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AHO Aktuell - 23.05.2006

Pseudomonas-Bakterium kann sich von Hygieneprodukten ernähren


Braunschweig / Hannover (aho/lme) - Der Krankheitserreger Pseudomonas
aeruginosa kann sich in den Atemwegen oder in Wunden festsetzen und
dort schwere Entzündungen auslösen. Da das Bakterium außerdem
ausgesprochen widerstandsfähig ist und oft sogar die Behandlung mit
gebräuchlichen Hygiene- und Pflegeprodukten überlebt, ist es mit
vorbeugenden Hygienemaßnahmen nur schwer zu bekämpfen.

Einen Grund für diese Widerstandsfähigkeit haben Wissenschaftler der
Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF) in Braunschweig und
der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) jetzt entdeckt: Der Keim
sondert ein SdsA genanntes Verdauungsenzym ab, welches das Molekül SDS
spaltet. SDS - kurz für Sodiumdodecylsulfat - ist ein Grundbestandteil
vieler schäumender Pflege- und Hygieneartikel wie Zahnpasten, Shampoos
und Duschgels. SDS ist für viele Bakterien tödlich. Aufgrund seiner
seifenähnlichen Eigenschaften löst es ihre Zellmembran auf - wenn sie
es nicht wie Pseudomonas aeruginosa durch SdsA unschädlich machen
können. Seine Erkenntnisse hat das Forscher-Team, dem auch
Wissenschaftler aus Göttingen und Darmstadt angehören, jetzt in der
angesehenen Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of
Sciences USA (PNAS) beschrieben.

Mittels Röntgenstrukturanalyse haben die Wissenschaftler den
räumlichen Aufbau von SdsA mit atomarer Genauigkeit untersucht und
können dem Enzym jetzt bei der Arbeit regelrecht zusehen. Die Forscher
fanden heraus, dass die Bakterien die molekularen Bruchstücke des von
SdsA gespaltenen SDS aufnehmen und als Nährstoffe nutzen.

Die Widerstandsfähigkeit gegen SDS und die Fähigkeit es sogar als
Nahrung verwerten zu können ist ein Grund dafür, dass sich der Erreger
auch dort ansiedelt, wo er eigentlich gar nicht gern gesehen ist: Man
findet Pseudomonas aeruginosa zum Beispiel in Waschbecken,
Spülmaschinen und sogar Shampooflaschen. "Neben der damit
einhergehenden Gesundheitsgefährdung ist auch der entstehende
wirtschaftliche Schaden nicht zu unterschätzen", sagt
GBF-Arbeitsgruppenleiter Dr. Wolf-Dieter Schubert. "Rückrufaktionen
sind nicht nur teuer, sondern beschädigen auch das Image der
betroffenen Unternehmen."


Originalquelle:

Hagelüken, G., T. M. Adams, L. Wiehlmann, U. Widow, H. Kolmar, B.
Tümmler, D. Heinz, W.-D. Schubert:
The crystal structure of SdsA1, an alkylsulfatase from Pseudomonas
aeruginosa, defines a third class of sulfatases.
Proceedings of the National Academy of Sciences, 2006, Vol. 103,
N. 20, pp. 7631-7636.


 



 

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