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AHO Aktuell - 07.12.2005

Saarland: Zwischenergebnisse der Sonderprüfaktion >Gammelfleisch<


Saarbrücken (aho/lme) - Anlässlich der Vorstellung der landesweiten
Zwischenergebnisse einer Sonderprüfaktion "Gammelfleisch" erklärt der
saarländische Verbraucherschutzminister Josef Hecken:

"In den vergangenen Wochen werden die Verbraucherinnen und Verbraucher
tagtäglich mit widerwärtigen und ekelerregenden Machenschaften
konfrontiert, die von den Lebensmittelkontrollbehörden aufgedeckt
worden sind und die zeigen, dass skrupellose Geschäftemacher mit
kriminellen Handlungen und ohne Rücksicht auf die Gesundheit der
Menschen versuchen, auch noch mit verdorbenem Fleisch Profit zu
machen.

Angesichts dieser Vorkommnisse sind die Menschen zu Recht verunsichert
und haben Angst. Für diese Angst habe ich auch Verständnis, denn trotz
aller Kontrollen kann kein Minister und kein Kontrolleur mit
Sicherheit ausschließen, dass einzelne Unternehmer sich kriminell
verhalten. Trotzdem sind Kontrollen wichtig und unverzichtbar, um die
Entdeckungswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Deshalb wird im Saarland
seit Jahren Lebensmittelkontrolle auch unabhängig vom
"Gammelfleischskandal" sehr intensiv betrieben. Im laufenden Jahr hat
es bis Anfang November über 530 Kontrollen von Fleisch- und
Wurstprodukten gegeben, daneben wurden über 20.000
Schlachttierfleischuntersuchungen vorgenommen.

Unbeschadet dieser hohen Kontrolldichte wurde aufgrund der
Geschehnisse um das "Gammelfleisch" eine landesweite Sonderprüfaktion
durchgeführt. Ziel war es, aus aktuellem Anlass alle saarländischen
EU-zugelassenen Betriebe und alle registrierten Fleischbetriebe zu
überprüfen und dabei schwerpunktmäßig die dort gelagerte Ware in
Augenschein zu nehmen.

Bis heute (07.12.2005, 07.00 Uhr) wurden von den 82 EU-zugelassenen
Betrieben 81 abschließend überprüft. Von den 241 registrierten
Fleischbetrieben liegen die Prüfungsergebnisse von 168 Betrieben vor,
die Überprüfung der restlichen Betriebe dauert noch an. Wenn alle
Ergebnisse vorliegen, haben wir im Rahmen der Sonderaktion
flächendeckend alle im Land befindlichen Betriebe geprüft und so ein
aussagekräftiges Bild gewonnen.

Die bisher vorliegenden Ergebnisse sind ermutigend und zeigen, dass
hiesige Betriebe nach bisherigem Erkenntnisstand offenbar nicht in
bundesweite Verschiebeaktionen von verdorbenem Fleisch eingebunden
oder gar verwickelt sind.

Lediglich in zwei Fällen ergaben sich bisher Auffälligkeiten:

In einem EU-zugelassenen Betrieb wurden zur Vorsicht ca. 840 kg
Geflügelfleisch beprobt, das möglicherweise überlagert ist. Eine
endgültige Analyse liegt aber noch nicht vor, die Untersuchungen
dauern noch an. Derzeit gehen wir aber in der Tendenz davon aus, dass
für das Ergebnis der Untersuchungen eher von einem "ohne besonderen
Befund (o.b.B.)" auszugehen ist.

In einem zweiten Fall wurde in einem anderen EU-zugelassenen Betrieb
die Lagerung von 21 kg Rindfleisch in einem Kühllager festgestellt,
dessen MHD 5 Tage überschritten war. Die Ermittlungen dauern noch an,
die Ware war nicht zum Verkauf feilgeboten und wahrscheinlich in dem
relativ großen Lager übersehen worden. Bisher gibt es keine
Anhaltspunkte dafür, dass hier noch ein Verkauf beabsichtigt war.

Diese Zwischenergebnisse sind relativ erfreulich, die noch
ausstehenden Ergebnisse der nicht abschließend überprüften Betriebe
bleiben aber abzuwarten.

Weniger erfreulich waren die Ergebnisse der im Rahmen der Sonderpüfung
zusätzlich untersuchten 27 Beschwerde- und Verdachtsproben von Wurst-
und Fleischprodukten in saarländischen Discountern. Fünf dieser Proben
waren aufgrund deutlicher sensorischer und mikrobieller Abweichungen
zum Verzehr nicht geeignet. Diese Ergebnisse liegen im Rahmen dessen,
was die Ergebnisse vorangegangener Wurst- und Fleischuntersuchungen in
den vergangenen Jahren gezeigt haben. Weil viele Händler offenbar
immer noch zu sorglos mit Wurst und anderen Fleischprodukten umgehen,
gibt es hier eine relativ hohe Beanstandungsquote," so der Minister.

Fakten zum Kontrollgeschehen:

Insgesamt wurden im Jahr 2004 im Saarland 27.428 Schlachttier- und
Fleischuntersuchungen (6.270 Rinderschlachtungen, 18.254
Schweineschlachtungen, 2.902 Schaf- und Ziegenschlachtungen und 2
Pferdeschlachtungen) durchgeführt. Bis Ende November 2005 wurden
20.095 Schlachttier- und Fleischuntersuchungen (3.910
Rinderschlachtungen, 13.604 Schweineschlachtungen, 2.577 Schaf- und
Ziegenschlachtungen und 4 Pferdeschlachtungen) durchgeführt.

Von den insgesamt im Jahr 2005 im Landesamt für Soziales, Gesundheit
und Verbraucherschutz untersuchten 558 Proben von Wurst- und
Fleischwaren wurden 160 Proben (28,7 Prozent) beanstandet. Der größte
Teil der Beanstandungen bezog sich erfreulicherweise aber lediglich
auf Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften und nicht auf
bakterielle oder sensorische Abweichungen. Bei den Fleischerzeugnissen
und dem frischen Fleisch ergaben 35 Proben aufgrund bakteriell
bedingter sensorischer Abweichungen Ergebnisse, wegen derer die
Produkte als nicht sicher und für den Verzehr durch den Menschen
ungeeignet deklariert werden mussten.

Hierzu Josef Hecken weiter:

"Die Ergebnisse zeigen, welch hohen Stellenwert die
Lebensmittelkontrolle insbesondere bei Fleisch- und Wurstwaren hat. Im
Saarland finden in allen Bereichen, insbesondere bei
fleischverarbeitenden Betrieben Lebensmittel-Kontrollen auf hohem
Niveau statt. Die Landesregierung hat seit der Regierungsübernahme im
Jahr 1999 den Verbraucherschutz im Land wesentlich verbessert.

Neben der Verbesserung der Ausstattung und der Messtechnik wird ein
neuer Standort zur weiteren Verbesserung des Verbraucherschutzes
beitragen. Dafür hat das Land rund 25 Mio. Euro investiert."

Insbesondere was die Zahl der Lebensmittel-Kontrollen betreffe, sei
das Saarland bundesweit vorbildlich. Der Jahresbericht des Bundesamtes
für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit für das Jahr 2004
mache deutlich, dass das Saarland mit 13.135 Kontrollbesuchen in 8.394
Betrieben vorbildliche Arbeit leiste. Die Kontrollquote von 64,36
Prozent ist weit über dem Bundesdurchschnitt. Damit ist
sichergestellt, dass besonders sensible Betriebe mehrfach aufgesucht
und gravierende Verstöße geahndet werden.

"Wir werden auch weiterhin auf hohem Niveau Betriebskontrollen
durchführen, damit Qualität und Sicherheit für die Verbraucher
gewährleistet werden", so Minister Hecken.

Landesweit nehmen 16 amtliche Tierärzte die Schlachttier- und
Fleischuntersuchung wahr und wachen z.T. auch über die Einhaltung der
Hygienebestimmungen. Amtliche Tierärzte seien frei praktizierende
Tierärzte, die vom Landkreis oder dem Stadtverband Saarbrücken für
diese Aufgabe bestellt werden. Die Kontrolle der Kontrolle oder auch
die Kontrollen selbst übernehmen insgesamt 11 Amtsveterinäre, die bei
den Kreisen angestellt oder verbeamtet sind, der
Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter. Darüber hinaus prüfen 34
Kontrolleure die Lebensmittel im Saarland. Die Kontrollen erfolgen
risikoorientiert; die Kontrollhäufigkeit ist entsprechend der
Einstufung unterschiedlich.

"Wenn es um den Schutz der Verbraucher geht, muss alles getan werden,
dass "schwarze Schafe" keine Chance haben. Daher unterstützt die
saarländische Landesregierung das von Landwirtschaftsminister Horst
Seehofer vorgesehene Maßnahmepaket ohne wenn und aber", so Hecken, der
ebenfalls harte Strafen bei Verstößen gegen das Lebensmittelrecht
fordert.

"Wer Gesundheit und Leben von Verbrauchern vorsätzlich in Gefahr
bringt, muss hart bestraft und auch öffentlich an den Pranger gestellt
werden". Nur so könne es gelingen, Tricksern das Handwerk zu legen.
"Das was in den letzten Tagen und Wochen öffentlich geworden ist, hat
nichts mehr mit einem Kavaliersdelikt zu tun, sondern ist eine
unvorstellbare Schweinerei. Wer verdorbenes Gammelfleisch als
Lebensmittel verkauft und dabei schwere Gesundheitsgefährdungen bei
den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Kauf nimmt, nur um seinen
Profit zu steigern, verhält sich nicht nur gewissenlos, sondern ist
schlicht und ergreifend ein Krimineller. Diese Kriminellen kann man
mit ein paar 1.000 EURO Bußgeld nicht abschrecken, hierüber werden sie
nur lächeln. Notwendig ist es vielmehr, hier auch Fälle von
Gesundheitsgefährdungen strafrechtlich zu ahnden und den gegebenen
Strafrahmen bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Körperverletzung voll
auszuschöpfen. Nur so kann man die rücksichtslosen Profiteure
wirkungsvoll abschrecken.

Und nur so kann es gelingen, die überwältigende Zahl der sauber und
anständig arbeitenden Landwirte, Metzger und sonstigen
Lebensmittelproduzenten davor zu schützen, mit den Kriminellen in
einen Topf geworfen zu werden. Die ganze Lebensmittelbranche gerät in
Verruf, nur weil sich einige wenige ohne Rücksicht auf Verluste die
Taschen voll machen wollen. Das tut mir weh, denn ich weiß, wie sehr
sich die Masse der Unternehmen darum bemüht, alle Vorschriften
einzuhalten, um einwandfreie und qualitativ hochwertige Waren zu
liefern.

Konsequenzen für das Saarland:

Vor dem Hintergrund, das der Fleischhandel überregional und sogar
Europaweit agiert ist es überlegenswert, inwieweit im Saarland an 6
verschiedenen Stellen im Land die Kontrollen geplant und koordiniert
werden und in diesen 6 Behörden eigene Schlussfolgerungen getroffen
werden sollen und Spezialisten an 6 verschiedenen Stellen vorgehalten,
fortgebildet und weitergebildet werden sollen. Daher fordert Minister
Hecken erneut die Rückverlagerung der Lebensmittelkontrolleure und
Veterinäre in den Geschäftsbereich des Ministeriums für Justiz,
Gesundheit und Soziales.

Seit der Kommunalisierung 1997 werden die Aufgaben (Tierarzneimittel,
Tierseuchen, Tierschutz, Lebensmittelüberwachung,
Fleischhygieneüberwachung, Rindfleischetikettierung, Recht der
tierischen Nebenprodukte) von den Gemeindeverbänden als staatliche
Auftragsangelegenheiten wahrgenommen.

Eine Konzentrierung der Veterinärverwaltung und
Lebensmittelüberwachung zum Beispiel durch Angliederung an das
Landesamt für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz hätte viele
Vorteile, so Hecken: so könnten neben vielen Synergieeffekten durch
Vereinheitlich und Schematisierung bei der Durchführung von
Ordnungswidrigkeitsverfahren, gemeinsamer Materialbeschaffung und
einer Verbesserung der Trichiniendiagnostik vor allem ein rotierendes
System der Kontrolleure im Land eingeführt werden, das hilft,
"Betriebsblindheit" zu vermeiden.

Des Weiteren kündigte Minister Hecken an, einen Veterinärserver
einzurichten: für die Bewältigung derartiger Vorkommnisse und der
daraus erwachsenden Ansprüche an die Kommunikation mit der
Öffentlichkeit, den Bundesbehörden, den Mitgliedsstaaten der EU, der
EU-Kommission und mit Drittstaaten, ist ein verlustarmer, schneller
und sicherer Informationsaustausch zwischen den Gemeindeverbänden und
der obersten Landesbehörde notwendig. Ein zentraler Veterinärserver
verbessere den Informationsfluss zwischen dem Ministerium für Justiz,
Gesundheit und Soziales und den Landkreisen.

Auch unterstützt der saarländische Gesundheits- und
Verbraucherschutzminister das Maßnahmepakt von
Bundesverbraucherschutzminister Seehofer. Konkret unterstützt das
Saarland die Forderung,

o dass die Meldepflichten in der VO (EG) 178/2002 ausgeweitet
werden sollen auf Lebensmittelunternehmer, denen unsichere
Lebensmitteln angeboten werden und die solche Lebensmittel
zurückweisen. Die Meldepflicht soll also nicht erst bestehen, wenn
solche unsicheren Lebensmittel bereits in den Verkehr gebracht worden
sind. Die Bundesregierung wird sich auf europäischer Ebene für eine
entsprechende Änderung der Verordnung einsetzen.

o dass für sogenanntes Kategorie 3-Material (aus
lebensmitteltauglichen Ausgangsmaterialien stammende, aber nicht für
den menschlichen Verzehr bestimmte Produkte) die Dokumentation bei
Transporten verbessert werden muss, um die Rückverfolgbarkeit zu
gewährleisten und die Umdeklarierung zu Lebensmitteln zu erschweren
und dass Abgangs- und Empfangsdokumente künftig zusammengeführt
werden müssen.

o dass in der Folge der bisherigen Erkenntnisse aus dem
aktuellen Geschehen, die Überprüfung aller EU-zugelassenen Kühlhäuser
in Deutschland kurzfristig abgeschlossen werden muss. Darüber hinaus
kündigen die Bundesländer an, die Überwachungen auf weitere Kühl- und
Lagerräume, die an Lebensmittel verarbeitende Betriebe angeschlossen
sind, auszuweiten.

o Um die gesundheitliche Bewertung von Einzelfällen durch die
zuständigen Behörden in den Ländern zu erleichtern, wird das BMELV
koordinierend das BfR rechtzeitig mit den notwendigen
Risikobewertungen beauftragen.


 



 

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