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AHO Aktuell - 06.08.2003

Die Schweiz rüstet sich für kommende Tierkrankheiten


Bern (aho) - Die Schweiz muss im Zuge des wachsenden internationalen Handels und
der Klimaerwärmung mit neuen Tierkrankheiten rechnen. Deutlich gemacht hat das der
Anaplasmose-Ausbruch in einem Stall in Chur vor einem Jahr. Beinahe 300 Kühe
mussten damals getötet werden - ein in der Schweiz bis dahin unbekanntes Ausmass
dieser Krankheit. Forschende der Universität Zürich, des Instituts für
Viruskrankheiten und Immunprophylaxe (IVI) und des Bundesamtes für Veterinärwesen
(BVET) klären nun die Hintergründe des Ausbruches und machen die Schweiz für
möglicherweise kommende Seuchen wie die Blauzungenkrankheit bereit.

Die Diagnose am 26. August vergangenen Jahres überraschte: Die Mehrzahl der 280
Kühe eines Tierhändlers in Chur waren vom Erreger Anaplasma marginale befallen.
Die Tiere litten an schwerer Blutarmut - zur Seucheneingrenzung musste der gesamte
Bestand getötet werden. Bislang war die Krankheit in der Schweiz nur von wenigen
Einzelfällen bekannt. Der Anaplasmose-Ausbruch hat mehrere Fragen aufgeworfen:
Hatte sich die Seuche über den Churer Betrieb hinaus verbreitet? Ist gar ein Teil
des gesamten Schweizer Viehs vom Erreger infiziert, der oft keine
Krankheitssymptome auslöst? Nach intensiven Abklärungen geben die Fachleute des
BVET und der Universität Zürich nun Entwarnung: Die Krankheit war auf den Churer
Betrieb beschränkt geblieben. Zudem fanden die Zürcher Forscher um Prof. Hans Lutz
in Blutproben von mehreren hundert Kühen aus der ganzen Schweiz, dass zumindest
über 95 Prozent der Tiere nie Kontakt mit dem Anaplasmose-Erreger hatten. Um
genauere Aussagen machen zu können, haben die Forscher einen neuen, hochpräzisen
Anaplasmose-Test entwickelt, mit dem sie weitere Proben testen werden.
Nicht restlos geklärt ist die Frage, woher die Anaplasmose-Erreger in den Churer
Betrieb kamen. Mehrere Hinweise deuten auf einen Betrieb im Puschlav, aus dem der
Churer Viehhalter Kühe eingekauft hatte. Diese Tiere waren besonders früh und
heftig erkrankt. Lutz’ Team hat nun eine genetische Analyse gestartet, um die
Churer Anaplasmen mit jenen in Italien, wo die Krankheit im Süden vorkommt, und
weltweit zu vergleichen. Die Forscher erhoffen sich so Aufschluss über die
Herkunft des Erregerstammes.

Schweiz bereitet sich vor auf neue Babesien, Theilerien und Mycoplasmen...

Neben den Anaplasmen überraschten weitere Krankheitserreger die Forscher. Im Blut
der Churer Kühe entdeckte das Team um Prof. Peter Deplazes von der Universität
Zürich Arten von so genannten Babesien und Theilerien - Erreger, die bis dahin nur
aus Süd- und Osteuropa bekannt waren. Lutz’ Gruppe fand ausserdem einen bei Kühen
noch nie beschriebenen Typ des Bakteriums Mycoplasma, der möglicherweise Blutarmut
auslösen kann. Ob diese Erreger zum Krankheitsbild der Kühe in Chur beitrugen, ist
bislang nicht klar. Die Forscher charakterisieren nun die Erreger und untersuchen
deren Verbreitung in der Schweiz. Deplazes hat dabei vor allem die Zeckengattung
Haemophysalis im Visier. Babesien brauchen diesen Blutsauger, um von einem Rind
aufs nächste überzugehen. In Zusammenarbeit mit der Universität Neuenburg sucht
Deplazes’ Team deshalb in ausgewählten Regionen der Schweiz nach den Zecken.
Solche Studien sollen zeigen, ob sich die Erreger in der Schweiz überhaupt
einnisten könnten.

...und auf die Blauzungenkrankheit

Derselben Frage gehen Forscher vom IVI und vom BVET in Bezug auf die
Blauzungenkrankheit nach, die bislang in keinem einzigen Fall in der Schweiz
aufgetreten ist. Die Virenkrankheit grassiert aber etwa in Mittel- und Süditalien
und breitet sich stetig nordwärts aus. Der Erreger hat sich bereits in der Toskana
in Schafen und Rindern festgesetzt. Um von einem Tier aufs nächste überzugehen,
braucht das Blauzungenvirus spezielle Überträger: die Mückenarten Culicoides
imicola, obsoletus oder pulicaris. Bis anhin ist nur sehr wenig über deren
Vorkommen in der Schweiz bekannt. Die Forscherin Ariane Cagienard vom BVET spürt
den Insekten mit Lichtfallen nach. Forscher vom IVI und vom BVET dagegen wollen im
Blut von Tausenden von Rindern nach Spuren einer akuten oder früheren
Blauzungenerkrankung suchen. Das Ziel ist ein Frühwarnsystem für 2004: Ausgewählte
Rinder in Regionen, die voraussichtlich als erste von der Blauzungenkrankheit
befallen würden, sollen dann regelmässig untersucht werden. Damit soll ein
allfälliges Übergreifen der Seuche auf die Schweiz frühzeitig erkannt und
eingedämmt werden.

Ganz allgemein hat sich das BVET zum Ziel gesetzt, die Wachsamkeit gegenüber neu
aufkommenden Krankheiten zu fördern, indem TierärztInnen und TierhalterInnen über
die frühen Krankheitssymptome informiert werden. Dazu hat das BVET ein leicht
verständliches Faltblatt zur Blauzungenkrankheit mit den wichtigsten Fakten
erstellt, das Sie beim BVET (Frau Pérez, 031 323 58 67,
claudia.perez@bvet.admin.ch) kostenlos bestellen können.

 



 

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