Aktuelle Meldungen  -  Nachrichten suchen  -  kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

AHO Aktuell - 03.07.2003

Urteil gegen Tierarzt Dr. Fechter teilweise aufgehoben


Karlsruhe (aho) - Der Bundesrechtshof hat das Urteil im Verfahren gegen den
Straubinger Tierarzt Dr. Fechter wegen unerlaubter Geschäfte mit
Tierarzneimitteln teilweise aufgehoben.

Das Landgericht Regensburg hatte den Angeklagten in insgesamt 861 Fällen
wegen verschiedener Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz, insbesondere
wegen unerlaubten Handeltreibens mit beziehungsweise unerlaubter Abgabe und
unerlaubten Inverkehrbringens von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln
außerhalb von Apotheken, wegen unerlaubten Inverkehrbringens nicht
zugelassener Arzneimittel und unerlaubten Inverkehrbringens von
Arzneimitteln mit irreführender Bezeichnung - teilweise in Tateinheit mit
Urkundenfälschung oder mit Verstößen gegen das Patentgesetz - sowie wegen
eines Verstoßes gegen das Tierseuchengesetz verurteilt. Es hatte gegen ihn
eine zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verhängt
und Wertersatzverfall für einen Betrag von 150.000 Euro angeordnet. Von der
Anordnung eines Berufsverbots hatte das Gericht abgesehen. Vom Vorwurf
weiterer unerlaubter Verkaufsgeschäfte mit Arzneimitteln hatte es den
Angeklagten freigesprochen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte, der sich
wegen der Tatvorwürfe von Januar 2001 bis Februar 2002 in Untersuchungshaft
befand, seine Tierarztpraxis mit durchschnittlich 12 angestellten Tierärzten
und weiterem nichttierärztlichen Personal so organisiert, daß er einen
möglichst großen Arzneimittelumsatz erzielte, da ihm von den Pharmafirmen
Rabatte in Form von unberechneten Zusatzlieferungen gewährt wurden, deren
Umfang sich an seinen Bezugsmengen orientierte. Seinen Anweisungen
entsprechend wurden verschreibungspflichtige Arzneimittel aus seiner
tierärztlichen Hausapotheke nicht nur an Tierhalter verkauft, sondern unter
anderem auch im Rahmen von 726 Verkaufsgeschäften an sechs nicht bei ihm
angestellte Tierärzte. Derartige Medikamente wurden außerdem an Tierhalter
weitergegeben, ohne daß deren Tiere durch den Angeklagten oder einen bei ihm
angestellten Tierarzt ordnungsgemäß behandelt worden wären. So belieferte
der Angeklagte in 13 Fällen einen Schweinemastbetrieb mit einem Tierbestand
von 25.000 Tieren. Schließlich wurden an Tierhalter Arzneimittel wie die
nicht verschreibungspflichtige Acetylsalicylsäure (Aspirinwirkstoff) oder
auch verschreibungspflichtig Penicillin- und Cortisonpräparate - teilweise
unter irreführender Bezeichnung - abgegeben, die nicht für die Tierart
zugelassen waren, bei der sie angewendet werden sollten. In einem Fall
verkaufte der Angeklagte ein Anabolikum an einen Bodybuilder. Der Angeklagte
erzielte mit diesen Geschäften im Zeitraum zwischen Januar 1998 und Januar
2001 einen Gesamtumsatz von mehr als 800.000 Euro.

Gegen das Urteil haben der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft Revision
eingelegt.

Auf die Revision des Angeklagten hat der Bundesgerichtshof die Verurteilung
insbesondere aufgehoben, soweit sie 320 Verkaufsgeschäfte betraf, in denen
der Angeklagte Medikamente an Tierärzte veräußerte. Hier lagen nach den
bislang getroffenen Feststellungen nicht sämtliche Voraussetzungen der
Strafbarkeit vor. Einerseits hat das Landgericht für die Verkaufsvorgänge
vor dem 11. September 1998, dem Zeitpunkt in dem das Arzneimittelgesetz
geändert wurde, nicht geklärt, ob die kaufenden Tierärzte die Arzneimittel
als Endverbraucher erwarben, andererseits wurde bei einem Teil der von da an
abgeschlossenen Geschäfte eine Gewinnerzielungsabsicht des Angeklagten nicht
rechtsfehlerfrei verneint. Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof die
Annahme einer selbständigen Tat für jeden einzelnen Verkaufsvorgang
beanstandet und daher den Schuldspruch in zwei Tatkomplexen berichtigt.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hatte lediglich hinsichtlich eines Teils
der Freisprüche sowie hinsichtlich des Umfangs der Verfallsanordnung und des
unterbliebenen Berufsverbots Erfolg. Insbesondere hatte das Landgericht zu
Unrecht lediglich Wertersatzverfall für den Verkaufsreingewinn des
Angeklagten angeordnet und nicht für den gesamten bei den Geschäften
erzielten Umsatz, wie es das Gesetz mit dem Bruttoprinzip vorsieht. Zwar
besteht die Möglichkeit einer Ausnahme in Härtefällen. Die Kammer hat jedoch
bei der Anwendung der Härtefallregelung wesentliche Umstände nicht
berücksichtigt, insbesondere Indizien dafür, daß der Angeklagte Teile seines
Vermögens bewußt im Hinblick auf das Verfahren beiseite schaffte.

In der erforderlichen neuen Verhandlung wird daher insbesondere über die
Gesamtstrafe, den Umfang der Verfallsanordnung sowie über die Frage eines
Berufsverbotes zu entscheiden sei.

Urteil vom 3. Juli 2003 - 1 StR 453/02


 



 

  zum Seitenbeginn


© Copyright

AHO Aktuell ist ein Service von ANIMAL-HEALTH-ONLINE und @grar.de