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AHO Aktuell - 12.02.2005

Paratuberkulose: eine >>tickende Zeitbombe<<


Hannover (aho/lme) - Anlässlich des 33. Seminars Umwelthygiene am
Freitag den 11. Februar 2005 in Hannover, referierte Prof. Dr.
Gerald-F. Gerlach zum Problem "Paratuberkulose" und sparte dabei auch
nicht die Diskussion um die mögliche Beteiligung des Erregers der
Paratuberkulose "Mycobacterium avium subsp. Paratuberculosis" (MAP)
aus. Demnach ist die Paratuberkulose in deutschen Milchviehbeständen
weit verbreitet. Schätzungen u.a. auf der Basis von Erhebungen in den
Nachbarstaaten gehen davon aus, dass etwa 5 und 15 % der Betriebe
infiziert sind, berichtete der Experte. In den vergangenen drei Jahren
hätten verschiedene Autoren gezeigt, dass MAP ubiquitär in der Umwelt
sowie in einer Vielzahl verschiedener Tiere vorkomme. MAP müsse
deshalb als "environmental pathogen" betrachtet werden. Der Referent
verwies auf die außergewöhnlich hohe Überlebensfähigkeit des Erregers
in der Umwelt, so dass er auch in der Erde, im Wasser, auf Gras und
auf Gemüse zu finden sei. Der Erreger sei neben einer Vielzahl von
Tieren auch bei immungeschwächten Mensch als Todesursache festgestellt
worden. Zudem hätten eine Reihe von Untersuchungen MAP auch bei
Morbus Crohn Patienten
nachgewiesen. Selbst in der Muttermilch von
Morbus Crohn Patientinnen hatten Wissenschaftler MAP gefunden. Mit
Hinblich auf den Verbraucherschutz und das Vertrauen von
Verbraucherinnen und Verbrauchern in Lebensmittel
bezeichnete Prof.
Gerlach das Thema als "tickende Zeitbombe".

Gerlach stellte auch ein Konzept zur Klassifizierung von Herden auf
der Basis eines automatisiert durchführbaren Tankmilch-ELISA gefolgt
von einer ebenfalls automatisierbaren Tankmilch-PCR in
ELISA-auffälligen Herden vor. Aufgrund der vergleichsweise geringen
Kosten in Verbindung mit der hohen Spezifität des Verfahrens wäre es
möglich, flächendeckend stark betroffene Herden ("die Spitze des
Eisbergs") zu erkennen; durch die Ausmerzung der starken Ausscheider
in diesen Herden würde der Eintrag des Erregers in die Umwelt
erheblich reduziert, erläuterte der Referent.

Völlig ungeklärt im Zusammenhand von Paratuberkulose sei die Frage
der "Urproduzentenhaftung" durch die Landwirte. Zudem drohten
handelspolitisch Barrieren in der EU. So hätte Schweden bei der EU
beantragt, als Paratuberkulose-frei anerkannt zu werden.

In der Anschließenden Diskussion reagierte ein anwesender Vertreter
der Milchindustrie auf die Formulierung "tickende Zeitbombe" sichtlich
nervös. Er empfahl allen Anwesenden, derartige Formulierungen nicht zu
verwenden, da derartige Formulierungen gern von der Laienpresse
aufgegriffen würden.



Gerlach, Gerald-F.
Überlegungen zur Kontrolle und Bekämpfung der Paratuberkulose in
Milchviehbeständen
33. Seminar Umwelthygiene: "Tiergesundheit durch spezifiziert
erregerfreie Bestände"
11. Februar 2005, Hannover


 



 

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