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AHO Aktuell - 16.07.2004

65.000 kg mehr CO2 und 8 Mio. EURO höhere Kosten für 80 Lux im Schweinestall


Bonn (aho) - Nach Berechnungen der Zentralen Markt- und
Preisberichtstelle in Bonn (ZMP) liegen die Nettoerlöse je
Schlachtschwein zum ersten Mal seit drei Jahren über den kalkulierten
Vollkosten. Das schafft eine wichtige Erholungsphase für die Betriebe,
die in den letzten Jahren von der Substanz gelebt haben. Gleichzeitig
ist es nach Meinung des Zentralverbandes der Deutschen
Schweineproduktion e.V. (ZDS) ein wichtiges Signal für
investitionswillige Schweinehalter zur Modernisierung veralteter
Stallanlagen bzw. für den Bau wettbewerbsfähiger Schweineställe.

Die Betonung liegt laut ZDS auf wettbewerbsfähig, wobei Umwelt- und
Tierschutz nicht zu kurz kommen dürfen. Maßstab ist der Stand der
Technik. Leider gibt es in Deutschland einen gravierenden Hemmschuh.
Hier warten die Schweinehalter seit Jahren auf die 1:1-Umsetzung von
EU-Richtlinien in nationales Recht - zur Sicherung von Arbeitsplätzen
und Wettbewerbsfähigkeit. Befürchten müssen die deutschen
Schweinehalter tatsächlich jedoch eine deutliche Verschärfung der
Vorschriften für die Haltung von Schweinen. Das legt zumindest ein
Verordnungsentwurf nahe, der im Juni 2004 als Bundesratsdrucksache
vorgelegt wurde.

Der Entwurf gab Anlass für zahlreiche Stellungnahmen. Der
Zentralverband der Schweineproduktion (ZDS) hat insbesondere
nachgehakt, wo Forderungen des Ministeriums nicht schlüssig bzw.
wissenschaftlich nicht belegbar erschienen. Dabei stellte sich heraus,
dass eine Forderung des Ministeriums bisher kaum hinterfragt wurde:
Die Erhöhung der Lichtintensität von bisher 40 Lux auf 80 Lux. Das
Ministerium begründet seinen Vorschlag mit Studien zur
Melatoninrhythmik. Darin wurde nachgewiesen, dass die
Melatoninkonzentration u.a. durch Licht gesteuert wird. Da alle
Lebewesen ein Recht auf Rhytmizität besitzen, wird auch für Schweine
eine ausreichende Lichtintensität zur Auslebung von Biorhythmen
gefordert. Es wird verschwiegen, dass aktuelle Studien u.a. aus
Großbritannien und Finnland zu anderen Ergebnissen gelangen. So konnte
in englischen Versuchen mit unterschiedlichen Lichtintensitäten (< 4
Lux über 40 Lux bis 400 Lux) gezeigt werden, dass Schweine für ihr
Wohlbefinden eine geringere Lichtintensität (< 5 Lux) bevorzugen.
Insbesondere für Ruhephasen. Nicht weiter verwunderlich. Schließlich
gelten Schweine als Dämmerungstiere. In der finnischen Studie wurde
nachgewiesen, dass nicht die Lichtintensität, sondern die
Differenzierung von Hell- und Dunkelphasen für die Melatoninsekretion
maßgebend ist. Der Schwellenwert für diese Differenzierung lag unter
40 Lux. Warum fordert das Ministerium trotzdem 80 Lux? In der
Begründung zur VO werden diese Studien nicht erwähnt! Würde der
Bundesrat dem BMVEL-Vorschlag folgen, hätte das weitreichende Folgen.
Nicht nur der beabsichtigte tierschutzfördernde Aspekt wäre zu
hinterfragen, sondern auch die Konsequenzen für die Umwelt und
letztlich für die Wirtschaftlichkeit. Nach Berechnungen des
Kompetenzzentrums für Tierhaltung und Bauwesen (KTB), Uelzen, sowie
der Arbeitsgemeinschaft Elektrizitätsanwendung in der Landwirtschaft
(AEL), Frankfurt, führt eine Erhöhung der Lichtintensität von 40 auf
80 Lux zu Mehrkosten von 8 Mio Euro jährlich (bei 15 Cent je
Kilowattstunde und einer Stallfläche von 0,65 qm). Installations- und
Materialkosten für erforderliche zusätzliche Lichtquellen wurden
hierbei noch nicht berücksichtigt. Der Stromverbrauch würde
explosionsartig um mehr als 100 Prozent von 120.000 KWh auf 240.000
KWh ansteigen. Würde gleichzeitig die Platzanspruch der Tiere auf 1 qm
steigen, erhöht sich sich Strombedarf noch einmal um 60 % auf 380.000
KWh. Dann würden die Strommehrkosten gar auf 15 Mio. ¤ jährlich
steigen. Damit einher geht eine Erhöhung des CO2-Ausstosses um rd.
65.000 kg jährlich.

Diese Zahlen erscheinen nach Meinung des ZDS kaum vereinbar mit den
propagierten Zielen der Bundesregierung.



 



 

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