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AHO Aktuell - 21.08.2004

Wissenschaftler: Geflügel-Freilandbetriebe haben hohes Geflügelpestrisiko


Greifswald - Insel Riems (aho) - Anfang des Jahres beherrschte sie die
Schlagzeilen, mehr als 100 Millionen Tiere fielen ihr zum Opfer: Der
Ausbruch der Geflügelpest in Südostasien sorgte auch bei uns für große
Besorgnis, vor allem, weil auch Menschen erkrankten, die Kontakt mit
infizierten Tieren hatten. Jetzt ist die Viruskrankheit in Malaysia
wieder aufgeflammt, im Juli waren bereits neue Fälle aus mehreren
ostasiatischen Ländern bekannt geworden. Keine Überraschung für
Professor Thomas Mettenleiter und Dr. Ortrud Werner vom
Friedrich-Loeffler-Institut auf der Ostseeinsel Riems (vormals
Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere). In einem
Übersichtsartikel im Wissenschaftsmagazin ForschungsReport hatten sie
erst kürzlich darauf hingewiesen, dass die Seuche in den betroffenen
Ländern keineswegs vollständig unter Kontrolle gebracht sei.

Die schnelle und flächenhafte Ausbreitung des Erregers, ein
Influenzavirus vom Subtyp H5N1, wird durch die Besonderheiten der
Geflügelhaltung in der Region begünstigt: Der größte Teil des
Geflügels wird in Südostasien in kleinen Beständen ohne jegliche
Maßnahmen zur Seuchenprophylaxe gehalten, intensiver Tierhandel und
Lebendvermarktung des Schlachtviehs auf den Märkten sorgen für eine
rasche Ausbreitung der sehr ansteckenden Krankheit. Mettenleiter und
Werner wiesen im ForschungsReport darauf hin, dass der diesjährige
Ausbruch der auch als "Vogelgrippe" bekannten Geflügelkrankheit
bislang nicht da gewesene Dimensionen erreicht hat. Doch Südostasien
ist derzeit nicht der einzige Seuchenherd der Welt. Auch in Texas,
Kanada und Pakistan wurden kürzlich verschiedene Stämme des
Influenzavirus in Geflügelbeständen nachgewiesen, 1999/200 kam es zu
einer verlustreichen Epidemie in Italien. Aktuell haben Straußenfarmen
in Südafrika mit dem Virus zu Kämpfen.

Aus den bisherigen Erfahrungen können laut Frau Dr. Werner und Prof.
Dr. Mettenleiter zwei Schlussfolgerungen für die Seuchenverhütung
abgeleitet werden: Zum Ersten sollte Hausgeflügel vor einer Infektion
mit Influenzaviren durch Wildvögel geschützt werden, zweitens müssen
auch Infektionen mit gering pathogenem Influenzavirus vom Subtyp H5
und H7 so schnell wie möglich getilgt werden, ehe der Erreger seine
Pathogenität erhöhen kann. Zur spezifischen Abschätzung des
Infektionsrisikos werden in der Bundesforschungsanstalt für
Viruskrankheiten der Tiere (BFAV) seit 2001 in zunehmendem Umfang
Wildvögel verschiedener Arten und aus verschiedenen Gegenden
Deutschlands auf Influenzaviren untersucht. Dafür werden meist beim
Beringen der Vögel Kloakenabstriche entnommen. Aus diesen Proben
konnten wir eine Reihe Influenzaviren verschiedener Subtypen
isolieren, auch die potenziell gefährlichen Subtypen H5 und H7.
Virusträger waren vor allem verschiedene Wildenten, aber auch Möwen
und eine Dohle.

Trotz der nachgewiesenen potenziellen Infektionsgefahr nehmen in
Deutschland alternative Haltungsformen mit Freilandauslauf
immer mehr zu. Um das Infektionsrisiko dennoch so gering wie möglich
zu halten, sind direkte und indirekte Kontakte mit Wildvögeln mit
geeigneten Maßnahmen zu verhindern. Generell sollten in
Wildvogelsammel- oder -rastgebieten keine Freilandhaltungen
eingerichtet werden. Die Fütterung bzw. Futterlagerung muss im Stall
erfolgen, zu dem Wildvögel keinen Zugang haben, und für die
Wasserversorgung darf kein Oberflächenwasser verwendet werden. Zur
Sicherheit müssen die Ställe so ausgelegt sein, dass bei erhöhter
Infektionsgefährdung auch eine zeitweise geschlossene Haltung möglich
ist.

Zur weiteren Absicherung der Freilandhaltung von Geflügel ist
es nach Meinung der Wissenschaftler notwendig, eine vorbeugende
diagnostische Überwachung zu etablieren. In der BFAV befasst sich
deshalb ein Forschungsprojekt mit der Analyse des Influenzastatus von
Hausgeflügel in Freilandhaltung unter besonderer Berücksichtigung der
Infektionsgefährdung durch Wildvögel. Finanziert werden diese
Untersuchungen im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau.
Ziel der Untersuchungen ist die Etablierung eines diagnostischen
Frühwarnsystems für Geflügelpest, wobei die besonders gefährdeten
Freilandhaltungen als "Frühwarnsystem" dienen könnten.


Der aktuelle Forschungsreport steht im Internet zur
Verfügung.




 



 

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