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AHO Aktuell - 27.06.2003

Negative Erfahrungen bei der Anwendung des Tierarzneimittelrechts


Berlin (hib/HAU) - Über zumeist negative "Erfahrungen bei der Anwendung des
Tierarzneimittelrechts" seit Inkrafttreten der 11. Novelle des
Arzneimittelgesetzes (AMG) berichteten Experten und Sachverständige
anläßlich einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft am Mittwochnachmittag. Das
Tierarzneimittelrecht war im letzten Jahr mit dem Ziel geändert worden,
einen missbräuchlichen und illegalen Umgang mit Tierarzneimitteln und
Rohstoffen zu verhindern, eine Sicherung und weitere Verbesserung des
gesundheitlichen Verbraucherschutzes und des Tierschutzes zu gewährleisten
sowie Antibiotikaresistenzen beim Einsatz von Tierarzneimitteln zu
minimieren.

Nach Ansicht des Deutschen Bauernverbandes sind die Vorschriften der
AMG-Novelle zwar prinzipiell durchführbar, allerdings zu Lasten eines
besseren Tiergesundheitsmanagements. Insbesondere mit der
7-Tage-Fristenregelung, die dem Tierarzt vorschreibt, höchstens eine
Antibiotikamenge ausreichend für sieben Tage zu verschreiben, würden per
Gesetz unsinnige tierärztliche Besuche angeordnet, die zudem hohe Kosten
ohne Mehrnutzen mit sich brächten. Die Interessengemeinschaft der
Schweinehalter Nord-Westdeutschland e.V. kritisierte ebenfalls die
Fristenregelung in der Novelle. Die vorgegebenen starren Besuchsrhythmen
gingen zu Lasten einer ordnungsgemäßen Bestandsbetreuung im Sinne einer
vorsorgenden Beratung zu Fragen des Tiergesundheitsmanagements. Eine
verantwortungsbewusste tierärztliche Tätigkeit sei so nicht durchführbar.
Vor jeder Tierbehandlung eine Diagnose durch den Tierarzt stellen zu lassen,
wie in der 11. AMG-Novelle gefordert, ist nach Ansicht der
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) nur eingeschränkt
möglich. Der Landwirt müsse in besonderen Fällen ohne tierärztliche Diagnose
behandeln dürfen. Die sogenannte 7-Tage-Regelung trage seiner Meinung nach
ebenfalls nicht zur Verbesserung der Betreuung der Tierbestände, zu einer
Verringerung des Arzneimitteleinsatzes und zur Verbesserung der
tierärztlichen Therapie bei. Der Experte sprach sich für eine Verlängerung
der 7-Tage-Regelung auf 31 Tage in Verbindung mit einer vertraglich
geregelten Bestandsbetreuung aus.

Professor Thomas Blaha, Leiter der Außenstelle für Epidemiologie der
Tierärztlichen Hochschule Hannover, sieht ebenfalls Probleme bei der
Umsetzung der 11. AMG-Novelle. Sie führe bei den vorhandenen
landwirtschaftlichen Strukturen zu einem sofortigen zusätzlichen Bedarf von
mindestens 30 Prozent mehr Tierärzten in der Nutztierpraxis, die auf dem
Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stünden. Dadurch sei die tierärztliche
Betreuung insbesondere der Klein- und Kleinstbestände zum Nachteil von
Verbraucherschutz und Tierschutz in absehbarer Zeit gefährdet. Der 1.
Vizepräsident der Bayerischen Landestierärztekammer, Rupert Ebner, beklagte
die unklare Rechtslage in der sich Tierärzte oftmals befinden. So führe die
häufig wechselnde Zulassungssituation für einzelne Tierarzneimittel zu
Verwirrungen. Heinrich Grußendorf vom Bundesverband praktischer Tierärzte
sieht durch die Novelle die Therapiemöglichkeiten sowie die freiberufliche
Verantwortlichkeit der Tierärzte eingeschränkt. Die starren Regelungen
erlaubten kein den unterschiedlichen Tierarten und betriebsindividuellen
Gegebenheiten angepasstes Arbeiten des Tierarztes. Aus der Sicht der
praktizierenden Tierärzte habe sich außerdem die Überwachungslage
hinsichtlich des Verkehrs mit Arzneimitteln nicht verbessert.


 



 

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