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AHO Aktuell - 06.01.2004

Saarland: Strafanzeige gegen Tierarzt wegen fehlender BSE-Tests


Saarbrücken (aho/lme) - Im Zuge einer bundesweit im Interesse des gesundheitlichen
Verbraucherschutzes durchgeführten Datenabgleichaktion, mit der u. a. auch die
lückenlose BSE-Betestung gewährleistet werden soll, wurden nach Angaben des
saarländischen Ministeriums für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales bundesweit
in deutlich über 10.000 Fällen Unstimmigkeiten festgestellt. In der HIT-Datenbank
werden alle Ohrmarken von Rindern zentral erfasst und registriert, so dass anhand
dieser Datenbank eine Kontrolle des Verbleibs der Tiere möglich ist. In der
Datenbank wird auch registriert, wann ein Tier geschlachtet wurde oder als
verendet gemeldet worden ist. Zugleich wird hier festgehalten, ob und mit welchem
Ergebnis der gesetzlich vorgeschriebene BSE-Test bei über 24-Monate alten Tieren
stattgefunden hat.

Hierzu erklärt der saarländische Staatssekretär Josef Hecken: "Von den bundesweit
über 10.000 Fällen, in denen es Unstimmigkeiten gab, entfallen 215 auf das
Saarland. Wir haben alle Fälle mit größter Sorgfalt untersucht und sind dabei wie
auch die anderen Länder zu dem Ergebnis gekommen, dass bei weitem nicht alle der
Unstimmigkeitsfälle auf Verstöße gegen die Verpflichtung zur BSE-Betestung
zurückzuführen sind. In vielen Fällen konnte zweifelsfrei ermittelt werden, dass
Eingabefehler bei der Durchgabe der Ohrmarkennummern durch die Tierbesitzer oder
durch die Labors Ursache der Unstimmigkeiten waren.

So haben wir in 82 Fällen einwandfrei festgestellt, dass die BSE-Tests
nachweislich durchgeführt worden sind. In 107 Fällen ermitteln wir noch, hier gibt
es bis zur Stunde aber noch keine belastbaren Anhaltspunkte für nicht
ordnungsgemäßes Verhalten.

Ganz gravierende und für den Verbraucherschutz relevante Verstöße haben wir aber
in 2 Fällen ermittelt:

Ein Fall betrifft eine im Jahr 2002 in einer heute bereits nicht mehr bestehenden
Saarbrücker Metzgerei durchgeführte Schwarzschlachtung eines Rindes über 24
Monate, dessen Fleisch im Mai 2002 in den Verkehr gelangt und zwischenzeitlich
verzehrt worden ist.

Der zweite Fall ist der Gravierendere:

Hier wurden in dem Schlachtbetrieb Claudia Schneider, Sonnenhof, St.
Wendel-Dörrenbach, im Zeitraum von 18.02.2002 bis zum 10.02.2003 insgesamt 25
Rinder im Alter von 24 bis 33 Monaten geschlachtet und in Verkehr gebracht, ohne
dass vor der Freigabe des Fleisches die zwingend vorgeschriebenen BSE-Tests
durchgeführt wurden.
Der Name des Betriebes wird trotz des mit der Nennung absehbaren möglichen
Schadens gleichwohl im Interesse des gesundheitlichen Verbraucherschutzes genannt,
weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass zumindest Fleisch aus den letzten
Schlachtungen ohne BSE-Betestung im Februar des Jahres 2003 noch von Verbrauchern
tiefgekühlt bevorratet wird, da Rindfleisch in aller Regel ohne Bedenken bei minus
18 Grad durchschnittlich 12 Monate gelagert werden kann, ohne in seiner
Genusstauglichkeit beeinträchtigt zu sein.
Deshalb bitte ich gemeinsam mit den Inhabern des Betriebes Schneider alle
Verbraucherinnen und Verbraucher und alle Kundinnen und Kunden zu überprüfen, ob
sie noch Rindfleisch aus der Zeit vor März 2003 aus diesem Betrieb bevorratet
haben. Fleisch, das ab März 2003 von diesem Betrieb erworben wurde und noch
eingelagert ist, kann bedenkenlos verzehrt werden, da seitdem ordnungsgemäß die
Betestung stattgefunden hat.

Die BSE-Betestung im Betrieb Claudia Schneider ist unterblieben, weil der für
diesen Betrieb zuständige amtlich bestellte Tierarzt es unterlassen hat, bei über
24 Monate alten Schlachttieren eine BSE-Betestung zu veranlassen und das Fleisch
ohne Test freigegeben hat. Der Tierarzt hat damit nicht nur grob pflichtwidrig
gegen geltendes Recht verstoßen, sondern zugleich auch zumindest grob fahrlässig
in verantwortungsloser Weise Gesundheit von Menschen gefährdet. Durch den Vorfall
entsteht schwerer Schaden für das Vertrauen der Verbraucher in die amtliche
Lebensmittelüberwachung. Deshalb muss mit drakonischen Maßnahmen gegen die
Verantwortlichen vorgegangen werden: Ich habe deshalb unverzüglich Strafanzeige
bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Zugleich habe ich den zuständigen Landrat
gebeten, die amtliche Bestellung des Tierarztes bis zur lückenlosen Aufklärung der
Abläufe auszusetzen.

Dieser Vorgang ist ein schwerer Rückschlag für den gesundheitlichen
Verbraucherschutz, durch den unendlich viel von dem Vertrauen zerstört wird, das
Ministerium, Lebensmittelkontrollbehörden, Amtsveterinäre und die betroffenen
Landwirte in den letzten zwei Jahren mühselig durch harte Arbeit aufgebaut haben.
Um dieses Vertrauen aber auch in Zukunft zu erhalten und zu rechtfertigen, ist es
unabdingbar, den Fall auch öffentlich zu machen und dadurch soweit wie möglich
Schadensbegrenzung zu betreiben.
Kontrolle, Transparenz und Ehrlichkeit sind die Maximen, von denen ich mich bei
der Verbraucherschutzpolitik leiten lasse. Diese Maximen bedeuten auch, dass kein
Versuch unternommen wird, Missstände unter den Teppich zu kehren, sondern dass die
Wahrheit gesagt wird, auch wenn es unbequem ist und auch wenn eine Chance
bestünde, dass Missstände u. U. gar nicht ans Tageslicht bzw. an die
Öffentlichkeit kämen.

Schlimm ist auch, dass durch diesen Fall schwerer Schaden für die vielen redlichen
Betriebe entsteht, die sich in den vergangenen Jahren nach besten Kräften darum
bemüht haben, alle Rechtsvorschriften einzuhalten, um den Verbrauchern
einwandfreie Lebensmittel zur Verfügung zu stellen. Seit Einführung der
BSE-Betestung sind im Saarland über 12.000 BSE-Tests im LVGA durchgeführt worden,
es hat hierbei keine Probleme mit Landwirten oder Metzgern gegeben. Im Gegenteil:
Sowohl die Bauern als auch die Metzger haben ein großes Interesse an einer
ordnungsgemäßen Betestung, zumal diese im LVGA auch nach wie vor noch kostenfrei
durchgeführt wird, weil die Landesregierung die von den Lebensmittelkrisen arg
gebeutelten Berufsgruppen nicht auch noch mit Testkosten belasten will.
Um so unverständlicher ist es für mich, dass in dem Fall im Landkreis St. Wendel
die Betestung unterblieben ist


 



 

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