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AHO Aktuell - 21.04.2004

Humanmedizin: Antibiotika werden zu oft falsch eingenommen


Stuttgart (aho) - Antibiotika werden in Deutschland zu häufig vom
Arzt verordnet und dann vom Patienten oftmals auch noch falsch
eingenommen. Die Wirkung der als Wundermittel bekannten
Arzneien lässt deshalb immer mehr nach. "Wir stehen am Anfang
einer gefährlichen Entwicklung", sagt Wolfgang Witte, Mikrobiologe
am Robert-Koch-Institut, dem Magazin Reader's Digest. Andere
Fachleute berichten in der Mai-Ausgabe des Magazins ähnliches.
Der Tenor: Besonders robuste Bakterien sind längst resistent
geworden gegen die Medizin, die der Mensch einnimmt.
Der ganze Bericht ist in der Mai-Ausgabe des Magazin Reader's
Digest nachzulesen. Sie ist ab dem 26. April 2004 im Handel.

Die Zahlen sind beeindruckend. Jährlich wurden in Deutschland
zuletzt Antibiotika im Gesamtwert von rund 750 Millionen Euro
verordnet. Das bedeutet: Im Schnitt entfallen auf einen 20- bis
40-Jährigen etwa fünf Tagesdosen. Und: Inzwischen sind über 400
Präparate auf dem Markt, gegen die häufigsten Erreger gibt es gleich
mehrere Mittel. Doch die Menge allein hilft nicht, um die Bakterien
zu besiegen. "Die Ärzte verschreiben zu viele Antibiotika",
kritisiert Umweltmediziner Franz Daschner von der Universität
Freiburg. Sein Vorwurf: "30 bis 50 Prozent aller Verordnungen in
Klinik und Praxis sind überflüssig." Daschner gibt dabei den
Patienten eine Mitschuld: "Sie haben eine zu hohe Erwartungshaltung
gegenüber ihren Ärzten und möchten, dass der Doktor sofort etwas
verschreibt."

In der Tat, so berichtet Reader's Digest unter Berufung auf
Studien, verordnen Ärzte bei 80 Prozent der Erkältungen Antibiotika,
obwohl solche Infekte meist durch Viren ausgelöst sind, die
Bakterienkiller also gar nichts ausrichten können. Hinzu kommt nicht
selten die falsche Behandlungsdauer. Denn eine zu lange Einnahme der
Antibiotika kann genauso problematisch sein wie eine zu kurze. Viele
Patienten hören obendrein mit der Einnahme zu früh auf, weil es ihnen
wieder besser geht. Erreger, die zwar angeschlagen, aber noch nicht
tot sind, können sich dadurch wieder erholen und vermehren. Beim
nächsten Mal, wenn das Medikament eingenommen wird, sinkt seine
Wirkung also automatisch oder versagt sogar ganz.

Denn Bakterien, die den Einsatz eines Antibiotikums überlebt
haben, vermehren sich besonders schnell. "Das sind lebendige Wesen,
die sich eben wehren", sagt Helga Rübsamen-Waigmann, Chemikerin bei
der Bayer AG. Besonders alte und schwache Menschen sind deshalb
anfällig dafür, dass eine Infektion nach vorübergehender Besserung
wieder eintritt. Unter Fachleuten gilt der Staphylococcus aureus -
kurz MRSA genannt - als Beispiel für einen Superkeim, der vor allem
durch schlechte hygienische Bedingungen in Krankenhäusern, aber auch
in Alten- und Pflegeheimen auftritt. Sollte der Erreger mit offenen
Wunden in Berührung kommen, kann er tödliche Folgen haben.

Aber auch in Urlaubsländern wie Spanien, Italien und Frankreich
lauern jede Menge resistente Bakterien. Der Grund: Dort werden noch
mehr Antibiotika als hier zu Lande verschrieben, in Spanien sind die
Mittel gar rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Schon warnen
Experten wie Professor Witte davor, dass aus Russland oder anderen
GUS-Staaten, wo mit billigen Antibiotika besonders leichtfertig
umgegangen wird, der Tuberkulose-Erreger wieder nach Europa
eingeschleppt wird - jene Krankheit also, die noch bis ins 20.
Jahrhundert hinein oft tödlich endete und erst mit Antibiotika wie
Penicillin besiegt wurde.

Mediziner aus ganz Europa fordern daher einschneidende Maßnahmen,
um der zunehmende Resistenz bei zahlreichen Keimen zu begegnen.

1. Kliniken, Praxen und Patienten sollten mehr als bisher über den
richtigen Antibiotika-Einsatz aufgeklärt werden.

2.Die Hygiene muss weiter verbessert werden, zum Beispiel durch
Desinfektion und Sterilisation von Geräten und durch gründliches
Waschen der Hände, gerade in Praxen und Krankenhäusern.

3. Um den Einsatz von Antibiotika vorzubeugen, kann man sich
impfen lassen. Vor allem die Impfungen gegen Infektionskrankheiten
wie Tetanus, Diphtherie und Lungenentzündung sollte man spätestens
alle sechs bis zehn Jahre auffrischen lassen.

 



 

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