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AHO Aktuell - 30.05.2003

EU-Erweiterung: Schweinebestand wächst um ein Viertel


(ZMP) – Mit der Erweiterung der Europäischen Union zum 1. Mai 2004 wird der
EU-Schweinebestand um gut 32 Millionen Tiere oder rund 26 Prozent auf dann fast
154 Millionen Tiere wachsen. Durch den Beitritt zur EU dürfte der Agrarsektor der
Beitrittsländer einen gewaltigen Strukturwandel erleben: Viele Kleinbetriebe
werden die Schweineproduktion voraussichtlich aufgeben. Die einzigen Exportländer
auf dem Schweinefleischsektor sind Polen und Ungarn. Alle anderen Länder
produzieren vorerst nur für den Eigenbedarf oder sind sogar Importeure. Dennoch
wird sich mit der EU-Erweiterung wahrscheinlich ein zusätzlicher Preisdruck auf
dem europäischen Schweinefleischmarkt aufbauen.
Für die deutsche Fleischwarenindustrie sehen Marktexperten gute
Steigerungsmöglichkeiten beim Export von Fleischabschnitten und Nebenprodukten.
Nach Öffnung der EU-Grenzen und Wegfall der Zölle dürften polnische
Fleischvermarkter zwar zusätzliche Absatzmärkte in Italien und Spanien suchen, und
sicherlich werden auch viele polnische Schweine in grenznahen Regionen
Ostdeutschlands geschlachtet und zerlegt, die in den Beitrittsländern gemästeten
Schweine haben im Schnitt aber hohe Schlachtgewichte von über 100 Kilogramm und
einen niedrigen Magerfleischanteil. Wahrscheinlicher ist es daher, dass die
ungarischen und polnischen Exporteure ihre Absatzbemühungen auf den russischen und
osteuropäischen Markt konzentrieren werden. Dort würden sie dann allerdings mit
deutschen Exporteuren konkurrieren.

Kleinbetriebe überwiegen

In den Beitrittsländern Estland, Lettland, Litauen, Polen, Ungarn, der
Slowakischen und der Tschechischen Republik sowie Malta und Zypern werden Schweine
überwiegend in Kleinstbetrieben gehalten. Die marktfähige Produktion übernehmen
aber hauptsächlich Großbetriebe, die in den osteuropäischen Ländern aus den
früheren Produktionsgenossenschaften oder Staatsgütern hervorgegangen sind.
Besonders in Ungarn, Tschechien und der Slowakei wird die
Schlachtschweineerzeugung von solchen Großbetrieben dominiert. In Ungarn findet
sich die Hälfte des gesamten Schweinebestandes in 800 bis 900 Großbetrieben; 1,2
Millionen Schweine oder fast ein Viertel des Gesamtbestandes werden in 350.000
Kleinstbetrieben gehalten, die jeweils nur bis zu fünf Tiere haben. Sehr
uneinheitlich ist die Struktur in Polen: Die Hälfte der polnischen Schweinehalter,
das sind rund eine Million Bauernhöfe, hat weniger als zehn Schweine.
Diese Strukturen belasten nicht nur die Logistik- und Transportkosten der
Schlachtbetriebe, sie behindern auch die Bereitstellung qualitativ einheitlicher
Großpartien.
Gegenwärtig laufen Bemühungen, in die veraltete und ineffiziente
Schweineproduktion zu investieren, um wettbewerbsfähig zu werden. Oft fehlt es
jedoch an Kapital. Der seit Jahren angestaute Investitionsrückstand kann trotz
hoher Förderungen nicht so schnell aufgeholt werden. Vergleicht man das derzeitige
Niveau der polnischen Schweineproduktion mit wichtigen deutschen
Leistungsparametern, so besteht wohl noch ein Gefälle von etwa 20 Prozent.

Viele Schlachthöfe noch nicht EU-konform

In den Beitrittsländern gibt es erst sehr wenige EU-konforme Schlachthöfe. In
Polen beispielsweise sind von rund 2.700 Schlachtbetrieben nur 20 EU-konform.
Betriebe ohne EU-Zulassung dürfen aber nicht in die EU liefern, sondern nur nach
Drittländern. Hierfür kann eine Übergangsfrist bis spätestens 2006 beantragt
werden. An nationale Handelsketten, die den EU-Stempel verlangen, kann ebenfalls
nicht geliefert werden. Da viele kleine Schlachthöfe nicht über die erforderlichen
Finanzmittel verfügen, wird es auch in der Schlachtbranche zu einem Strukturwandel
kommen. Die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel wird außerdem dazu führen,
dass sich die Handelsketten leistungsfähige Lieferanten suchen werden, die
imstande sind, große und einheitliche Partien auf westeuropäischem Niveau zu
liefern.
Die Schlachtschweinepreise entwickelten sich in den vergangenen Jahren in den
Beitrittsländern ähnlich wie in der EU. Es gibt zwar noch Unterschiede zwischen
den Ländern, mit Wegfall der nationalen Stützungsmaßnahmen dürften sie jedoch
kleiner werden. In Polen und Ungarn verfolgen die Subventionen den Zweck, die
Verluste der Schweinemäster bei den niedrigen Erzeugerpreisen auszugleichen.
Derzeit liegen die Schlachtschweinepreise in Polen um zehn bis 15 Cent je
Kilogramm Schlachtgewicht unter dem deutschen Niveau, in Ungarn dagegen sind die
Preise aufgrund der Stützungsmaßnahmen um etwa 15 Cent je Kilogramm höher als bei
uns. Offenbar ist eine rentable Schweineproduktion in Polen erst bei Preisen ab
1,44 bis 1,54 Euro je Kilogramm Schlachtgewicht möglich.



 



 

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