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AHO Aktuell - 30.05.2005

Rituelles Schlachten: Hessen plädiert für Elektrokurzzeitbetäubung


Wiesbaden (aho/lme) - "Hessen bringt eine Gesetzesinitiative zur
Änderung der tierschutzrechtlichen Vorgaben zum religiös motivierten
Schlachten in den Bundesrat ein. Wir werben für die
Elektrokurzzeitbetäubung und leisten hiermit einen wichtigen Beitrag
zur Integration", erklärten der für Tierschutz zuständige
Landwirtschaftsminister Dietzel und die für Integration zuständige
Sozialministerin Lautenschläger heute in Wiesbaden.

"Seit 2002 ist der Tierschutz als Staatsziel in der Verfassung
verankert. Wir wollen mit der Änderung des Paragraphen 4a im
Tierschutzgesetz die Problematik, von der viele Personen mit
Migrationshintergrund betroffen sind, bundeseinheitlich lösen, indem
wir dieser Rechtssituation Rechnung tragen und die entsprechenden
Vorschriften für das religiös motivierte Schlachten anpassen",
betonte Minister Dietzel. "Wir sehen in dieser Lösung einen guten
Weg, das Grundrecht der freien Religionsausübung und den im
Grundgesetz verankerten Tierschutz in Einklang zu bringen", so
Ministerin Lautenschläger.

Diese Auffassung wird auch vom Hessischen Integrationsbeirat geteilt.
Ebenso wie die Delegiertenversammlung der hessischen Ausländerbeiräte
erkennt der Beirat in der Elektrokurzzeitbetäubung einen Weg, den
Belangen des Tierschutzes Rechnung zu tragen und religiös motiviertes
Schlachten weiterhin zu ermöglichen. Die Werbung für den Einsatz der
Elektrokurzzeitbetäubung bzw. die Verbreitung des notwendigen Wissens
wertete Lautenschläger als aktiven Schritt der Integration: "In der
Frage der Elektrokurzzeitbetäubung gehen eindeutig beide Seiten
bewusst aufeinander zu."

Minister Dietzel erläuterte den Gesetzentwurf: "Mit unserer
Initiative soll das Bundestierschutzgesetz nun in zwei Punkten
geändert werden: Zum einen soll die vom VGH geforderte
Nachweispflicht verankert werden. Zum anderen wollen wir ein
objektives fachliches Kriterium in die Ausnahmeregelung einführen.
Künftig soll belegt werden, dass es beim betäubungslosen Schlachten
nicht zu erheblich mehr Schmerzen und Leiden der Tiere kommt, als bei
den üblichen Schlachtverfahren mit Betäubung. Dies kann dazu führen,
dass bestimmte Tierarten oder Einzeltiere nicht mehr betäubungslos
geschlachtet werden dürfen. Entweder muss dann auf andere Tierarten
oder Einzeltiere ausgewichen werden oder es ist eine Betäubungsform
zu wählen, die religionskonform und tierschutzgerecht ist."

Sozialministerin Lautenschläger betonte, im Ausland - beispielsweise
in Neuseeland - werde die Elektrokurzzeitbetäubung schon lange
praktiziert, um religiös motivierten Anforderungen an die Schlachtung
unversehrter Tiere entgegen zu kommen. Dabei verlieren die Tiere nur
kurze Zeit das Bewusstsein, die Wahrnehmung und das Schmerzempfinden.

Beim religiös motivierten Schlachten sind bestimmte Regeln
einzuhalten. Umstritten ist dabei der Einsatz der sonst üblichen
Betäubungsverfahren. Es besteht die Befürchtung, dass die Tiere durch
diese bereits sterben könnten. Denn die Schlachtung von bereits toten
Tieren ist nach den Schriften des Koran und des Talmud verboten.
Bislang genügte die reine Darlegung und Beschreibung des religiösen
Anliegens, um eine Ausnahmegenehmigung für das Schlachten ohne
jegliche Betäubung zu bekommen.

Dass dies nicht mehr ausreicht, hat im November 2004 bereits der
Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel (VGH) für einen Einzelfall
beschrieben und einen strengeren Nachweis der religiösen Verpflichtung
des Einzelnen verlangt, ohne die übliche Betäubung schlachten zu
müssen bzw. nur solches Fleisch verzehren zu dürfen.



 



 

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