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AHO Aktuell - 15.04.2004

Das Risiko von Zoonosen ist Teil des Zusammenlebens


(idw) - Immer mal wieder braut sich eine düstere giftige Wolke
zusammen. Mal heißt das Menetekel BSE, mal MKS - und jetzt
ist die Geflügelgrippe im öffentlichen Bewusstsein. Werden uns
die Tiere immer gefährlicher?
Einige Antworten auf diese Frage gibt Prof. Dr. Arwid Daugschies,
Direktor des Instituts für Parasitologie an der Veterinärmedizinischen
Fakultät der Universität Leipzig.

Krankheiten, die ihm aus Richtung Tierwelt drohen, nennt der Mensch
Zoonosen. Aber nicht alle Wissenschaftler sind sich ganz einig, was dies
alles umfasst. Wie definieren Sie den Begriff?

Der Begriff Zoonosen bezeichnet Krankheiten und Infektionen, die
zwischen Wirbeltier und Menschen übertragbar sind. Eine Ausweitung
dieses Begriffs auf andere Schäden, die uns vom Tier zugefügt werden
können, also vom Hundebiss bis zum Insektenstich, halte ich für
übertrieben. Geprägt hat den Begriff übrigens Rudolf von Virchow anno
1855, erst seitdem denkt die Wissenschaft auch über das Problem nach.
Durchsetzen konnte sich der Terminus allerdings erst im 20. Jahrhundert.


Über Krankheiten wie Maul- und Klauenseuche oder Geflügelgrippe, wird in
letzter Zeit immer häufiger diskutiert. Werden sie auch immer häufiger?
Werden die Tiere immer bedrohlicher? Sollten wir sie gar vom
Speisezettel und aus unserem Alltag verbannen?

Keinesfalls. Man muss eindeutig sagen, dass in derzeit in Deutschland
kein Grund zur besonderer Aufregung gegeben ist. Ich betone: derzeit -
das kann sich durch bestimmte Konstellationen durchaus ändern -; in
Asien beispielsweise sieht das momentan anders aus. Dass auch bei uns
viel darüber diskutiert wird, hat meines Erachtens einen anderen Grund
und man kann auch nicht allein mit den Medien hadern. Der Mensch will
verständlicherweise die absolute Sicherheit, nicht zu erkranken. Selbst
ein vernachlässigbar geringes Restrisiko von wenigen Zehntel Prozent
bereitet ihm Sorgen. Also werden Zoonosen thematisiert, leider immer in
Wellen - mal viel zu laut und emotional, mal viel zu beiläufig, selten
in Übereinstimmung mit der aktuellen Gefahr, wie die Wissenschaft sie
sieht.

Das heißt, Zoonosen sind natürlicher Teil des Zusammenlebens von Mensch
und Tier. Nun gibt es doch aber Krankheiten, über die sich die Menschen
wirklich den Kopf zerbrechen sollten, die Toxoplasmose beispielsweise,
die, wenn sie Schwangere befällt, deren Ungeborenes schädigt.

Die Toxoplasmose ist ein gutes Beispiel um darzustellen, dass sich der
Mensch, der sich mit Tieren umgibt auch mit deren - und möglicherweise
seinen - Krankheiten befassen muss. Toxoplasmose ist eine
Infektionskrankheit, die über Schweinefleisch oder die Ausscheidungen
von Katzen in den Körper des Menschen gelangt. Das ist noch kein Drama,
denn viele Menschen sind mit dem Erreger bereits infiziert, ohne dass
die Krankheit ausbricht. Wenn allerdings die Immunabwehr gestört ist,
kann es zu schweren Erkrankungen kommen. Oder wenn die Mutter noch nie
Kontakt zu Erreger hatte und sich in einer bestimmten Phase der
Schwangerschaft erstmals infiziert, wird das für das Kind gefährlich.
Diese Risiken können durch einen Bluttest zuverlässig eingeschätzt
werden. Infektionen können vermieden werden, wenn man Schweinefleisch
nur gut durchgegart isst und Kontakt zu Katzenexkrementen,
beispielsweise bei der Reinigung des Katzenklos oder der Arbeit im
Garten, meidet. Katzen, die nur in der Wohnung gehalten werden und kein
rohes Fleisch zu fressen bekommen, stellen kein Risiko für den Halter
dar. Entscheidend ist aber vor allem eines, die gründliche Information.


Gibt es in den vergangenen Jahren Veränderungen in der Sichtweise auf
Zoonosen?


Der Verbraucher ist durch BSE und derzeit auch mit Blick auf die
Geflügelgrippe verunsichert. Eine genaue Risikobewertung ist ihm nicht
möglich und Bilder von massenhaften Tötungen von Tieren machen natürlich
nachdenklich. Dennoch ist eine Verallgemeinerung in dem Sinne, dass
unsere Landwirte ungesunde Lebensmittel produzieren, nicht richtig. Auch
die Annahme, dass alternative Haltungsformen automatisch gesündere Tiere
und Lebensmittel erzeugen, entspricht vielleicht der
Verbrauchererwartung, hat aber mit der Realität wenig zu tun. Im
Gegenteil: dass viele Infektionserreger, auch solche von Zoonosen wie
die Trichinellose oder Bandwurmfinnen, aus unseren Tierbeständen
praktisch verschwunden sind, haben wir wesentlich der modernen
Landwirtschaft zu verdanken. Unsere Lebensmittel sind noch nie so sicher
gewesen wie heute.

Was bewegt die Wissenschaft auf Ihrem Spezialgebiet, der Parasitologie,
derzeit mit Blick auf Zoonosen am meisten?


Bei den Wildtieren ist es vor allem der Fuchsbandwurm. Nach wie vor
können wir noch keine sicheren Aussagen über seine Verbreitung und das
damit einhergehende Risiko für den Menschen machen. Die Toxoplasmose ist
ein immer noch aktuelles Thema. Kryptosporidien sind Erreger, die bei
vielen Tierarten und dem Menschen vorkommen und beispielsweise über das
Trinkwasser übertragen werden können. Auch in diesem Bereich gibt es
international intensive Forschungsbemühungen

 



 

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