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AHO Aktuell - 16.07.2005

Morbus crohn durch Mycobacterien: Wissenschaftler legen weitere Fakten vor


Sassari / Rom (aho) - Jetzt legen auch italienische Wissenschaftler
zweier Universitäten Belege für die Beteiligung des Erregers
Mycobacterium avium Paratuberculosis am Krankheitsbild des Morbus
crohn beim Menschen vor. Dr. Sechi und seine Kollegen untersuchten
frische Darmschleimhautbiopsieproben von 30 Patienten mit Morbus crohn
und 29 nicht an Morbus crohn erkrankten Patienten (Kontrollgruppe)
mittels PCR (Polymerase Chain Reaction) und Anzüchtung im
mikrobiologischen Labor. Bei 25 Morbus-crohn-Patienten (83.3%) konnten
sie mit PCR als MAP-positiv testen. Bei den Kontrollpersonen war die
PCR nur in drei Fällen (10.3%) MAP-positiv. Im mikrobiologischen Labor
konnte MAP bei 19 Morbus-crohn-Patienten (63.3%) und bei drei
Kontrollpersonen (10.3%) angezüchtet werden. Alle Proben, die im
mikrobiologischen Labor als MAP-positiv getestet wurden, waren zuvor
auch in der PCR MAP-positiv.

Dr. Sechi und seine Kollegen erläutern hierzu im Fachjournal "The
American Journal of Gastroenterology", dass die Tatsache, dass MAP in
geringen Umfang auch bei gesunden Menschen gefunden würde, auch von
anderen Krankheitserregern bekannt sei. Gegenüber einer
Nachrichtenagentur betonte Dr. Sechi, dass sich eine Behandlung von
Morbus-crohn-Patienten mit gegen MAP gerichteten Antibiotika durchaus
als vorteilhaft erweisen könnte. Er wies gleichzeitig darauf hin,
dass der Erreger sehr schwierig zu behandeln sei und mit einer
Behandlungsdauer von zwei Jahren und mehr zu rechnen sei (1).

Die italienischen Wissenschaftler bestätigen mit ihrer Arbeit die
kürzlich im Fachjournal "Gut" veröffentlichten Ergebnisse eines
Autorenteams um den Chirurgen Prof. Dr. Jan Schmidt von der
Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg. Sie konnten das Erbgut
von MAP aus 52 von 100 Gewebsproben isolieren, die Morbus Crohn
Patienten chirurgisch entfernt wurden. MAP wurde sowohl aus Dünndarm
(47%) - als auch aus Dickdarmgewebe (61%) isoliert
. Die
Wissenschaftler untersuchten auch Darmgewebe von Menschen die an
Colitis ulcerosa und von Menschen, die nicht an einer entzündlichen
Darmerkrankung litten. Hier wurden sie nur bei 2 bzw. 5 % der Proben
fündig. MAP war zuvor schon mehrfach bei Morbus crohn Patienten
in Blutproben und in Gewebsproben nachgewiesen
worden. Einen Hintergrundbericht finden Sie hier.

Der Erreger "Mycobacterium avium paratuberculosis" ist in der Umwelt
weit verbreitet und ist bei Wiederkäuern für die Paratuberkulose
verantwortlich. Die Paratuberkulose ist wie Morbus crohn eine
unheilbare Darmentzündung. Seit Jahren fordern Fachleute, die
Paratuberkulose in Wiederkäuerbeständen intensiv zu bekämpfen, da MAP
regelmäßig in Milchprodukten nachgewiesen wird. Erst kürzlich
wurde bekannt, dass es tschechischen Wissenschaftlern von der
Abteilung für Mikrobiologie des Veterinärmedizinischen
Forschungsinstituts in Brno es offensichtlich gelungen ist,
lebensfähige Bakterien der Art "Mycobacterium avium paratuberculosis"
(MAP) in Babymilchpulver nachzuweisen. Sie fanden den Erreger in 25
(49%) von 51 Milchpulverproben von sieben Herstellern aus sechs
europäischen Ländern. Die Ergebnisse sollen anlässlich einer Konferenz
zum Thema Paratuberkulose im August in Kopenhagen vorgestellt
werden
.

Schon im Jahre 1997 warnten Wissenschaftler in der Fachzeitschrift
"Milchwissenschaft" vor den möglicherweise katastrophalen Folgen für
die Milchwirtschaft, wenn sich ein Zusammenhang von MAP und Morbus
crohn tatsächlich herausstellen sollte. Zitat: "the present state of
knowledge is... potentially catastrophic for the dairy industry..."
(2)


(1) Sechi, Leonardo A., Scanu, Antonio M., Molicotti, Paola,
Cannas, Sara, Mura, Manuela, Dettori, Giuseppe, Fadda,
Giovanni & Zanetti, Stefania (2005)
Detection and Isolation of Mycobacterium avium Subspecies
paratuberculosis from Intestinal Mucosal Biopsies of Patients
with and without Crohn's Disease in Sardinia.
The American Journal of Gastroenterology 100 (7), 1529-1536.

(2) Mason,O; Rowe, MT; Ball,HJ
Is Mycobacterium paratuberculosis a possible agent in Crohn's
disease? Implications for the dairy industry.
Milchwissenschaft. 1997, 52: 6, 311-316


 



 

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