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AHO Aktuell - 17.11.2004

Verblendet: Veganer ließen ihren Sohn verhungern


Bielefeld / Paderborn (lme) - Zwei Veganer aus Bad Driburg (Kreis
Höxter) sind nach dem Hungertod ihres kleinen Sohnes Leon zu zwei
Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Das berichtet
die "Neue Westfälische". Veganer verzichten auf tierische Produkte in
jeder Form und leben damit nach noch weitaus strengeren Richtlinien
als Vegetarier.

Das Landgericht Paderborn sah es am Mittwoch als erwiesen an, dass die
Eltern mit ihrem Kind nicht rechtzeitig zum Arzt gegangen waren und
somit zum Tod des Jungen im März beigetragen hatten. Das unterernährte
Kind war erkrankt und hatte sein Essen ohne jedes tierische Fett am
Ende völlig verweigert. Nahrungsmangel und Lungenentzündung waren
schließlich tödlich. Das Kind soll nach Medienberichten zum Zeitpunkt
des Todes nur noch vier Kilogramm gewogen haben.

Die Eltern wurden wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt.
"Es wurde sehr deutlich, dass beide Angeklagten im Rahmen ihrer
Lebensweise letztlich das Beste für das Kind gewollt haben", wird der
Richter in der Zeitung zitiert.

"Es ist nicht der typische Fall von Verwahrlosung", erklärte der
Richter weiter. Die Mutter - eine gelernte Krankenschwester - hatte
beteuert, nur aus Misstrauen gegen die Schulmedizin mit dem Kind nicht
zum Arzt gegangen zu sein. Sie hatte laut Zeitungsbericht versucht,
den Jungen mit Natur-Ölen zu behandeln.

Das untergewichtige Kind hatte sie vor der Erkrankung nach eigenen
Worten streng nach einem Fachbuch für veganische Ernährung gefüttert.
Leon bekam unter anderem Milchersatz aus Mandeln und Kokusnuss zu
essen.

Zugleich betonte der Richter, die Eltern hätten das kranke Kind zum
Arzt bringen müssen. Die ernsthafte Gefahr habe auf der Hand gelegen.
Die Mutter hatte vor Gericht gesagt, sie habe nie damit gerechnet,
dass Leon sterben könne. Rund zwei Wochen vor seinem Tod sei der Junge
erkrankt und immer schlapper geworden. Ihr Lebensgefährte hatte sich
im Prozess zu den Vorwürfen nicht geäußert.

Das Jugendamt des Kreises Höxter verzichtete nach einer strengen
Prüfung trotz des Strafverfahrens auf den Entzug des Sorgerechts für
die drei verbliebenen Kinder. Die Eltern hatten dafür sowohl
regelmäßigen Arztbesuchen als auch einer Umstellung des Speiseplans
zugestimmt. Die Kinder bekommen jetzt Eier, Fisch und Milch, berichtet
die "Neue Westfälische".

Die gelernte Krankenpflegerin Annette H. (36) und der Schreiner
Franz-Josef H. (44) hatten nach Recherchen der "taz" 1996 damit
begonnen, ihre Ernährungsweise total umzustellen. Ab sofort kam nur
noch Pflanzliches auf den Tisch. Annette H. misstraute auch der
Schulmedizin. Während ihrer Schwangerschaften suchte sie keinen
Frauenarzt auf. Ihre drei Kinder Tom, Joe und Leon brachte sie im Juni
1998, August 2000 und November 2002 ohne Hebamme per Hausgeburt zur
Welt.

"Bei den Angeklagten war alles überspitzt", sagt der Paderborner
Staatsanwalt Ralph Vetter. Das Problem sei wohl ihre Verbohrtheit und
Verblendung. Auch die drei Kinder Tom, Joe und Leon wurden von ihren
Eltern strikt vegan ernährt. Zu ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen
durften sie nicht.

Im Sommer 2003 war der Besucherin eines Freibades das relative
Untergewicht der Kinder aufgefallen. Mit der Bitte, der Familie zu
helfen, wandte sich die Frau ans Jugendamt. Als dessen Vertreter
daraufhin die Angeklagten aufsuchte, wiesen diese jedes Hilfsangebot
empört zurück. Sie verteidigten ihre vegane Lebensweise und gaben an,
dass sie bei der Versorgung ihrer Kinder das tierische Eiweiß
angemessen ersetzen würden. Weil die Kinder zu diesem Zeitpunkt gesund
waren und die Familie harmonisch schien, sah das Amt keinen Anlass
einzugreifen.

Ernährungswissenschaftler bezweifeln jedoch, ob strenge vegane
Ernährung für Kinder das Richtige ist. Es handele sich um eine "Fehl-
und Mangelernährung", sagt Mathilde Kersting vom Dortmunder
Forschungsinstitut für Kinderernährung der "taz". Unverzichtbare
Eiweißbausteine in Form von essenziellen Aminosäuren, Kalzium, Jod,
Eisen und einige Vitamine nehme der Mensch hauptsächlich über
tierische Lebensmittel zu sich. Eine vegane Ernährung könne deshalb
für keine Bevölkerungsgruppe empfohlen werden, sagt Kersting. Bei
Säuglingen und Kindern sowie bei Schwangeren und Stillenden müsse
sogar "besonders davor gewarnt werden", da sonst schwerste Schäden
möglich seien.


 



 

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