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AHO Aktuell - 03.12.2003

Tierarzt aus dem Raum Paderborn haftet für Schweinepest auf 32 Höfen


Hamm (aho) - Ein Tierarzt aus dem Raum Paderborn haftet dem Land NRW dem Grunde
nach auf Schadensersatz. Ende 1996/Anfang 1997 grassierte die Schweinepest in
Ostwestfalen. Es mussten erhebliche Tierbestände gekeult werden. Das Land NRW
erbrachte Entschädigungszahlungen in Höhe von rund 2,76 Millionen Euro an 78
Landwirte im Kreis Paderborn. Für 32 dieser landwirtschaftlichen Betriebe haftet
der Tierarzt nach einem heute verkündeten Urteil des Oberlandesgerichts Hamm für
eine Gesamtsumme von fast 1,3 Millionen Euro.
Der Tierarzt habe in 7 Fällen den tiermedizinischen Standard grob fehlerhaft nicht
eingehalten. Er habe ab einem bestimmten Zeitpunkt, vom 24.12.1996 bis zum
02.01.1997, keine Schutzkleidung getragen, obwohl er auf Grund der hohen
Sterblichkeitsrate bei den Tieren an den Ausbruch von Schweinepest zwingend hätte
denken müssen. Auch habe er den Amtstierarzt nicht rechtzeitig informiert. Bei
grob fehlerhaftem Verhalten sei es Sache des Tierarztes zu beweisen, dass dies
nicht ursächlich für den eingetretenen Schaden geworden sei. Diesen Beweis habe
der Tierarzt nicht geführt.
Einem Landwirt, der Ferkel aus einem dieser verseuchten Betriebe erworben hatte
haftet der Tierarzt ebenfalls. 24 weiteren Betrieben haftet er, weil die Höfe in
einem 1000 m Radius um diesen Betrieb liegen und die Tötung der Tiere nach der
Schweinepestverordnung behördlich angeordnet worden war.
Einen weitergehenden Schadensersatzanspruch über etwa 4,5 Millionen Euro hat das
Gericht dem Land weder wegen der verbleibenden 46 Betriebe im Kreis Paderborn noch
wegen 102 weiterer Betriebe in den Kreisen Soest, Gütersloh und Warendorf
zugesprochen.
In diesen Fällen sei nicht bewiesen, dass der Tierarzt den Hof zu der bestimmten
Zeit ohne Schutzbekleidung betreten und damit einen groben Behandlungsfehler
begangen habe. Die Beweislastumkehr käme nur denjenigen Landwirten zu Gute, denen
gegenüber sich der Arzt bei der Behandlung der Tiere grob pflichtwidrig verhalten
habe. In den übrigen Fällen könne sich das Land allenfalls auf einen
Anscheinsbeweis berufen, wenn das Schadensereignis nach allgemeiner
Lebenserfahrung eine typische Folge der Pflichtverletzung – hier die unterlassene
Meldung des Seuchenverdachts – gewesen wäre. Der Beweis des ersten Anscheins könne
aber nicht geführt werden, wenn auch die Möglichkeit eines anderen
Geschehensablaufs ernsthaft in Betracht käme. Diese Möglichkeit könne in der
Blutprobenentnahme durch amtliche Veterinäre gesehen werden. Auch sei von diesen
anfangs eine Schlinge an einem Tag auf mehreren Höfen genutzt worden.
Zwar bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass das Verhalten der amtlichen
Veterinäre pflichtwidrig gewesen wäre. Die Blutentnahme für sich aber komme schon
als ernsthafte Alternativursache in Betracht. Schließlich hafte der Tierarzt auch
nicht für eine allmähliche Weiterverbreitung der Seuche in andere Bezirke.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.

OLG Hamm, Urteil vom 03.12.2003, Aktenzeichen 3 U 108/02


 



 

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