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AHO Aktuell - 04.04.2007

Europäische Hausrinder stammen allesamt aus dem Nahen Osten


Mainz (idw) - Alle Rinderrassen, die heute in Europa verbreitet sind,
stammen ursprünglich aus dem Nahen Osten. Wie Wissenschaftler der
Johannes Gutenberg-Universität mitteilen, gibt es tatsächlich keine
Anzeichen dafür, dass der vor etwa 400 Jahren ausgestorbene Auerochse
in Europa domestiziert wurde. "Die Vorfahren unserer heutigen
Hausrinder kamen vermutlich mit Viehzügen über Anatolien nach Europa",
sagt Prof. Dr. Joachim Burger vom Institut für Anthropologie. Die
Untersuchungen zur Abstammung der europäischen Rinder anhand alter
Erbsubstanz wurden von dem Wissenschaftsjournal Proceedings of the
Royal Society veröffentlicht.

Schon lange spekuliert man darüber, wo der Ursprung der europäischen
Haustiere zu lokalisieren ist. Bei Ziege und Schaf ist bekannt, dass
sie aus dem Nahen Osten stammen, denn es gibt in Europa keine
entsprechenden Wildtiere, die hätten domestiziert werden können. Das
Hausrind allerdings besitzt in Europa einen wilden Vorfahren, den
Auerochsen - auch Ur genannt - der erst im 17. Jahrhundert
ausgestorben ist. Eine Multiautorenstudie, angeführt von Forschern aus
Dublin und Mainz, weißt nun nach, wie es sich tatsächlich zugetragen
hat. Gemeinsam mit über 40 weiteren, international renommierten
Kollegen legen Ceiridwen Edwards, Dan Bradley (beide Dublin), Ruth
Bollongino und Joachim Burger (beide Mainz) die molekulargenetische
Analyse von DNA aus Skeletten des ausgestorbenen Auerochsen vor und
vergleichen sie mit den Gendaten prähistorischer Hausrinder. Dadurch
können sie die Geschichte der Rinder seit dem Ende der Eiszeit recht
genau nachvollziehen.

Der Auerochse gehörte bis zu seiner Ausrottung zu den größten
Landtieren Europas. Er war fast so groß wie ein Elefant und diente dem
Menschen fast ausschließlich als Fleischlieferant. Höhlenmalereien wie
in Lascaux zeigen die frühe Verbreitung des Wildrindes in Europa.
Gemäß der Studie, die in dem britischen Wissenschaftsjournal
Proceedings of the Royal Society veröffentlicht wurde, verringerte
sich die Anzahl der europäischen Auerochsen aufgrund der
Vergletscherung Europas vor circa 16.000 Jahren. Danach stieg ihre
Zahl wieder an. Vor etwa 11.000 Jahren war der Auerochse fast in ganz
Europa heimisch, ausgenommen der Norden Skandinaviens, nördliche Teile
Russlands und Irland. Dann erreichte vor rund 8.500 Jahren mit dem
Überschreiten des Bosporus eine völlig andere Rinderrasse den
europäischen Kontinent. Diese Vorfahren unserer heutigen Rinder
unterschieden sich genetisch sehr deutlich vom europäischen Wildrind,
das sie im Verlauf der folgenden Jahrtausende völlig verdrängen
sollten.

"Alleine können diese Vieherden nicht nach Europa gekommen sein, es
muss von Menschen organisierte Viehzüge gegeben haben", schließt der
Mainzer Juniorprofessor Joachim Burger, Seniorautor der Studie. Binnen
weniger Menschengenerationen war die neue Rinderrasse über ganz
Mittel- und Osteuropa verbreitet und fand sich in fast jedem Bauernhof
der ersten sesshaften Europäer. Erstaunlicherweise konnte die Studie
der Palaeogenetiker keine Kreuzungen zwischen heimischen wilden
Auerochsen und eingeführten domestizierten Rindern feststellen. "Die
damaligen Bauern müssen die neuen Tiere getrennt von ihren wilden
Artgenossen in Gehegen gehalten haben. Die Intensität der Viehzucht im
frühen Neolithikum war folglich wesentlich höher als bisher gedacht",
erklärt Ruth Bollongino.

Doch woher kamen die domestizierten Rinder? Bislang konnte aufgrund
der schlechten Erhaltungsbedingungen keine alte DNA aus Skeletten im
Nahen Osten gewonnen werden. Nach jahrelangen intensiven Versuchen
gelang es den beiden Teams aus Dublin und Mainz nun doch. Ceiridwen
Edwards aus Irland erläutert dazu: "Unsere Studie konnte zum ersten
Mal den Ursprung der europäischen Hausrinder in Syrien und Anatolien
genetisch lokalisieren." Gleich ob es sich um Schwarzbunte, Fleckvieh
oder schottisches Hochlandrind handelt: alle Rinder kamen aus dem
Nahen Osten nach Europa.



 



 

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