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AHO Aktuell - 09.08.2003

Morbus Crohn und Paratuberkulose: Beweislage erdrückend


London (aho/lme) – Britische Wissenschaftler vom St. George's Hospital Medical
School in London haben weitere Belege für die Hypothese veröffentlicht, daß die
chronische Darmentzündung „Morbus Crohn“ beim Menschen durch das Bakterium
„Mycobacterium avium paratuberculosis“ (MAP) hervorgerufen wird. Wie Professor
John Hermon-Taylor und sein Team in der Fachzeitschrift „Journal of Clinical
Microbiology“
berichten, gelang es ihnen mit einem verbesserten Testverfahren
bei 34 von 37 Morbus-Crohn-Patienten (92 Prozent) in Darmschleimhautproben MAP, in
einer Kontrollgruppe von 33 Personen jedoch nur in 9 Fällen (26 Prozent). Die
Autoren folgern, dass das Mycobacterium avium paratuberculosis mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit eine zentrale Rolle bei der Entstehung des
Morbus Crohn
spielt.

Morbus Crohn ist in vielen Ländern weit verbreitet. In Großbritannien sollen etwa
100.000 Menschen betroffen sein und jährlich werden etwa 5.000 neue Fälle
diagnostiziert. In Deutschland sollen nach aktuellen Schätzungen etwa 170.000
Menschen betroffen sein. Der Erreger Mycobacterium avium paratuberculosis (MAP)
ist bei Rindern für das Krankheitsbild der Paratuberkulose (Johne'sche Krankheit)
verantwortlich. Auch hier handelt es sich um eine chronische Darminfektion, die
selbst in Details mit dem Krankheitsbild des Morbus Crohn beim Menschen
vergleichbar ist.

Da MAP von infizierten Milchkühen auch in die Milch gelangt und der Erreger extrem
hitzeresistent ist, kann er das Pasteurisieren in der Molkerei überleben und so in
die Konsummilch gelangen. Die gemeinnützige britische
Medizin-Forschungsgesellschaft "Action Research", die die Forschung
finanziell unterstützt hat, empfiehlt Morbus Crohn-Patienten und deren nahe
Verwandten, H-Milch-Produkte zu konsumieren, da diese Produkte mit deutlich
höheren Temperaturen pasteurisiert werden. Die Forschungsgesellschaft betonte in
einer Pressemitteilung, daß dass im allgemeinen kein Grund besteht, auf den Konsum
von Milch zu verzichten. Der Erreger „MAP“ rufe bei den meisten Menschen keine
gesundheitlichen Probleme hervor, da auch eine genetische Disposition eine Rolle
spiele. "Action Research" forderte gleichzeitig, Morbus Crohn in
Großbritannien zu einer meldepflichtigen Krankheit zu machen. Zudem sollten die
Pasteurisierungstechniken in den Molkereien verbessert werden. Zudem müssten
Milchviehbetriebe auf MAP getestet und Maßnahmen ergriffen werden, um die
Zahl neuer Infektionen bei Rindern zu reduzieren.

Der Keim „MAP“ ist in der Tierwelt weit verbreitet. Er kann bei Schafen, Ziegen,
Kaninchen und Wildtieren nachgewiesen werden. Ebenso würde „MAP“ in Gewässern
und auf Gemüse nachgewiesen, so daß neben nicht oder unzureichend pasteurisierter
Milch und Käse auch andere Infektionswege für den Menschen möglich sind.

Gegenüber der BBC berichtete Professor Hermon-Taylor, daß der Erreger MAP
möglicherweise auch am sogenannten „Reizdarmsyndrom“ beteiligt ist. Der
Wissenschaftler verwies auf Ergebnisse aus Schweden. Bei dieser Erkrankung sind
ähnlich wie bei der Paratuberkulose des Rindes die Nerven des Darmes entzündet.
Das „Reizdarmsyndrom“ ist viel verbreiteter als Morbus Crohn und wird im
angelsächsischen Sprachraum als "IBS“ ("irritable bowel syndrome") bezeichnet.
Etliche der Patienten sind wie bei Morbus Crohn zeitweise arbeitsunfähig oder
müssen früher in Rente gehen. Beide Erkrankungen verursachen Kosten in
Milliardenhöhe.


Bull TJ, McMinn EJ, Sidi-Boumedine K, Skull A, Durkin D, Neild P, Rhodes G, Pickup
R, Hermon-Taylor J.
Detection and verification of Mycobacterium avium subsp. paratuberculosis in fresh
ileocolonic mucosal biopsy specimens from individuals with and without Crohn's
disease.
J Clin Microbiol. 2003 Jul;41(7):2915-23.

 



 

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