit konventioneller Fütterung erhöht und gleichzeitig
der Wasserverlust ihres Fleischs, der für die Schrumpfung beim Braten
verantwortlich ist, deutlich reduziert war. Man weiß, dass dieser
Wasserverlust durch Stress gefördert wird.

Die Studie am FBN hat gezeigt, dass auch in der Intensivhaltung, auf
die wir im bevölkerungsreichen Europa nicht verzichten können, eine
tiergerechte Haltung und sehr gute Produktqualität zu kombinieren
sind. Da die Umweltanreicherung im Stall durch Ton-Schalter-
Futterautomaten teuerer als die bisher übliche Schweinehaltung ist,
müsste der Verbraucher aber bereit sein, für ein besseres Schnitzel
und tiergerechtere Haltung auch etwas mehr zu bezahlen.

Das FBN Dummerstorf erforscht die funktionale Biodiversität von
Nutztieren in ihrer Umwelt als Grundlage der Domestikation und als
wesentliche Komponente einer nachhaltigen Landwirtschaft und der
menschlichen Ernährung. Das FBN ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft,
der 84 außeruniversitäre Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen
für die Forschung angehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute
reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die
Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den
Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute beschäftigen rund 13.000
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, arbeiten interdisziplinär und
verbinden Grundlagenforschung mit Anwendungsnähe. Da sie Vorhaben im
gesamtstaatlichen Interesse betreiben, werden sie von Bund und Ländern
gemeinsam gefördert.



 



 

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