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AHO Aktuell - 16.04.2003

Deutscher Tierärztetag: Verbraucherschutz, Tierschutz, Arzneimittelrecht


Bonn (btk) - Vom 9. bis zum 11. April trafen sich etwa 430 Tierärztinnen und
Tierärzte aus ganz Deutschland zum 23. Deutsche Tierärztetag in Magdeburg. Sie
diskutierten am 10. April in fünf Arbeitskreisen über Lebensmittelsicherheit,
Tierschutz in der Nutztierzucht, Tierarzneimittelrecht, das künftige Berufsbild
und Qualitätsmanagement. Am 11. April fasste die Hauptversammlung
richtungsweisende Beschlüsse zu diesen und weiteren aktuellen Themen.

Tierarzt und Lebensmittelsicherheit, Überwachung von Futtermitteln

Der gesundheitliche Verbraucherschutz hat einen wachsenden Stellenwert. Nationale
und internationale Regelungen setzen zunehmend auf das Vorsorgeprinzip. Das
Weißbuch der Europäischen Union legt das Prinzip „from table to stable“ zu Grunde:
Alle Stufen der Lebensmittelkette sollen lückenlos einbezogen werden in die
Regelung von Sicherheit und Qualität, in die Überwachung und in die Rückverfolgung
der Herkunft.
Futtermittel stehen am Anfang dieser Kette und waren in den letzten Jahren der
Ausgangspunkt für viele große Lebensmittelskandale. Als ein wesentliches Problem
haben sich bei den Skandalen immer wieder Mängel in Kommunikation und
Koordinierung sowie eine fehlende Verknüpfung von Futtermittel- und
Lebensmittelüberwachung gezeigt. Der 23. Deutsche Tierärztetag stellt deshalb die
Forderung, die Zuständigkeit für die amtliche Futtermittelüberwachung den
Veterinärdienststellen der Länderministerien zu übertragen um die verschiedenen
Aspekte in der Kette der Überwachung (Futtermittel, Tierarzneimittel,
Lebensmittel) besser zu verzahnen. Die Synergieeffekte sind geeignet, den
gesundheitlichen Verbraucherschutz zu stärken.
Mit der Umsetzung des Weißbuchs der EU werden zz. Rechtsvorschriften für den
Lebensmittelbereich umfassend neu gestaltet. Vielfach ist vorgesehen, dass
amtliche Untersuchungen auch betriebseigenem Personal übertragen werden können.
Der 23. Deutsche Tierärztetag lehnt dies ab, weil der gesundheitliche
Verbraucherschutz dabei durch wirtschaftliche Interessen gefährdet werden könnte.
Der 23. Deutsche Tierärztetag beschloss außerdem Maßnahmen, mit denen die neuen
Anforderung erfüllt werden können, die EU-weit ab 2005 an die Qualifikation des
amtlichen Tierarztes gestellt werden.

Tierschutz in der Nutztierzucht und bei Transporten

Bei Nutztieren gibt es Entwicklungen in der Zucht, die gegen den so genannten
Qualzuchtparagrafen des Tierschutzgesetzes verstoßen. Erbfehler als körperliche
Missbildungen oder als Funktionsstörungen werden in der Nutztierzucht geduldet,
wenn sie keinen größeren wirtschaftlichen Schaden verursachen; belastete Tiere
werden teils sogar bewusst zur Zucht eingesetzt, wenn sie gleichzeitig besonders
hohe Leistungen bringen. Ein noch größeres Problem stellen korrelierte
Selektionsfolgen dar, d. h. negative Begleiterscheinungen einer Zucht auf extreme
Leistung, beispielsweise bei der Mastleistung bei Schwein und Geflügel oder der
Milchleistung beim Rind.
Der 23. Deutsche Tierärztetag fordert die Bundesregierung auf, die Missstände
tierschutzrechtlich mit einer Rechtsverordnung aufgrund des Qualzuchtparagrafen zu
reglementieren und zusätzlich im Tierzuchtrecht zu berücksichtigen.

Um den Tierschutz bei Tiertransporten zu verbessern, fordert der 23. Deutsche
Tierärztetag, dass alle Schlachttiertransporte, die voraussichtlich länger als
vier Stunden oder mehr als 300 Kilometer dauern, vor Transportbeginn von einem
amtlichen Tierarzt überprüft werden. Damit soll sichergestellt werden, dass nur
transportfähige Tiere verladen werden, keine unnötigen Belastungen entstehen, nur
geeignete Fahrzeuge verwendet und Ladedichten und Transportzeiten eingehalten
werden.

Tierarzneimittelrecht

Die Delegierten betonten, dass Tierschutz und Verbraucherschutz zentrale Anliegen
tierärztlicher Tätigkeit seien. Sie vertraten die Auffassung, dass die 11. Novelle
des Arzneimittelgesetzes, die seit November 2002 in Kraft ist, zu einem
übermäßigen bürokratischen Aufwand und geringer Effizienz geführt habe und eine
moderne, auf Nachhaltigkeit ausgerichtete tierärztliche Tätigkeit nicht fördere.
Der 23. Deutsche Tierärztetag fordert deshalb schnellstmögliche Änderungen des
Arzneimittelrechts, besonders hinsichtlich des Behandlungsbegriffs, der so
genannten 7-Tage-Regelung und der Umwidmung. Die Bundesländer bittet der
Tierärztetag um eine einheitliche Anwendung der vorliegenden Auslegungshinweise
zum Arzneimittelgesetz. Der 23. Deutsche Tierärztetag fordert außerdem von
pharmazeutischer Industrie und Bundesregierung, aktiv zu werden, um Engpässe in
der medikamentösen Therapie zu beseitigen.

Künftiges Berufsbild und Qualitätsmanagement

Die Zukunft des tierärztlichen Berufsbildes wird von zwei Seiten bestimmt: Den
Anforderungen privater Klientel und des Gesetzgebers einerseits und dem Zuwachs an
wissenschaftlichen Erkenntnissen andererseits. Der 23. Deutsche Tierärztetag
verabschiedete eine Reihe von Maßnahmen, die durch den Berufsstand selber oder
durch den Gesetzgeber mittels einer Reform des Studiums zu ergreifen sind, um
künftigen Herausforderungen gerecht werden zu können.
Um die Qualität tierärztlicher Leistungen zu sichern, empfiehlt der 23. Deutsche
Tierärztetag den Landestierärztekammern, die Qualitätssicherung als Berufspflicht
in die Berufsordnungen aufzunehmen. Der „Codex Good Veterinary Practice“, den der
Bundesverband Praktizierender Tierärzte ausgearbeitet hat, soll als Basis für
Qualitätsmanagement und -sicherung in Tierarztpraxen dienen.

Gebührenanpassung Ost

Der 23. Deutsche Tierärztetag fordert die Bundesregierung auf, die Gebühren für
tierärztliche Leistungen in den neuen Ländern kurzfristig auf 90 und mittelfristig
auf 100 Prozent des in den alten Ländern geltenden Satzes anzuheben. In den neuen
Ländern gilt bisher ein Gebührenabschlag von 16 Prozent, die realen Kosten der
Tierarztpraxen sind aber bis auf die Personalkosten genauso hoch, wie im Westen;
Investitionen in moderne medizinische Ausstattung sind damit erschwert, obwohl sie
im Sinne der Tierhalter und des Tierschutzes notwendig wären. Bei anderen Freien
Berufen gilt inzwischen kein Abschlag mehr oder er beträgt höchstens 10 Prozent.

Bundestierärztekammer und Deutscher Tierärztetag – neue Satzung

Ebenfalls in Magdeburg tagte am 9. April die Delegiertenversammlung der
Bundestierärztekammer und beschloss u. a. eine neue Satzung. Mitglieder der
Bundestierärztekammer können danach künftig nur noch die 17 Landestierärztekammer
sein, andere tierärztliche Organisationen sind als Beobachter zu den
Delegiertenversammlungen zugelassen. Der Deutsche Tierärztetag ist weiterhin
Bestandteil der Satzung und alle drei Jahre einzuberufen – seine genaue Form als
Forum möglichst aller tierärztlicher Organisationen ist neu zu gestalten.

 



 

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