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AHO Aktuell - 01.04.2003

Häufig Antibiotika-Resistenz bei Salmonellen und Colibakterien


Berlin (aho) - Nach neuesten Erkenntnissen von Experten des
Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) in Berlin sind in der Rind-,
Schweine- und Geflügelfleischproduktion die Raten potentieller
Krankheitskeime, die gegen Antibiotika unempfindlich (resistent) sind,
noch immer zu hoch.

"Wir haben in den letzten Jahren zwar einen Rückgang der Gesamtzahl
resistenter Keime bei den Salmonellen beobachtet," sagt Dr. Reiner
Helmuth, Leiter des Nationalen Referenzlabors für Salmonellen im BfR,
"aber wir bewegen uns noch immer auf hohem Resistenzniveau. Sorge
bereitet uns vor allem, dass die Rate der Keime, die gleichzeitig gegen
mehrere Antibiotika unempfindlich sind, nur geringfügig abgenommen hat.
Das gilt sowohl für Keime aus den Tierställen als auch für Keime, die
aus Lebensmitteln stammen." Das BfR erneuert deshalb seine Forderung,
Antibiotika im Tierbestand äußerst restriktiv einzusetzen.

Seit 1999 verfolgen die Wissenschaftler im Forschungsprojekt "Erfassung
phänotypischer und genotypischer Resistenzeigenschaften bei Salmonella-
und Escherichia (E.) coli-Isolaten vom Tier, aus Lebensmitteln,
Futtermitteln und der Umwelt" die Entwicklung von Resistenzen. Bei
beiden Keimen handelt es sich um Erreger von sogenannten "Zoonosen":
Krankheiten, die sie verursachen, können vom Tier auf den Menschen
übertragen werden. Die im Projekt untersuchten Keime werden an
staatlichen und privaten Einrichtungen isoliert und an das Nationale
Referenzlabor für Salmonellen gesandt. Die Überwachungsbehörden der
Bundesländer nehmen die Proben sowohl im Bestand (am lebenden Tier) als
auch aus Lebensmitteln. Im Nationalen Referenzlabor werden sie dann mit
modernen molekularbiologischen Methoden hinsichtlich ihrer
Resistenzeigenschaften analysiert.

Im Forschungsprojekt werden zwei gegenläufige Trends sichtbar: Insgesamt
ist der Anteil der Salmonella-Keime, die gegen nur einen Wirkstoff
resistent sind, sowohl beim Rind, als auch bei Schwein und Geflügel
deutlich zurück gegangen. Die Zahl multiresistenter Salmonella-Keime
sinkt dagegen beim Rind und Schwein nur leicht. Beim Geflügel ist sie
sogar geringfügig angestiegen. Gleichzeitig hat bei den Salmonella- und
E. coli-Keimen aus Geflügelbeständen die Zahl Chinolon-resistenter
Isolate stark zugenommen. Dieser Trend verlangt besondere
Aufmerksamkeit, weil es sich bei den Chinolonen um Antibiotika handelt,
die in der Humanmedizin zur Behandlung von schweren
Infektionskrankheiten eingesetzt werden. Bei lebensbedrohlichen
Salmonella-Infektionen etwa sind sie das Mittel der Wahl.

Ursache für die Zunahme der Chinolon-Resistenz ist nach Ansicht des
BfR die weitverbreitete Behandlung ganzer Geflügelbestände mit
Fluorchinolonen, um der Ausbreitung von Krankheiten vorzubeugen.
Eine Praxis, die aus Gründen des vorbeugenden Verbraucher- und
Gesundheitsschutzes aufgegeben werden sollte. Denn sowohl die
untersuchten Salmonella- als auch die E. coli-Stämme können beim
Menschen schwerwiegende Erkrankungen auslösen. Handelt es sich
dabei um resistente Stämme, können die Erkrankungen nur schwer
behandelt werden; vereinzelte Therapieversager und Todesfälle sind
bereits beschrieben.

Problematisch ist nach Ansicht der BfR-Wissenschaftler auch, dass die
beim Rind und Schwein gefundenen resistenten Keime zu über 90 %
unempfindlich gegenüber fünf und mehr verschiedenen Antibiotika sind.
Das gilt für E. coli- und Salmonella-Stämme gleichermaßen. Träger dieser
Resistenz sind sogenannte "Integrons". Bei "Integrons" handelt es sich
um genetisches Material. Sie sind sehr mobil und wirken als eine Art
"Gentaxi". Sie können Resistenzgene sowohl innerhalb der eigenen Art
(horizontal) als auch artübergreifend (vertikal) "transportieren". Damit
besteht die Gefahr, dass die Multiresistenz auch auf bisher
nichtresistente Salmonella- bzw. E. coli-Stämme, möglicherweise sogar
auf andere Zoonosen-Erreger überspringt.

Die bisherigen Ergebnisse des Forschungsprojekts zeigen, dass es
zwischen den aus Lebensmitteln und Tierbeständen isolierten resistenten
Keimen weder im Hinblick auf die genetischen Eigenschaften noch auf die
Häufigkeit des Vorkommens der Resistenzen Unterschiede gibt. Das
bedeutet, dass resistente Zoonosen-Erreger aus den Ställen über die
Nahrung zum Menschen gelangen können.

Wiederholt hatte in der Vergangenheit die Vorgängerinstitution des BfR,
das BgVV, Landwirte, Mastbetriebe und Tierärzte aufgefordert,
Antibiotika in der Tierproduktion nur zur Behandlung tatsächlich kranker
Tiere einzusetzen, um die Ausbreitung resistenter Keime einzudämmen.
Unterstützt wird das Institut darin von der Bundestierärztekammer.

Der 3. Zwischenbericht des Forschungsprojekts "Erfassung phänotypischer
und genotypischer Resistenzeigenschaften bei Salmonella- und E.
coli-Isolaten vom Tier, aus Lebensmitteln, Futtermitteln und der Umwelt"
kann hier als PDF-Dokument heruntergeladen werden.

 



 

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