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AHO Aktuell - 20.02.2006

Weltpremiere: Zwei Trichinenarten in einem Wildschwein entdeckt


Berlin (aho/lme) - Weltweit wurde jetzt die erste Mischinfektion von
Trichinella spiralis und Trichinella pseudospiralis im Wildschwein
nachgewiesen. Wie das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) heute
in Berlin mitteilt, hat diese Entdeckung Konsequenzen für die
Untersuchung von Wildfleisch.

Wie das BfR mitteilt, haben Wissenschaftler des Nationalen
Referenzlabors für Trichinellose im Bundesinstitut für Risikobewertung
bei einem in Deutschland erlegten Wildschwein eine Trichinenart
diagnostiziert, die bislang nur im Ausland und dort zumeist bei
fleischfressenden Vögeln und Wildtieren nachgewiesen wurde. Die
Arbeitsgruppe um Dr. Karsten Nöckler, Leiter der Fachgruppe Molekulare
Diagnostik und Genetik in der Abteilung Biologische Sicherheit des
BfR, hat den Parasiten aus dem Fleisch eines Wildschweines isoliert,
das auf der Insel Usedom erlegt wurde. Das Tier war sowohl mit dem
eingekapselten klassischen Schweineparasiten Trichinella spiralis
infiziert als auch mit der nicht eingekapselten Spezies Trichinella
pseudospiralis. Eine solche Mischinfektion ist weltweit das erste Mal
diagnostiziert worden. Der Fund hat nach Informationen des BfR
Auswirkungen auf die Fleischbeschau: Die klassische Untersuchung mit
dem Trichinoskop reicht für den Nachweis von Trichinella
pseudospiralis nämlich nicht aus.

In Deutschland ist in Wildschweinen bisher nur der Erreger vom Typ
Trichinella spiralis gefunden worden. Mit modernen
molekularbiologischen und mikroskopischen Methoden konnten die
Wissenschaftler am BfR nun nachweisen, dass Wildschweine außerdem mit
dem Erreger vom Typ Trichinella pseudospiralis infiziert sein können.
Wildschweine sind Allesfresser. Vermutlich gelangt der Erreger in das
Tier, wenn es infizierte Kadaver verendeter Wildtiere oder Vögel
frisst. Während Tiere mit Trichinenbefall keine Krankheitssymptome
zeigen, können sowohl Trichinella spiralis als auch Trichinella
pseudospiralis beim Menschen schwere Erkrankungen hervorrufen. Im
konkreten Fall wurde im Muskelfleisch des Wildschweines eine sehr hohe
Parasitenkonzentration mit mehr als 900 Larven gefunden.

Obwohl die deutschen Hausschweinbestände trichinenfrei sind, erkranken
in Deutschland immer wieder Menschen an der Trichinellose. Ursache für
eine Infektion mit dem Parasiten ist meist der Verzehr von Produkten
wie Rohwurst oder Mett, die aus Schweinefleisch ausländischer Herkunft
hergestellt wurden. Eine zweite Quelle sind Rohwurst, roher Schinken
oder Mett aus dem Fleisch von infizierten Wildschweinen. Larven, die
auf diesem Weg aufgenommen wurden, entwickeln sich in der
Dünndarmschleimhaut des Menschen zu Würmern, deren Larven sich
anschließend im Muskelgewebe "einnisten". Die Erkrankung beginnt mit
Magen-Darm-Beschwerden und geht später mit allergischen Symptomen und
Fieber einher. Ödeme bilden sich aus und es kommt zu Muskelschmerzen.
Die Infektion kann tödlich verlaufen, vor allem, wenn die
Zwerchfellmuskulatur oder der Herzmuskel betroffen sind.

Die Trichinenuntersuchung ist deshalb Pflicht und wird im Rahmen der
Fleischuntersuchung durchgeführt. Der Fund von Usedom bedeutet, dass
Wildschweinfleisch künftig auch auf einen Befall mit Trichinella
pseudospiralis untersucht werden muss. Hierfür reicht die klassische
Untersuchung mit dem Trichinoskop nicht aus: Im Gegensatz zu
Trichinella spiralis fehlt Trichinella pseudospiralis nämlich die
typische Kollagenkapsel. Die Larven können deshalb leicht mit
Muskelfasern verwechselt werden. Sicher entdeckt wird ein Befall mit
diesem Erreger nur durch die Untersuchung von künstlich vorverdauten
Proben unter dem Mikroskop. Dort sind die einzelnen Larven dann
deutlich sichtbar. Jäger sollten das Fleisch der von ihnen erlegten
Tiere, bevor sie es verzehren oder zum Verzehr abgeben, daher von
Einrichtungen untersuchen lassen, die diese Nachweismethode
Beherrschen, mahnt das BfR.

Zwar ist die Wahrscheinlichkeit eines Trichinellenfundes beim
Wildschwein in Deutschland mit 1:50.000 eher niedrig. Wenn das Fleisch
eines infizierten Tieres in den Verkehr kommt, sind die Konsequenzen
aber gravierend, weil sich zumeist mehrere Menschen infizieren und
erkranken.

Die vollständigen Ergebnisse der Untersuchung werden in Kürze in der
wissenschaftlichen Zeitschrift Veterinary Parasitology veröffentlicht,
heißt es in einer Meldung des BfR.


 



 

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