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AHO Aktuell - 02.07.2003

EU: Neue Regeln für genetisch veränderte Organismen


Brüssel/Berlin (aho/lme) - Das Europäische Parlament hat heute in zweiter
Lesung ein Gesetzgebungspaket der Europäischen Kommission über genetisch
veränderte Organismen (GVO) verabschiedet, mit dem ein klares EU-System zur
Verfolgung und Kennzeichnung von GVO sowie zur Regulierung des
Inverkehrbringens und der Kennzeichnung von Lebens- und
Futtermittelprodukten aus GVO geschaffen wird. Die neuen Rechtsvorschriften
schaffen ein erweitertes zuverlässiges Konzept für GVO und genetisch
veränderte Lebens- und Futtermittel. Es wird die vollständige
Rückverfolgbarkeit von GVOs vom "Stall zum Teller" ermöglichen und wird
Verbrauchernumfassende Informationen geben durch Kennzeichnung aller Lebens-
und Futtermittel, die einen GVO enthalten, daraus bestehen oder daraus
hergestellt wurden.

Umweltkommissarin Margot Wallström sagte: "Die heutige Abstimmung ist ein
wichtiger Schritt, um die EU Gesetzgebung über GVOs vollständig umzusetzen.
Dies wird unsere internationale Glaubwürdigkeit verstärken und das Vertrauen
der Öffentlichkeit in neue Technologien verbessern. Ich möchte dem Parlament
zu seiner Unterstützung unserer Vorschläge gratulieren und ich freue mich
auf die Annahme von Seiten des Rates. Die Bestimmungen über die
Rückverfolgbarkeit sichern ein hohes Niveau an Umwelt- und Gesundheitsschutz
und bereiten den Weg für ein brauchbares Kennzeichnungssystem. Wir gehen
damit auf die Sorgen der Öffentlichkeit hinsichtlich der möglichen Umwelt-
und Gesundheitsfolgen von GVOs ein und ermöglichen es Verbrauchern, eine
Wahl zu treffen."

David Byrne, Kommissar für Gesundheits- und Verbraucherschutz, betonte: "Wir
haben nun das strengste Evaluierungssystem für GM-Lebensmittel
und -futtermittel, bevor sie in Umlauf gebracht werden können. Dies sollte
Verbrauern mehr Vertrauen in GV-Produkte geben, die auf ihre Sicherheit von
der unabhängigen Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit evaluiert
werden. Verbraucher werden die Wahl haben, ob sie ein GV-Lebensmittel
kaufen, weil sie ganz klar ausgezeichnet sein werden. Und zum ersten Mal
werden Bauern in der Lage sein, auf den Etiquetten zu sehen, ob sie
genetisch veränderte Futtermittel kaufen. Europa hat nun ein umfassendes und
transparentes Autorisierungssystem und eine Kennzeichnung, die eigentlich
nur Verbrauchervertrauen und Unternehmen stärken kann."

Rückverfolgbarkeit

Rückverfolgbarkeit stellt die Mittel zur Verfügung, GV-Produkte durch die
gesamte Produktions- und Vertriebskette zurück zu verfolgen. Für bestimmte
Produkte besteht der Grundsatz der Rückverfolgbarkeit bereits seit vielen
Jahren.

Spezifische Bestimmungen zur Rückverfolgbarkeit von Produkten, die GVO
enthalten oder daraus hergestellt sind, gibt es jedoch derzeit nicht.
Rückverfolgbarkeit erleichtert die Beobachtung der Auswirkungen auf die
Umwelt, die präzise Kennzeichnung und die Kontrolle der
Kennzeichnungsangaben. Auch würde es zusätzlich die Marktrücknahme im Falle
unerwarteter nachteiliger Wirkungen ermöglichen.

Die neue Verordnung zur Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung verlangt von
Unternehmen, die GV-Produkte benutzen oder weiterleiten, die
Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten, indem auf jeder Stufe des
Inverkehrbringens auf den Markt Informationen übermittelt und aufbewahrt
werden. Angaben über das Vorhandensein von GVO sind über die gesamte
Handelskette weiterzugeben und fünf Jahre aufzubewahren. Die Industrie muss
daher Systeme einrichten, mit denen sich nachvollziehen lässt, wem und von
wem GV-Produkte zur Verfügung gestellt werden.

Übermittlung und Speicherung der Informationen werden die Notwendigkeit von
Probenahmen und Tests verringern. Um ein koordiniertes Konzept für
Inspektionen und Kontrolle durch die Mitgliedstaaten zu erleichtern, wird
die Kommission vor der Anwendung der vorgeschlagenen Verordnung technische
Leitlinien für Probenahme- und Testverfahren erarbeiten.

Kennzeichnung

Die Verordnung erweitert die bestehenden Kennzeichnungsbestimmungen auf:

- alle aus GVO hergestellte Lebensmittel, unabhängig von der Nachweisbarkeit
von aus GVO hergestellter DNA oder Proteinen im Endprodukt;

- alle genetisch veränderten Futtermittel.

GV-Lebensmittel

Bereits heute muss ein Händler Lebensmittel entsprechend kennzeichnen, die
aus GVO bestehen oder diese enthalten. Dies umfasst auch Lebensmittel, die
aus GVO hergestellt wurden, sofern Spuren von DNA oder Proteinen aus der
genetischen Veränderung im Endprodukt nachweisbar sind (etwa Mehl aus
genetisch verändertem Mais).

Die Kennzeichnungsbestimmungen gelten jedoch nicht für bestimmte
Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten wie hochraffiniertes Soja- oder
Maisöl, die aus GV-Soja bzw. GV-Mais hergestellt sind. Mit den neuen
Regelungen werden die bestehenden Kennzeichnungsbestimmungen auch auf solche
aus GVO hergestellten Lebensmittel (Soja- oder Maisöl aus GV-Soja bzw.
GV-Mais) und Lebensmittelzutaten (Kekse mit Maisöl aus GV-Mais) ausgeweitet.
Der Verbraucher hat so die Möglichkeit, frei zu entscheiden. Auf dem Etikett
muss stehen "Dieses Produkt enthält genetisch veränderte Organismen" oder
"... hergestellt aus genetisch verändertem (veränderter) (Name des
Organismus)".

GV-Futtermittel

Die Einigung führt erstmalig umfassende Kennzeichnungsvorschriften für
GV-Futtermittel ein, die den Grundsätzen für GV-Lebensmittel folgen. Derzeit
gibt es keine Kennzeichnungsvorschriften für aus GVO hergestellte
Futtermittel. Mit der neuen Vorschrift wird jedoch eingeführt, dass
beispielsweise GV-Sojamehl und jedes Mischfuttermittel, das GV-Sojamehl
enthält, zu kennzeichnen sind. Dies gilt auch für Maiskleber aus genetisch
verändertem Mais.

Schwellenwerte für die Kennzeichnung

Geringfügige Spuren von GVO können in konventionellen Lebens- und
Futtermitteln bei Anbau, Ernte, Transport und Verarbeitung auftreten. Ob es
uns gefällt oder nicht dies ist die Realität. Es ist ein Aspekt, der nicht
nur bei GVO auftritt. Bei der Herstellung von Lebensmitteln, Futtermitteln
und Saatgut ist es praktisch unmöglich, 100 % reine Produkte zu erzielen.

Vor diesem Hintergrund strebt die EU an, Rechtssicherheit zu gewährleisten
und bestimmte Schwellenwerte festzulegen, ab denen konventionelle Lebens-
und Futtermittel zu kennzeichnen sind, die aus GVO bestehen, diese enthalten
oder daraus hergestellt wurden.

Nach den derzeitigen Bestimmungen muss das Vorhandensein von GV-Material in
herkömmlichen Lebensmitteln nicht gekennzeichnet werden, wenn sein Anteil
unter 1 % liegt und wenn nachgewiesen werden kann, dass sein Vorhandensein
unbeabsichtigt und technisch unvermeidbar ist. Das Parlament bestätigte
heute einen Schwellenwert, der nicht höher als 0,9 % sein darf.

GVO, die in der EU von Wissenschaftlern als sicher bewertet wurden

Nach den aktuellen Bestimmungen gibt es keine Toleranzschwelle für das
unbeabsichtigte Vorhandensein von GV-Material in Lebens- oder Futtermitteln,
die noch nicht zugelassen wurden, für die aber eine positive
wissenschaftliche Risikobewertung in der EU vorliegt. Das Parlament hat
heute für das unbeabsichtigte oder technisch unvermeidbare Vorhandensein
solchen GV-Materials einen Schwellenwert von 0,5% unterstützt, sofern der
Betreiber nachweisen kann, dass das Vorhandensein tatsächlich technisch
unvermeidbar ist. Produkte, bei denen dieser Schwellenwert überschritten
ist, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden. Diese Bestimmung wird nach 3
Jahren auslaufen.

Zulassungsverfahren

Klare Regeln für die Bewertung und Zulassung von GVO und GV-Lebensmitteln in
der EU sind in der EU festgelegt, aber die Zuständigkeiten sind zwischen
Mitgliedstaaten und EU aufgeteilt. Die Verordnung führt daher ein Verfahren
der "einheitlichen Anlaufstelle" für die wissenschaftliche Bewertung und die
Zulassung von GVO und GV-Lebens- und Futtermitteln ein, mit dem ein
zentralisiertes, übersichtliches und transparentes EU-System entsteht, bei
dem der Betreiber nur einen einzigen Antrag stellen muss. Die Verordnung
sieht vor, dass GVO, die in Lebens- und Futtermitteln eingesetzt werden
können, nur entweder für beide Zwecke oder überhaupt nicht zugelassen werden
können.

Die wissenschaftliche Bewertung wird von der Europäischen Behörde für
Lebensmittelsicherheit vorgenommen. Die Analysen werden veröffentlicht, die
Öffentlichkeit kann dazu Stellung nehmen.

Auf der Grundlage der Stellungnahme der Europäischen Behörde für
Lebensmittelsicherheit erarbeitet die Kommission einen Vorschlag, die
Zulassung zu erteilen oder zu verweigern. Der Vorschlag wird, wie dies
bereits jetzt geschieht, mit qualifizierter Mehrheit der Mitgliedstaaten in
einem Regulierungsausschuss verabschiedet. Zugelassene Produkte werden in
ein öffentliches Register von GV-Lebens- und Futtermitteln eingetragen.

Die Zulassung wird für einen Zeitraum von 10 Jahren erteilt, gegebenenfalls
wird ein Überwachungsplan nach dem Inverkehrbringen vorgeschrieben.
Zulassungen sind jeweils um weitere 10 Jahre verlängerbar.

Das vereinfachte Verfahren für das Inverkehrbringen von GV-Lebensmitteln,
die als im wesentlichen gleichartig mit bestehenden Lebensmitteln angesehen
werden, wird abgeschafft.

Bereits vorhandene GV-Produkte werden auch weiter auf dem Markt bleiben
können. Die Betreiber werden jedoch verpflichtet, der Europäischen
Kommission innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung
Feststellungsverfahren zu übermitteln. Die Verordnung benennt das Gemeinsame
Forschungszentrum der Kommission als neues Referenzlabor der Gemeinschaft,
mit der Hauptaufgabe, Feststellungsverfahren zu validieren. Das GFZ wird
auch weiterhin mit dem "Europäischen Netz der GVO-Laboratorien"
zusammenarbeiten.

Auch bereits bestehende GVO-Produkte werden in das öffentliche Register
aufgenommen, und auch für diese gilt die Frist von 10 Jahren ab dem Tag des
ersten Inverkehrbringens des Produkts.


Ko-Existenz

Maßnahmen, die sicherstellen, dass die Produktion von biologischem und
konventionellem Getreide neben der Produktion von GV-Getreide ko-existieren
können, werden mit der Zweiten Lesung des Parlamentes in das Gesetz zu
GV-Lebensmittel und -Futtermittel eingeführt. In diesem Kontext wird es den
Mitgliedstaaten ermöglicht, angemessene Aktionen zu ergreifen, um das nicht
beabsichtigte Vorhandensein von GVOs in anderen Produkten zu verhindern. Die
Kommission wird noch vor dem Sommer eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten
verabschieden, die einen Rahmen bilden werden, diese Maßnahmen in der Praxis
umzusetzen.

Die nächsten Schritte

Der Rat muss die Resultate der Zweiten Lesung bestätigen , bevor die
Verordnungen 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in
Kraft treten können. Unternehmen müssen neuen Bestimmungen zur
Kennzeichnungspflicht 6 Monate nach dem Veröffentlichungsdatum Folge
leisten.


 



 

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