Aktuelle Meldungen  -  Nachrichten suchen  -  kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

AHO Aktuell - 11.08.2003

Resistente Enterokokken: Geringes Risiko bei Lebensmitteln


Berlin (aho) - Rinder- und Schweinebestände scheinen als Reservoir für
Enterokokken mit Resistenzen gegen die humanmedizinisch bei
Enterokokkeninfektionen in erster Linie eingesetzten Antibiotika (Ampicillin,
Gentamicin und die Glykopeptide) nur eine sehr untergeordnete Rolle zu spielen.
Auch scheint die Gefahr für den Verbraucher, solcherart resistente Enterokokken
über Lebensmittel aufzunehmen, gering. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie,
die am Bundesinstitut für Risikobewertung und am Institut für Fleischhygiene
und -technologie des Fachbereichs Veterinärmedizin der Freien Universität
Berlin durchgeführt wurde.

Alle Enterokokken-Arten leben gewöhnlich im Darm von Mensch und warmblütigen
Tieren, wo sie einen großen Teil der Darmflora ausmachen. Infektionen mit
Enterokokken betreffen meist Patienten mit einem geschwächten Immunsystem.
Innerhalb der letzten Jahre ist eine Zunahme der Infektionen mit Enterococcus
spp., insbesondere E. faecalis und E. faecium, in der Humanmedizin zu beobachten.
Enterokokken nehmen zur Zeit den zweiten bis dritten Platz unter den bakteriellen
Erregern von Infektionen in Krankenhäusern ein. Ein besonderes Problem bei
Enterokokken ist dabei ihr breites Spektrum an natürlichen und erworbenen
Resistenzen gegen zahlreiche Antibiotika. Immer häufiger werden
Enterokokken-Stämme bei Tieren und beim Menschen gefunden, die resistent gegen
therapeutisch bedeutsame Antibiotika sind. Mehrfach resistente Enterokokken-Stämme
werden deshalb als ein ernsthaftes Risiko betrachtet. Nicht geklärt ist bisher die
Frage, inwieweit das Auftreten Antibiotika resistenter Enterokokken- Stämme beim
Menschen allein durch den Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin
hervorgerufen oder auch durch Resistenzen bei Tieren beeinflusst wird.

Vor diesem Hintergrund sollte in dieser Untersuchung das Resistenzverhalten von
Enterokokkenstämmen untersucht werden, die von Rind und Schwein sowie aus von
diesen Tierarten gewonnenen Lebensmitteln isoliert wurden. Als Lebensmittel wurden
für die Untersuchung insbesondere Hackfleisch, Rohwurst, Schinken und Weichkäse
ausgewählt, da in diesen ein Vorkommen von Enterokokken tierischen Ursprungs
theoretisch möglich ist und diese zum Rohverzehr bestimmt sind. Bundesweit wurden
60 Rinderherden (Jungbullen und Kälber), 97 Schweineherden sowie 166
Lebensmittelproben untersucht. Daraus wurden 1257 Enterokokkenstämme isoliert und
näher bestimmt.

Von 569 ausgewählten Isolaten wurde das Resistenzverhalten gegenüber Penicillin,
Ampicillin, Amoxicillin/Clavulansäure, Gentamicin, Tetrazyklin, Erythromycin,
Tylosin, Vancomycin, Teicoplanin, Enrofloxacin, Quinupristin/Dalfopristin,
Chloramphenicol, Bacitracin, Flavomycin und Avilamycin überprüft.
Penicillinresistenz trat bei 11%, 31% und 4% der E. faecium-Isolate vom Rind,
Schwein und aus Lebensmitteln auf. Ampicillin- und
Amoxicillin/Clavulansäureresistenz kam bei 3% der E. faecium-Isolate vom Schwein
vor. Mit Ausnahme eines E. durans/hirae-Stammes verhielten sich alle anderen
Isolate gegenüber diesen ß-Laktam-Antibiotika sensibel. Gegenüber Gentamicin
verhielten sich 2% der E. faecalis-Isolate vom Schwein und 1% der E.
faecalis-Isolate aus Lebensmitteln hochresistent, darüber hinaus trat diese
Resistenzform bei E. faecalis und E. faecium nicht auf. Eine Resistenz gegen
Glykopeptidantibiotika wurde bei drei E. faecium Isolaten vom Schwein
festgestellt, andere Stämme zeigten diese Resistenzform nicht.
Quinupristin/Dalfopristin-Resistenz kam bei 56%, 57% und 23% der E.
faecium-Isolate jeweils vom Rind, Schwein und Lebensmittel vor.

Gegenüber Tetracyclin lagen die Resistenzraten von E. faecalis und E. faecium
zwischen 16% (E. faecalis vom Rind) und 37% (E. faecalis vom Schwein), gegenüber
Erythromycin zwischen 6% (E. faecalis vom Rind) und 49% (E. faecium vom Schwein)
und gegenüber Chloramphenicol zwischen 4% (E. faecium aus Lebensmitteln) und 22%
(E. faecium vom Rind). Gegenüber Enrofloxacin verhielt sich E. faecalis (33%
sensible Isolate beim Rind) empfindlicher als E. faecium (0% sensible Isolate beim
Rind). Gegenüber den Leistungsförderern bewegten sich die Resistenzen zwischen 0%
(E. faecium vom Rind gegen Tylosin) und 100% (E. faecium aus Lebensmitteln gegen
Flavomycin).

Demgegenüber sind die Resistenzraten gegenüber dem neuzugelassenen
humanmedizinischen Therapeutikum Quinupristin/Dalfopristin sowohl in Rinder- und
Schweinebeständen als auch in den Lebensmitteln bedenklich hoch, wobei die
wahrscheinliche Ursache dafür durch das Verbot des Einsatzes von Virginiamycin
beseitigt worden sein dürfte.

Resistenzen gegenüber human- und veterinärmedizinisch wichtigen Antibiotika, die
bei Enterokokkeninfektionen nicht das Mittel der ersten Wahl darstellen, wie
beispielsweise Tetrazyklin und Erythromycin, traten zum Teil relativ häufig auf.
Hier ist nicht auszuschließen, daß eine Übertragung auf andere Bakteriengattungen
stattfinden kann. Darin liegt zwar möglicherweise eine Gefahr für den Verbraucher,
andererseits erscheint der Einsatz einer gewissen Zahl wirksamer Antibiotika zu
therapeutischen Zwecken auch bei lebensmittelliefernden Tieren unverzichtbar.
Insgesamt kann das Risiko für den Verbraucher, über Lebensmittel Enterokokken
aufzunehmen, die gegen die bei Enterokokkeninfektionen in erster Linie
eingesetzten Antibiotika resistent sind, als gering eingeschätzt werden.


Jan Peters
Antibiotikaresistenz von Enterokokken aus landwirtschaftlichen Nutztieren und
Lebensmitteln tierischer Herkunft.
Dissertation, Bundesinstitut für Risikobewertung und Institut für Fleischhygiene
und -technologie des Fachbereichs Veterinärmedizin der Freien Universität
Berlin, 2003

 



 

  zum Seitenbeginn


© Copyright

AHO Aktuell ist ein Service von ANIMAL-HEALTH-ONLINE und @grar.de