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AHO Aktuell - 30.09.2003

EU nimmt Lebensmittelinfektionen ins Visier


Brüssel (aho/lme) - Der Rat „Landwirtschaft“ heute am Montag den 29.09.2003 die
Rechtsvorschriften zur Senkung der Inzidenz durch Lebensmittel übertragbarer
Krankheiten in der Europäischen Union endgültig verabschiedet. Die beiden
Rechtsakte, von der Kommission im August 2001 vorgeschlagen und vom Parlament im
Mai 2002 befürwortet, sehen eine gründliche Revision der geltenden
EU-Rechtsvorschriften vor und sollen den Schutz vor „Zoonosen“ – also den vom Tier
auf den Menschen übertragbaren Krankheiten – verbessern. Zu den Zoonosen gehören
Krankheiten, die alljährlich hohe Krankheitsausfälle, unnötige Todesfälle und
beachtliche öffentliche Gesundheitskosten verursachen – ausgelöst etwa durch
Salmonellen, Campylobacter, Listeria und toxinbildende E. coli. Die Vorschriften
treten am Tag der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

„Die Zahl der lebensmittelbedingten Infektionen beim Menschen ist heute in der
gesamten EU viel zu hoch. Durch Salmonellen alleine erkranken jährlich über
160.000 Menschen in der EU – wovon nach Schätzungen rund 200 sterben. Die Kosten
durch lebensmittelbedingte Salmonellose werden auf bis zu 2,8 Mrd. Euro jährlich
veranschlagt. Ich freue mich daher, dass Rat und Parlament diese beiden wichtigen
Rechtsakte jetzt verabschiedet haben. Letztlich können wir dadurch das Auftreten
von Salmonellen in den landwirtschaftlichen Betrieben und somit auch die
Infektionshäufigkeit beim Menschen deutlich senken,“ so David Byrne, in der
Europäischen Kommission zuständig für Gesundheit und Verbraucherschutz.

Worum geht es bei den neuen Rechtsvorschriften?

Der erste Rechtsakt, eine Richtlinie zur Überwachung von Zoonose-Erregern, dient
als Grundlage für die Verbesserung der Erkenntnisse über die Quellen und
Entwicklungstendenzen dieser Erreger und die Bewertungen der mikrobiologischen
Risiken sowie für Risikomanagementmaßnahmen. Die Europäische Behörde für
Lebensmittelsicherheit wird eine entscheidende Rolle bei der Bewertung dieser
Informationen spielen. Der zweite Rechtsakt ist eine Verordnung zur Reduzierung
des Auftretens von Zoonoseerregern, hauptsächlich Salmonellen.
Die Verordnung wird für eine der Hauptquellen der Kontamination gelten – die
Primärproduktion. Außerdem ist ein Verfahren zur Festsetzung von Zielwerten für
andere Zoonoseerreger als Salmonellen vorgesehen. Die Zielvorgaben zur Eindämmung
der Erreger werden nach einer Untersuchung der Prävalenz des jeweiligen Erregers
in allen Mitgliedstaaten festgelegt.
Die Kommission hat zugestimmt, die obligatorischen Kontrollmaßnahmen für eine
Kofinanzierung durch die EU zu öffnen. Die Höhe dieser Finanzierung wird auf der
Grundlage eines Berichts über die Finanzierungsregelung festgelegt, den die
Kommission innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung vorlegen
wird.
Eine Reihe anderer Schlüsselmaßnahmen in diesem Zusammenhang werden im Kampf gegen
Zoonosen ebenfalls helfen. Das Paket zur Lebensmittelhygiene wird die Umsetzung
von Hygienemaßnahmen im landwirtschaftlichen Betrieb verbessern und auch auf allen
anderen Stufen der Lebensmittelkette nach der Primärproduktion als wichtiges
Instrument dienen.
Die neuen Bestimmungen machen es möglich, die Antibiotikaresistenz nicht nur bei
Zoonoseerregern zu überwachen, sondern auch bei anderen wichtige Bakterien.
Außerdem wird die Salmonellenüberwachung schrittweise nicht nur auf die
verschiedenen Geflügelarten und Zuchtschweine, sondern auch auf Schlachtschweine
ausgedehnt. Es gibt Übergangsregelungen für die Umsetzung der neuen Regeln durch
die Mitgliedstaaten. In der Anfangsphase beschränken sich die Kontrollen auf
bestimmte Serotypen von Salmonellen (diese Serotypen sind allerdings für über 70 %
der gemeldeten Fälle von Salmonellose beim Menschen verantwortlich).

Die geltenden Bestimmungen

Nach den geltenden EU-Bestimmungen, in der Richtlinie 92/117/EWG zu finden, gibt
es Regeln für die obligatorische Überwachung von vier Zoonoseerregern
(Salmonellose, Brucellose, Trichinose und durch Mycobacterium bovis verursachte
Tuberkulose) und die freiwillige Überwachung anderer Erreger. Lebensmittelbedingte
Krankheiten und die Überwachung der Antibiotikaresistenz sind jedoch nicht
abgedeckt, was eine Harmonisierung der Systeme sehr schwierig macht. Die neue
Richtlinie, die an die Stelle der Richtlinie 92/177 tritt, macht eine solche
Harmonisierung möglich. Derzeit gibt es obligatorische Maßnahmen zur Kontrolle
bestimmter Arten von Salmonellen (Salmonella enteritidis und Salmonella
typhimurium) bei Zuchtgeflügel, die neue Verordnung führt Kontrollmaßnahmen für
weitere Tierarten sowie potenziell auch für weitere Arten von Salmonellen und
anderen Zoonoseerregern ein. Einige EU-Mitgliedstaaten gehen bereits freiwillig
über diese Bestimmungen hinaus, derzeit jedoch ohne EU-Finanzierung.
Hintergrund
Zoonosen sind Erkrankungen oder Infektionen, die vom Tier auf den Menschen
übertragbar sind. Die Infektion ist gewöhnlich auf den Verzehr von Erzeugnissen
tierischen Ursprungs oder direkten Kontakt mit infizierten Tieren zurückzuführen.
Salmonellen, auf die sich die neuen Bestimmungen vorrangig konzentrieren, können
in einer ganzen Reihe von Lebensmittelerzeugnissen vorkommen, z. B. in rohen
Eiern, Geflügel, Schweine- und Rindfleisch, anderen Erzeugnissen tierischen
Ursprungs und Gemüse.
Campylobacter ist hauptsächlich in Hähnchenfleisch zu finden, Hauptsymptom beim
Menschen ist Durchfall, manchmal kann es jedoch auch zu Nervenerkrankungen und, in
seltenen Fällen, zur Lähmung kommen. Listeria und toxinbildendes E. coli sind zwei
weitere verbreitete Erreger, die Infektionen verursachen.
Zoonosen sind bekanntlich schwer einzudämmen, da eine gewisse Anzahl der
betreffenden Mikroorganismen überall in der Natur vorkommt und nicht leicht aus
der Lebensmittelkette auszuschließen ist. Die Eindämmung der Erreger bei Tieren
ist der beste Weg, die Verbreitung der Infektion über die Lebensmittelkette zu
verhindern, aus diesem Grund schafft auch die vorgeschlagene Verordnung einen
Rahmen für Maßnahmen zur Eindämmung der Erreger. Gleichzeitig führt die
vorgeschlagene Richtlinie ein System zur Überwachung bestimmter Zoonoseerreger in
der gesamten Lebens- und Futtermittelherstellungskette ein.
Salmonellen werden dabei als Priorität genannt, insbesondere das Auftreten in
Geflügelprodukten und Eiern. Die einzelnen Zielkategorien werden schrittweise
einbezogen, beginnend mit Zuchthühnern, dann Legehennen, Hähnchen, Puten,
Schlachtschweine und schließlich Zuchtschweine. Die ersten Ziele werden 12 Monate
nach Inkrafttreten der Verordnung (Anfang November) festgelegt, jede weitere Stufe
wieder nach jeweils 12 Monaten. Die nationalen Kontrollprogramme werden für jedes
einzelne Ziel 18 Monate später umgesetzt. Nach einer Übergangszeit werden
Vermarktungsbeschränkungen für Tafeleier aus Beständen gelten, bei denen der
Befall mit bestimmten Salmonellenarten vermutet wird oder nachgewiesen worden ist
(diese Regelung wird 72 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung anwendbar).
Auch Geflügelfleisch wird bestimmten mikrobiologischen Kriterien genügen müssen
(anwendbar nach 84 Monaten). Außerdem ist ein Verfahren zur Festsetzung von
Zielwerten für andere Bestände sowie andere Zoonoseerreger als Salmonellen
vorgesehen.
Um die Reduktionsziele zu erreichen, müssen die Mitgliedstaaten nationale
Kontrollprogramme aufstellen und den Privatsektor zur Mitarbeit bewegen. Für den
Handel zwischen den Mitgliedstaaten und mit Drittländern wird entsprechend dem
obigen Zeitplan eine Bescheinigung über den Salmonellenstatus zwingend
vorgeschrieben.


 



 

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