Aktuelle Meldungen  -  Nachrichten suchen  -  kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

AHO Aktuell - 05.05.2003

Neues Arzneimittelrecht und Parasitenbekämpfung

Probleme am Beispiel der Rinderpraxis


von Dr. Schneichel, Tierklinik Mayen

Zielkonflikte ergeben sich einerseits aus der Zielsetzung des AMG bzw. der seit
dem 1. Nov. 2002 gültigen 11. AMG-Novelle, den Arzneimitteleinsatz bei Tieren zu
minimieren (unter Umgehung d. Prophylaxe ?) und andererseits aus dem Auftrag der
Tierärzte (Berufsordnung), Leiden, Schmerzen und Krankheiten der Tiere zu verhüten
sowie der eigentlichen Zielsetzung des Arzneimittelgesetzes (§ 1), nicht zu
vergessen die Verpflichtung des Tierschutzes. Für das Gebiet der
Parasitenbekämpfung bei landwirtschaftlichen Nutztieren, namentlich bei Rindern,
verdienen insbesondere Prophylaxe-Maßnahmen in diesem Zusammenhang besondere
Beachtung.

1. Vorbeugung eines Wurmbefalls

Bisher üblich, weit verbreitet und auch sehr erfolgreich war die Eingabe eines
lang wirkenden Bolus ( oder auch wiederholter Aufguß- Behandlungen ) zur Verhütung
eines wurmbedingten Gesundheitsrisikos, das hauptsächlich erstsömmrige Jungrinder
betrifft.
Im Lichte der neuen Arzneimittelgesetzgebung ist zu fragen :
Reicht als „Begutachtung“ ( = Diagnose ) der vorbeugend zu behandelnden Tiergruppe
die tierärztliche Erfahrung ( oder auch die des Landwirtes besonders in dem Falle,
wenn der Betrieb für den Tierarzt ein Neukunde ist ? ), dass die Weide
kontaminiert ist ( z.B. ein Lungenwurmschadgebiet ist ) und dass ein hohes
Ansteckungs - bzw. Gesundheitsrisikos besteht, aus, um gesetzeskonform zu
behandeln ?
( Die üblichen diagnostischen Kotuntersuchungen haben natürlich zum Weidebeginn
ein negatives Ergebnis ! )

2. Bestandsbehandlungen

Dem bekannten Phänomen latenter ( klinisch unauffälliger und diagnostisch nicht
fassbarer ) Milbenträger in einem Milchviehbestand wurde bisher mit einer
Bestandsbehandlung begegnet, ohne dass am Einzeltier Milbenbefall / Räude
diagnostiziert wurde. Behandelt wurden alle Tiere, also auch die ohne Symptome (
und vielleicht auch ohne Milben ! ).
Zur Verhütung der Einschleppung von Milben mit klinisch unauffälligen
Zutreter-Färsen wurden diese vor der Eingliederung ebenfalls vorbeugend behandelt.
Ist die potenzielle Gefahr der Re-Infektion durch unbehandelte Kühe bzw. der
Erreger-Einschleppung ausreichender Grund für eine Bestandsbehandlung ?

3. Bekämpfungsprogramme/ Abgabe für 7 Tage bzw. ausnahmsweise für 31 Tage

Der Kern des Konzeptes der strategischen Parasitenbekämpfung sind Programme, in
denen Behandlungen langfristig geplant sind. Ihr parasitologisches Ziel ist die
Unterbrechung der Infektkette ( = Vorbeuge der Weidekontamination, d.h. der
Ansteckung ) und damit langfristig eine wirkliche Minimierung des
Arzneimitteleinsatzes. Ihre Terminisierung wird im wesentlichen von der Biologie
der Parasiten bestimmt!
Sind die jeweiligen Behandlungen, verteilt über die gesamte Weidesaison, immer
wieder diagnostisch zu untermauern ?
Darf die benötigte Gesamtmenge einmalig zu Beginn des Programms an den Landwirt
abgegeben werden ?

Wird die Sicherung des Behandlungserfolges damit evtl. in Frage gestellt ?

Fazit

Die neuen gesetzlichen Vorgaben zum Arzneimittel-Einsatz bei landwirtschaftlichen
Nutztieren bringen für die vorbeugende Parasitenbekämpfung Schwierigkeiten mit
sich. Bei strenger Auslegung besteht die Gefahr, dass das Ziel der
Krankheitsverhütung nicht in der notwendigen und auch möglichen Qualität erreicht
wird. Damit entsteht unmittelbar ein Konflikt mit dem Tierschutz , und mittelbar,
d.h. wenn Heilbehandlungen erforderlich werden sollten, auch mit dem eingangs
erwähnten Ziel der Novelle ( minimierter Arzneimitteleinsatz ) und damit mit dem
Verbraucherschutz.

Die Weiterentwicklung des tierärztlichen Wissenstandes auch für die Humanmedizin
(Zoonosen) ist in Frage gestellt !



 



 

  zum Seitenbeginn


© Copyright

AHO Aktuell ist ein Service von ANIMAL-HEALTH-ONLINE und @grar.de