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AHO Aktuell - 11.05.2007

Wann ist ein Schwein ein Bioschwein?


Lüneburg (aho/lme) - Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts
Lüneburg dürfen Schweine, die bis zu 8 Tagen lang Futter mit geringen
Mengen gentechnisch veränderter Sojabohnen gefressen haben, nicht mehr
als Schweine aus ökologischem Landbau vermarktet werden (Beschluss v.
7.5.2007 - 4 B 24/07-).

Ein Landwirt aus dem Gerichtsbezirk hält Schweine nach den Regeln der
ökologischen Tierhaltung. Das Futter bezieht er aus einem
holländischen Betrieb, es handelt sich um "Öko-Futter". Dieses
Öko-Futter hat einen Sojabohnenanteil von 1,7 %. Bei einer
Überprüfung durch eine niederländische Zertifizierungsstelle wurde
festgestellt, dass in einer bestimmten Lieferung 2,4 % der Sojabohnen
gentechnisch verändert waren, so dass das Futter dieser Lieferung
nicht mehr als Öko-Produkt verkauft werden darf. Als die
gentechnische Veränderung des Sojabohnenanteils festgestellt worden
war, waren die 650 Schweine des Landwirts bereits 8 Tage lang mit
diesem Produkt gefüttert worden. Das Niedersächsische Landesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wies deshalb die
Ökoprüfstelle, die für den Betrieb des Landwirts zuständig ist,
darauf hin, dass die Schweine nicht als "Bio-Schweine" vermarktet
werden dürfen.

Der Landwirt hat beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und
vorläufigen Rechtsschutz begehrt. Er will festgestellt haben, dass
die Verwendung des Futters der Vermarktung der Tiere als Bio-Schweine
nicht entgegensteht, und er verlangt vom Landesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, anders lautende
Hinweise an die Ökoprüfstelle zu unterlassen. Hierzu trägt er vor, er
habe von der gentechnischen Veränderung des Futters im Zeitpunkt der
Fütterung keine Kenntnis gehabt. Wenn nur 4,2 % der Sojabohnen
gentechnisch verändert seien, aber nur 1,7 % Sojabohnen im Futter
seien, ergebe sich ein Gesamtanteil von 0,04 % gentechnisch
veränderten Materials im Futter. Dieses sei auch nur über einen
kurzen Zeitraum von höchstens 8 Tagen verfüttert worden. Könne er
seine Schweine nicht als Öko-Schweine vermarkten, entstehe ihm ein
Schaden von 125.000 bis 130.000 EUR.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz
abgelehnt. Es hat ausgeführt:

Der Hinweis des Landesamtes für Verbraucherschutz gegenüber der
Ökoprüfstelle ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Schweine
dürfen nicht als Öko-Schweine vermarktet werden. Nach dem
Europäischen Landwirtschaftsrecht darf gentechnisch verändertes
Futter im ökologischen Landbau nicht verwendet werden. Das Futter,
welches die Schweine bis zu 8 Tagen zu sich genommen haben, ist aber
gentechnisch verändert. Der Anteil von 2,4 % gentechnisch veränderter
Sojabohnen hätte sogar bei konventionellen Futtermitteln gesondert
gekennzeichnet werden müssen. Der Umstand, dass im Futter nur 1,7 %
Sojabohnen enthalten sind und die Schweine das Futter nur bis zu 8
Tagen zu sich genommen haben, steht einem Verbot der Vermarktung als
Öko-Schwein nicht entgegen, es kommt auch nicht darauf an, ob der
Landwirt die gentechnische Verunreinigung bei der Fütterung erkannt
hat oder nicht. Vielmehr geht es bei dem Vermarktungsverbot als
Bio-Schwein um effektiven Verbraucherschutz. Der Verbraucher vertraut
bei Fleisch von Bio-Schweinen darauf, dass die Tiere kein
gentechnisch verändertes Futter zu sich genommen haben. Es kommt
dabei nicht darauf an, ob das gentechnisch verunreinigte Futter eine
Qualitätsveränderung des Schweinefleisches bewirken kann. Sinn und
Zweck des Verbots der Verwendung von gentechnisch verändertem Futter
bei der Erzeugung von Bio-Fleisch ist allein der Schutz des
Vertrauens der Verbraucher darauf, dass gentechnisch verändertes
Futter nicht verwendet worden ist. Der Hinweis des Landesamtes für
Verbraucherschutz gegenüber der Ökoprüfstelle ist auch trotz eines
möglichen erheblichen finanziellen Schadens beim Landwirt im Ergebnis
nicht unverhältnismäßig. Denn würde die Vermarktung als Bio-Schwein
nicht unterbunden, würde dies zu ganz erheblichen Vertrauensverlusten
beim Verbraucher führen und der gesamten Bio-Branche nachhaltigen
Schaden zufügen.

Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zum Niedersächsischen
Oberverwaltungsgericht möglich.





 



 

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