Aktuelle Meldungen  -  Nachrichten suchen  -  kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

AHO Aktuell - 10.08.2003

Wirkungslos: Lactulose, gekapselte Säuren und Pankreasenzyme


Hannover (aho) – Als Alternative zu den klassischen Antibiotika und antibiotischen
Leistungsförderern in der Schweinehaltung werden eine Vielzahl von Futteradditiven
angeboten und von den Herstellern und Vertreibern mit allerlei positiven Wirkungen
auf die Leistung und Gesundheit von Schweinen beworben. Im Rahmen einer
Dissertation an der Tierärztlichen Hochschule Hannover wurde jetzt geprüft, ob
sich derartige „alternative“ Produkte tatsächlich bei Ferkeln zur Prophylaxe der
Colienterotoxaemie (Ödemkrankheit) und bei Mastschweinen zur Verminderung
Ausscheidung von Salmonellen eignen. Ebenso sollte untersucht werden, ob es
gelingt, mit derartigen Produkten, die Zusammensetzung des Kotes und der
Darminhalt (Chymus) zu verändern.

Für den Versuchsteil „Colienterotoxaemie“ wurden gekapselten Säuren, Lactulose
bzw. gekapselten Pankreasenzymen dem Futter zugesetzt. Bei den Mastschweinen kam
Lactulose zum Einsatz.

Die Untersuchungen wurden mit insgesamt 124 Schweinen durchgeführt, wobei für
jedes Futteradditiv ein Versuch ohne bzw. mit experimenteller Infektion von E.
coli an Absetzferkeln (n = 104) durchgeführt wurde. Die Mastschweine (n = 20)
wurden experimentell mit Salmonella Derby infiziert.

Den Schweinen wurde eine Futtermischung (15,2 – 16,2 MJ ME/kg TS, 192 – 207 g
Rp/kg TS, 29,9 – 32,2 g Rfe/kg TS, 33,0 – 38,4 g Rfa/kg TS) ad libitum angeboten.
Im Versuch mit gekapselten Säuren wurde den Versuchstieren das Futter in
pelletierter Form mit 0,5 % des Säureprodukts (ca. 45 % Ameisensäure und 21 %
Citronensäure) gegeben, im Versuch mit Lactulose an Absetzferkeln sowie auch an
Mastschweinen wurde das schrotförmige Futter mit 50 g Lactulosesirup/kg (ca. 25,1
g reine Lactulose) gegeben, die Kontrolltiere erhielten 5 % Maisstärke. Die Zulage
gekapselter Pankreasenzyme betrug 2,4 % (960000 IE Lipase, 960000 IE Amylase,
60000 IE Protease) in schrotförmigem Futter, die Kontrolltiere erhielten 2,4 %
Sojaextraktionsschrot. Im Infektionsversuch mit E. coli und Zulage gekapselter
Pankreasenzyme wurde den Kontrolltieren im zweiten Durchgang 5 mg Colistin/kg
KM verabreicht.

Die mit 21 – 28 Tagen abgesetzten Ferkel wurden nach einer 2 bis 4tägigen
Eingewöhnungsphase mit dem Futteradditiv angefüttert und nach 4 - 6tägiger
Versuchsdauer getötet und seziert. Im Infektionsversuch mit E. coli wurden die
Tiere sofort bei Auftreten klinischer Anzeichen der Ödemkrankheit oder nach
9 - 16 Tagen getötetund seziert. Die Mastschweine im Infektionsversuch mit
Salmonella Derby wurden nach dem Aufstallen mit Kontroll- bzw.
Versuchsfutter angefüttert und am siebten Tag experimentell infiziert, ab dem
14. Tag p. i. wurden jeweils vier Tiere im Wochenabstand getötet und seziert,
insgesamt betrug die Versuchsdauer 42 Tage.

Während der Fütterungsphase wurden Futteraufnahme, Tageszunahmen und
Futteraufwand, TS-Gehalt und pH-Wert im Kot sowie Formiat-, Lactulose- und
Amylase-Gehalt im Futter bestimmt. Bei der Sektion wurde der Magen-Darm-Inhalt
gewonnen und die Chymusqualität anhand von TS-Gehalt und pH-Wert näher
charakterisiert. Durch Bestimmung der Stoffwechselprodukte der Intestinalflora
(L-Laktat, FFS, NH3 sowie LPS) wurden mögliche Effekte der Futteradditive
überprüft. Im Versuch mit gekapselten Pankreasenzymen wurde auch Stärke und
Rohprotein im Inhalt vom Magen und Colon asc. (Dickdarm) bestimmt.

Die Ergebnisse der einzelnen Versuche lassen sich wie folgt darstellen:

Die Auflösung der Ummantelung der gekapselten Säuren erfolgte entgegen der
Versprechungen des Herstellers bereits im Magen mit der Folge einer Freisetzung
der Säuren. Im gesamten Magen-Darm-Trakt war kein Einfluss auf die Kot- und
Chymusqualität sowie Stoffwechselprodukte der Intestinalflora festzustellen.

Auch im Infektionsversuch mit E. coli zeigte die Zulage gekapselter Säuren zum
Futter keinen Einfluss auf das Auftreten der Ödemkrankheit bei Absetzferkeln (von
20 infizierten Ferkeln erkrankten insgesamt 6 Tiere, davon 3 in der Kontroll- und
3 in der Versuchsgruppe).

Der Abbau der Lactulose erfolgte bereits bis zum Ende des Dünndarmes. Die
Lactulose hatte keinen Einfluss auf die Kot- und Chymusqualität sowie
Stoffwechselprodukte der Intestinalflora bei Absetzferkeln wie auch bei
Mastschweinen.

Ein Trend zur Verringerung von E. coli sowie zur Reduktion der NH3-Konzentration
konnte bei Absetzferkeln beobachtet werden, jedoch zeigte die Lactulosezulage
keinen Einfluss auf das Auftreten der Ödemkrankheit (von 20 infizierten Ferkeln
erkrankten insgesamt 7 Tiere, davon 3 aus der Kontroll- und 4 aus der
Versuchsgruppe).

Die Ausscheidung und Translokation von Salmonellen bei Mastschweinen blieb
unbeeinflusst von einer Lactulosezulage zum Futter.

Eine Freisetzung der gekapselten Pankreasenzyme erfolgte ebenfalls bereits im
Magen, ein Einfluss der Enzymwirkung auf weiter hinten liegende Abschnitte des
Verdauungskanals war nicht feststellbar. Im Versuch ohne experimentelle Infektion
und Zulage gekapselter Pankreasenzyme waren zwar tendenziell geringere E.
coli-Keimzahlen zu verzeichnen, auf das Auftreten der Ödemkrankheit hatte die
Enzymergänzung jedoch keinen Einfluss (von den insgesamt 10 infizierten Ferkeln
erkrankten alle Tiere).

Die Verabreichung des Antibiotikums Colistin (5 mg/kg KM) bestätigte die
Wirksamkeit dieses Antibiotikums. Es erkrankte keines der behandelten Ferkel,
die Ferkel ohne Colistinbehandlung erkrankten hingegen alle.

Der Autor kommt abschließend zu dem Fazit, daß die für die eingesetzten
Futteradditive von den Herstellern versprochenen Eigenschaften in diesen Versuchen
nicht bewiesen werden konnten. Auch die parallel zu diesen Versuchsreihen
durchgeführten mikrobiologischen Untersuchungen bestätigen diese Aussage, da
auch hier keine wesentlichen Einflüsse der Futteradditive auf die Keimflora des
Magen-Darm-Traktes nachgewiesen werden konnten.


Oliver Stuke
Untersuchungen zu möglichen infektions-prophylaktischen Effekten verschiedener
Futterzusätze (Ameisen- und Zitronensäure / Lactulose / Pankreasenzyme) unter den
Bedingungen einer experimentellen oralen Belastung mit E. coli (Absetzferkel) bzw.
mit S. Derby (Mastschweine)
Hannover, Tierärztliche Hochschule, Dissertation, 2003

 



 

  zum Seitenbeginn


© Copyright

AHO Aktuell ist ein Service von ANIMAL-HEALTH-ONLINE und @grar.de