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AHO Aktuell - 16.10.2003

Neue EU-Richlinie zu hormonbehandeltem Rindfleisch


Brüssel (lme/aho) - Nach dem Inkrafttreten einer neuen EU-Richtlinie über das
Verbot der Verwendung von Hormonen wird die Europäische Kommission jetzt die USA
und Kanada ersuchen, ihre Handelssanktionen aufzuheben. In der neuen Richtlinie
wurden die in der WTO-Entscheidung ausgesprochenen Empfehlungen zum EU-Verbot der
Verabreichung von Hormonen zur Wachstumsförderung bei Rindern umgesetzt. In dieser
WTO-Entscheidung war beanstandet worden, dass das Verbot nicht auf einer
wissenschaftlichen Bewertung der Risiken in Verbindung mit dem Verzehr von Fleisch
beruhte. Nach der Entscheidung des WTO-Berufungsgremiums im Jahr 1998 nahm die
Europäische Union eine umfassende und eingehende Bewertung des verfügbaren
wissenschaftlichen Beweismaterials vor, auf deren Grundlage der Rat und das
Europäische Parlament dann die neue Richtlinie annahmen. Der für Handel zuständige
EU-Kommissar Pascal Lamy erklärte: "Der heutige Schritt zeigt, dass wir unsere
WTO-Verpflichtungen in jeder Hinsicht ernst nehmen und erfüllen. Diese neuen
Gemeinschaftsvorschriften sind das Ergebnis intensivster Arbeit. Heute fordern
wird die Vereinigten Staaten und Kanada auf, ihre Handelssanktionen gegenüber der
Europäischen Union aufzuheben." David Byrne, EU-Kommissar für Gesundheit und
Verbraucherschutz, fügte hinzu: "Die Europäische Union hat eine umfassende
Risikobewertung vorgenommen, die auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen
basiert, und hat damit ihre internationalen Verpflichtungen erfüllt. Der Schutz
der öffentlichen Gesundheit und der Verbraucher steht im Mittelpunkt unseres
Ansatzes im Bereich der Lebensmittelsicherheit, bei dem wir uns auf unabhängige
wissenschaftliche Erkenntnisse stützen."
Die Richtlinie 2003/74/EG zur Umsetzung der WTO-Entscheidung trat am 14 Oktober
2003 in Kraft, und die EU-Mitgliedstaaten müssen sie binnen zwölf Monaten nach
Inkrafttreten in nationales Recht umsetzen.
Die Sanktionen der USA und Kanadas gegenüber der EU bestehen in höheren Zöllen für
bestimmte Erzeugnisse (116,8 Mio. USD bzw. 11,3 Mio. CDN$). Die Sanktionen
bestehen seit Juli 1999. Die Europäische Union wird jetzt bei der WTO die
erforderlichen Verfahren einleiten, um eine Aufhebung der Handelssanktionen zu
bewirken. Sie wird die USA und Kanada über die Annahme der neuen
Gemeinschaftsvorschriften unterrichten. Die Richtlinie wird ebenfalls dem
WTO-Streitbeilegungsgremium notifiziert.

Hintergrund

Am 16.Januar 1998 legte das WTO-Berufungsgremium einen Bericht vor, in dem der
Europäischen Union vorgeworfen wurde, dass sich ihr Verwendungsverbot für
bestimmte Hormone zur Wachstumsförderung nicht, wie im Übereinkommen über die
Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen
(SPS-Übereinkommen) vorgeschrieben, auf einer Risikobewertung beruhe. Insbesondere
stellte das Berufungsgremium fest, dass das von der Europäischen Union verwendete
wissenschaftliche Beweismaterial zu allgemein sei, da nicht spezifisch auf die
Risiken von Hormonrückständen in Fleischerzeugnissen eingegangen worden sei.
Im Anschluss an diese Entscheidung prüfte die Europäische Union die verfügbaren
wissenschaftlichen Daten und holte neue Informationen über die Risiken für die
menschliche Gesundheit infolge von Hormonrückständen in Fleischerzeugnisse ein.
1999 kam der Wissenschaftliche Ausschuss für Veterinärmaßnahmen im Zusammenhang
mit der öffentlichen Gesundheit (SCVMPH) in Bezug auf 17-Beta-Östradiol zu dem
Schluss, dass diese Hormonsubstanz als karzinogen anzusehen ist. Für die anderen
fünf vom Verwendungsverbot betroffenen Hormone (Testosteron, Progesteron,
Trenbolonacetat, Zeranol und Melengestrolacetat) stellte der SCVMPH fest, dass
anhand der derzeitigen Erkenntnisse eine quantitative Abschätzung des Risikos für
die Verbraucher nicht möglich sei. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse legte die
Kommission im Jahr 2000 einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 96/22/EG des
Rates über das Verbot der Verwendung bestimmter Stoffe mit hormonaler bzw.
thyreostatischer Wirkung und von Beta-Agonisten in der tierischen Erzeugung vor.
Am 22. Juli 2003 nahm der Rat die Änderungen des Europäischen Parlaments aus
zweiter Lesung an.
Die neue Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 96/22/EG bestätigt das Verbot der
Verwendung wachstumsfördernder Stoffe mit hormonaler Wirkung in der tierischen
Erzeugung. Darüber hinaus wurden mit der neuen Richtlinie die Bedingungen, unter
denen 17-Beta-Östradiol Tieren, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, zu
anderen Zwecken als der Wachstumsförderung verabreicht werden dürfen, erheblich
eingeschränkt. In nur drei Fällen ist die Verabreichung dieser Hormonsubstanz für
eine begrenzte Zeit und unter strenger veterinärmedizinischer Kontrolle noch
zulässig: Behandlung (im Interesse der Tiergesundheit) von Fötusmazeration
oder -mumifizierung beim Rind, Pyometra beim Rind und Brunstinduktion bei Rind,
Pferd, Schaf oder Ziege. Letztere Verwendung ist nur noch bis September 2006
gestattet.
Was die fünf anderen Hormone anbetrifft, so bleibt es in der geänderten Richtlinie
bei dem vorläufigen Verbot, bis die Gemeinschaft über umfassendere
wissenschaftliche Informationen verfügt, um den derzeitigen Kenntnisstand zu
diesen Hormonsubstanzen zu klären. Die Kommission wird neue, verfügbare
wissenschaftliche Daten zu diesem Bereich regelmäßig auswerten.

 



 

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