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AHO Aktuell - 30.08.2004

Krankenhäuser verteilen resistente Enterokokken in der Umwelt


Stockholm / Uppsala / Solna (aho) - Schwedische Krankenhäuser sind
eine bedeutende Quelle von antibiotikaresistenten Enterokokken.
Dieses Fazit ziehen schwedische Wissenschaftler aus ihren
untersuchungen, deren Resultate sie im Fachjournal "Environmental
Microbiology" veröffentlich haben. Sie konnten einen bestimmten
Ampicillin - und Ciprofloxacin-resitenten Stamm des Bakteriums
Enterococcus faecium, der zur Zeit der Untersuchung in verschiedenen
schwedischen Krankenhäusern vorherrschte, in verschiedenen Bereichen
der Umwelt nachweisen. So waren die Keime in jeder zweiten Probe (50%)
von Krankenhausabwässern nachweisbar. In kommunalen
unbehandelten Abwässern waren 17% und in behandelten Abwässern 28% der
Proben mit den antibiotikaresistenten Keimen belastet. Selbst in
Oberflächengewässern wurden sie in jeder dritten Probe fündig
(35/% Sehr selten war der untersuchte Enterokokkenstamm in
Stuhlproben von gesunden Kindern (0.8%) und bei Tieren (0,2% /
Schlachttiere: Rinder, Schweine, Geflügel) nachweisbar.

Die Wissenschaftler folgern, dass antibiotikaresitene Enterokokken im
großem Maße von Krankenhäusern über Abwässer in die Umwelt gelangen
und dort wieder Menschen infizieren. Dies werden vermutlich noch durch
den Antibiotikaeinsatz in Krankenhäusern befördert. Schlachttieren zur
Lebensmittelproduktion spielten bei diesem Vorgang in Schweden eine zu
vernachlässigende Rolle (1).

Alle Enterokokken-Arten leben gewöhnlich im Darm von Mensch und
warmblütigen Tieren, wo sie einen großen Teil der Darmflora ausmachen.
Infektionen mit Enterokokken betreffen meist Patienten mit einem
geschwächten Immunsystem. Innerhalb der letzten Jahre ist eine Zunahme
der Infektionen mit Enterococcus spp., insbesondere E. faecalis und E.
faecium, in der Humanmedizin zu beobachten. Enterokokken nehmen zur
Zeit den zweiten bis dritten Platz unter den bakteriellen Erregern von
Infektionen in Krankenhäusern ein. Ein besonderes Problem bei
Enterokokken ist dabei ihr breites Spektrum an natürlichen und
erworbenen Resistenzen gegen zahlreiche Antibiotika. Immer häufiger
werden Enterokokken-Stämme bei Tieren und beim Menschen gefunden, die
resistent gegen therapeutisch bedeutsame Antibiotika sind. Mehrfach
resistente Enterokokken-Stämme werden deshalb als ein ernsthaftes
Risiko betrachtet. Nicht geklärt ist bisher die Frage, inwieweit das
Auftreten Antibiotika resistenter Enterokokken- Stämme beim Menschen
allein durch den Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin
hervorgerufen oder auch durch Resistenzen bei Tieren beeinflusst wird.

Ende der 90iger Jahre sorgten aufsehenerregende Berichte aus dem
Robert Koch Institut (Außenstelle Wernigerode) (2) über die Selektion
von vankomycinresistenten Darmbakterien bei Schweinen und Hühnern
durch den antibiotischen Leistungsförderer Avotan (Wirkstoff Avopacin)
für Furore. Anscheinend wurden diese resistenten Darmbakterien
(Enterokokken) dann über die Nahrungskette auf den Menschen
übertragen. Dort siedelten sich diese resistenten Keime in der
Darmflora des Menschen. Im Einzelfall konnten dann diese Keime zu
schwer beherrschbaren Infektionen führen, die auch nicht mit dem
Reserveantibiotikum Vankomycin behandelbar waren. Das entstehende
Mediengetöse und eine heftige politische Auseinandersetzung führte
dann in der Folgezeit zu einem weitgehenden Verbot antibiotischer
Leistungsförderer in der EU.

Wissenschaftler der "University of British Columbia" in kanadischen
Vancouver und der "University of California" im amerikanischen
Berkeley kommen in der Fachzeitschrift "Emerging Infectious Diseases"
zu einer völlig anderen Erklärung. Sie hatten sich die Mühe gemacht
und einmal näher hingeschaut. Dabei war ihren aufgefallen, dass als
Leistungsförderer ein sogenanntes Feed Grade eingesetzt wurde, in dem
neben dem Antibiotikum noch Reste des Bakteriums enthalten war,
welches zur Produktion des Antibiotikums Avopacin genutzt wurde. Das
Bakterium trägt die Bezeichnung "Amycolatopsis orientalis C329.2" und
hat ganz natürlich die für die Vankomycinresistenz verantwortlichen
Resistenzgene "vanH", "vanA" und "vanX". Und genau diese Resistenzgene
konnten die Wissenschaftler im Feed Grade nachweisen. Nach Meinung
der Wissenschaftler haben Darmbakterien, bei der Verdauung diese
Resistenzgene aufgenommen und in ihr Erbgut eingebaut. So gelangten
sie zu einer Resistenz, bei der das Antibiotikum als solches keine
ursächliche Rolle spielte. Bei den allermeisten Leistungsförderen
wurde in der Vergangenheit keine sogenannten Feed Grades eingesetzt.
Es wurde mit Reinsubstanz und einem neutralen Trägerstoff gearbeitet.

(1) Iversen A.; Kühn I.; Rahman M.; Franklin A.; Burman L.G.;
Olsson-Liljequist B; Torell E.; Möllby R.
Evidence fortransmissionbetween humans and the environment of a
nosocomial strain of Enterococcus faecium Environmental Microbiology
January 2004, vol. 6, no. 1, pp. 55-59(5)

(2) Witte W.
Medical consequences of antibiotic use in agriculture.
Science. 1998 Feb 13;279(5353):996-7.

(3) Lu K, Asano R, Davies J.
Antimicrobial resistance gene delivery in animal feeds.
Emerg Infect Dis Vol. 10, No. 4 April 2004


 



 

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