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AHO Aktuell - 06.02.2004

Geflügelgrippe: Mikroorganismen brauchen keine Pässe


Bonn (ilu) - Die Einschleppung der zurzeit in Südostasien grassierenden
Geflügelgrippe nach Europa oder gar Deutschland ist unwahrscheinlich.
Allerdings sieht Prof. Dr. Ulrich Neumann von der Klinik für Geflügel an
der Tierärztlichen Hochschule Hannover die Möglichkeit einer weiteren
Ausbreitung in Südostasien. Entsprechend der Aussage eines WHO-Experten
"Mikroorganismen brauchen keine Pässe" könnte der Transport von lebendem
Geflügel oder Geflügelprodukten über die "grüne Grenze", d.h. vorbei an
Kontrollen und Handelssperren, einer solchen weiteren Ausbreitung
Vorschub leisten. Ein Ausbruch der Seuche in Deutschland sei nur dann zu
befürchten, wenn vor dem am 23. Januar erlassenen Importverbot
infiziertes Geflügel oder Geflügelprodukte importiert worden und mit
hiesigen Geflügelbeständen in Kontakt gekommen wäre - oder nach diesem
Stichtag infektiöse Geflügelprodukte, Eier oder gar lebende Vögel
illegal eingeführt worden wären.

Zur Herkunft des aktuellen Seuchenerregers liegen - anders als bei dem
Ausbruch in den Niederlanden im Jahr 2003 - laut Prof. Neumann bislang
keine detaillierten Erkenntnisse vor. In den Niederlanden sei seinerzeit
im Zuge der umfangreichen Arbeiten des Virologen Prof. Osterhaus von der
Erasmus MC Universität Rotterdam der Vogelgrippeerreger H7N7 als
Rekombinante aus Wildenten mit hoher Wahrscheinlichkeit als Ursprung der
Epidemie identifiziert worden. Inwieweit der Ursprung der nun in
Südostasien von dem Erreger H5N1 verursachten Vogelgrippe ebenfalls bei
Wildvögeln zu suchen sei, könne frühestens in einer umfangreichen
wissenschaftlichen Nachbereitung ermittelt werden.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO konzentriert ihre Bemühungen zur
Eingrenzung der Epidemie in Südostasien laut jüngsten Medienberichten
auf mittlere Betriebsgrößen mit jeweils rund 500 Tieren. Die große Zahl
dörflicher Geflügel-Kleinbetriebe könne nämlich kaum erreicht werden.
Überdies dürften die Halter nur wenig Motivation zeigen, ihre Tiere
vorbeugend töten zu lassen, wenn diese keine Krankheitsanzeichen zeigen.
Größere Tierhaltungen werden sich - nicht zuletzt wegen der riesigen
finanziellen Einbußen und Folgekosten durch diese Tierseuche - am
ehesten den rigorosen Bekämpfungsmaßnahmen unterwerfen. "2003 ist in
Deutschland vorsorglich sogar für einige Monate angeordnet worden,
Geflügel in Betrieben mit Grünlandauslauf in Ställe zu sperren, um die
Bestände so besser vor dem Eintrag des Virus abschirmen zu können. Denn
naturgemäß ist das Infektionsrisiko in offenen Haltungssystemen größer",
so Prof. Neumann. Und weiter: "Wenn trotz der abgeschirmten Haltung
Intensivbetriebe mit großen Tierbeständen betroffen sind, dann wird dies
von der Öffentlichkeit fälschlicherweise oft so wahrgenommen, als ob die
Intensivhaltung auslösend für diese Tierseuche ist."

Entscheidend sei vielmehr die Frage, wie die Erreger in einen Bestand
eingetragen würden, beschreibt der Experte. "Die Einschleppung und
Verbreitung erfolgt über nahezu alle denkbaren belebten und unbelebte
Vektoren. Hierbei spielt zuvorderst seuchenhygienische Unkenntnis oder
seuchenhygienische Uneinsichtigkeit des Menschen selbst die
entscheidende Rolle. In der Folge tragen die Wahl der Transportwege, der
Tier- oder Futtertransport mit kontaminierten Fahrzeugen, Eierkartons,
kontaminierte Geflügelprodukte oder Geflügel-Wochenmärkte zur
Verbreitung bei, und schließlich auch Nager und Wildvögel." Da die Viren
bei entsprechenden Temperaturen 10 Tage überlebensfähig seien, bringe
die Anwesenheit hochinfektiöser Erregerstämme in den betroffenen
Regionen automatisch auch eine entsprechende Ansteckungsgefahr mit sich.


 



 

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