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AHO Aktuell - 21.07.2004

Alarm: Veterinäramt Darmstadt-Dieburg finanziell am Ende


Darmstadt (aho) - Durch Haushaltskürzungen ist das Veterinäramt in
Darmstadt weitgehend lahm gelegt. Um wenigstens Miete und Strom für
die Dienststelle im Haardtring in Darmstadt bezahlen zu können, sieht
sich das Amt gezwungen, in den nächsten Monaten den Außendienst
einzustellen. Das bedeutet: Lebensmittel- und Betriebskontrollen,
Schlachttier- und Fleischuntersuchungen finden dann nicht mehr statt.
"Ein Skandal" , empört sich Landrat Alfred Jakoubek. "Das Land spart
den Verbraucherschutz in unverantwortlicher Weise zu Tode." In einem
Brandbrief hat er das Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und
Verbraucherschutz mit dem Schreckensszenario konfrontiert und dringend
einen Nachschlag gefordert. Jakoubek lehnt jede Verantwortung für das
drohende Fiasko ab. Als staatliche Hauptabteilung ist das Veterinäramt
zwar ihm zugeordnet, für die finanzielle Ausstattung hat jedoch das
Land zu sorgen. Ohne Vorankündigung hat Wiesbaden das Budget für 2004,
das vor wenigen Tagen zugewiesen wurde, gegenüber dem Vorjahr um
25.000 Euro auf rund 100.000 Euro gekürzt. Nach Abzug aller Fixkosten
bleiben für den Rest des Jahres noch 4.000 Euro. Damit fehlen laut
Jakoubek selbst für gesetzlich vorgeschriebene Aufgaben die Mittel.
Angesichts der prekären Situation hat das Veterinäramt, für das zwei
Amtstierärzte, fünf Lebensmittelkontrolleure, eine
Gesundheitsaufseherin und fünf Verwaltungskräfte sowie elf
nebenberufliche Mitarbeiter in der Fleischuntersuchung tätig sind, ein
drastisches Sparprogramm entwickelt. Ab sofort werden Telefongespräche
auf das Nötigste reduziert, Handys nicht mehr benutzt, alle Schulungen
gestrichen. Voraussichtlich ab Mitte August kommt der Außendienst zum
Erliegen, weil dann das Geld für Benzin für die beiden Dienstwagen und
Fahrtkosten der Prüfer, die Privat-Pkw dienstlich nutzen, aufgebraucht
ist. Einsätze sind dann nur noch in Notfällen möglich. Die Überwachung
unter anderem von Lebensmittelherstellern und Geschäften, von
Bauernhöfen, gewerblichen Tierhaltungen und Zoogeschäften fällt flach.
Hygienekontrollen in den vier Fleischzerlegefirmen mit EU-Zulassung,
eigentlich Grundvoraussetzung für deren Betrieb, können nicht mehr
wahrgenommen werden. Die ebenfalls zwingend vorgeschriebenen Tier- und
Fleischuntersuchungen bei Hausschlachtungen (im Vorjahr immerhin 1753
Fälle) und in gewerblichen Schlachtbetrieben müssen unterbleiben.
Wollen sie nicht illegal arbeiten, müssen die Firmen in der Folge mit
wirtschaftlichen Einbußen rechnen - oder sich bereit erklären, die
Prüfer hin und her zu chauffieren. Über diese Aussichten gerät auch
Norbert Rijhnen vom Personalrat in Harnisch: " Das ist eine
Bankrotterklärung des Landes Hessen." Geradezu grotesk mutet Jakoubek
vor diesem Hintergrund die Aufforderung des
Verbraucherschutz-Ministeriums an, die Einnahmen "deutlich zu
steigern". Fünfundzwanzig Prozent mehr Geldbußen soll das Veterinäramt
herein bringen. Das setze verstärkte Kontrollen voraus, was jedoch -
mangels Benzingeld - nicht möglich sei. Zudem könnten Strafen nicht
beliebig hoch gesetzt werden: "Das wäre Willkür". Die Vorstellungen in
Wiesbaden bezeichnet Jakoubek teilweise als absurd und
wirklichkeitsfremd. Als "Einnahmesoll" habe das Ministerium
beispielsweise 310.000 Euro an Fleischuntersuchungsgebühren
vorgegeben. Nach der Schließung eines Großschlachtbetriebs im Kreis
sei in diesem Jahr tatsächlich allenfalls mit 130.000 Euro zu rechnen.
"Wir können Metzger und Landwirte doch nicht zwingen, der Staatskasse
zuliebe mehr Tiere zu schlachten." Selbst wenn es gelänge, die
Einnahmen zu steigern, würde das dem Veterinäramt nicht aus dem
gegenwärtigen Dilemma helfen: Alle Gebühren und Bußgelder fließen
direkt dem Land zu.


 



 

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