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AHO Aktuell - 13.03.2003

Gene für Prion-Proteine beim Lachs und Kugelfisch identifiziert


München (idw) - Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität
haben in Zusammenarbeit mit Forschern des Robert-Koch-Instituts,
Berlin, das Gen für ein Prion-Protein beim Lachs entschlüsselt.
Prion-Proteine werden von Nervenzellen gebildet, stehen
aber auch in Zusammenhang mit "transmissiblen spongiformen
Enzephalopathien" (TSE), also übertragbaren Erkrankungen des Gehirns,
die zum Tode führen. Bekannte Beispiele dafür sind BSE bei Rindern und
Scrapie bei Schafen. Menschen können verschiedene TSE entwickeln, unter
anderem die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD). Das Projekt "TSE bei
Fischen" wurde im Rahmen des Prion-Forschungsverbundes durchgeführt,
der von der Bayerischen Staatsregierung gefördert wird.

"Unsere bisherigen Analysen zeigen eine überraschend hohe
Übereinstimmung der Sequenz des Fisch-Prion-Proteins und der im
Menschen", berichtet Prof. Rudolf Hoffman, Projektleiter und Vorstand
des Instituts für Zoologie, Fischereibiologie und Fischkrankheiten der
LMU. "Allerdings ist die Übertragung einer TSE von Fischen auf den
Menschen doch sehr unwahrscheinlich, weil Mensch und Fisch nicht sehr
nahe verwandt sind. Ausschließen lässt es sich aber nicht: Spontanfälle
der neuen Form der CJD beim Menschen lassen sich nie auf ein bestimmtes
Ereignis zurückführen."

Eine normale Form der Prion-Proteine wird beim Menschen und sehr vielen
Tierarten im Gehirn gebildet. Nach heute weitgehend akzeptierter Theorie
soll eine andere Form dieser Prionen, die sich nur in der
dreidimensionalen Struktur, nicht aber in der Sequenz von ihrem
"gesunden" Pendant unterscheidet, für eine Reihe tödlicher Erkrankungen
ursächlich sein. Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen bewirkt
ein Absterben von Nervenzellen im Gehirn. Die Patienten verlieren die
Bewegungskontrolle, werden dement, paralysiert und sterben letztlich
daran. Auch wenn eindeutige Beweise ausstehen, gibt es starke Hinweise
darauf, dass der Verzehr von BSE-Rindern beim Menschen eine neue Form
der CJK auslösen kann.

Ob Fische an TSE erkranken können, lässt sich noch nicht beantworten.
"Spontane TSE bei Fischen ist nicht bekannt", berichtet Professor
Hoffmann. "Allerdings ist eine derartige Beobachtung auch nicht leicht
zu machen, weil Fische mit Störungen im zentralen Nervensystem sehr
schnell durch Raubfische oder durch Artgenossen in einer Zucht beseitigt
werden. Einzelne verendete Tiere werden nicht untersucht, und klinisch
auffallende Beobachtungen bei Einzeltieren sind bei der heutigen
Massenhaltung de facto auch nicht möglich." Besonders schwer ist der
Nachweis von TSE bei Knochenfischen - zu denen der Lachs ebenso wie die
meisten anderen in europäischen Zuchten genutzten Fischarten gehört -,
weil die Tiere mehrere Kopien des Gens für Prion-Proteine haben könnten.
Diese unterscheiden sich in ihrer Sequenz, die aber entscheidend ist für
die Fähigkeit, sich in die infektiöse Form des Prion-Proteins zu falten.


Ein Knochenfisch, bei dem bereits zwei verschiedene Kopien des Gens für
das Prion-Protein entschlüsselt wurden, ist der japanische Kugelfisch
Fugu rubripes. Als ein wichtiges Untersuchungsobjekt von Genomforschern
verhalf er Professor Hoffmann gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin Dr.
Birgit Oidtmann und Dr. Michael Baier vom Berliner Robert-Koch-Institut
zum Durchbruch. Denn die DNA-Sequenz des Kugelfisches ist fast
vollständig entschlüsselt, was den Forschern die Suche nach den Kopien
des Prion-Proteins erleichterte. Diese Daten wiederum ermöglichten eine
gezielte und letztlich auch erfolgreiche Fahndung nach dem Prion-Gen im
Lachs-Genom.

Der dramatische Anstieg von BSE bei Rindern in den letzten zwei
Jahrzehnten, vor allem in Großbritannien, wird darauf zurückgeführt,
dass Tierkörpermehl an die Tiere verfüttert wurde. Zu Pulver verarbeitet
wurden dabei auch an Scrapie erkrankte Schafe, wobei die Kadaver nicht
genug erhitzt wurden, um die fehlgefalteten Prionen zu zerstören.
Ausgangspunkt für die Untersuchungen der Münchner Forscher war, dass in
Großbritannien Tierkörpermehle auch in Lachsfarmen verfüttert wurden.
"Hypothetisch hätte sich dort auch eine Übertragungskette aufbauen
können", so Prof. Hoffmann. "Voraussetzung dafür wäre, dass Lachse
entsprechende Prion-Proteine bilden, was nicht bekannt war, jetzt aber
von uns bewiesen werden konnte. Innerhalb der Fischbestände hätten sich
die veränderten Prionen dann durchaus halten können, weil auch
Fischreste zu Mehl verarbeitet und verfüttert werden - vor allem Schädel
und Wirbelsäulen, und damit das bei TSE befallene zentrale
Nervensystem."

Die Forscher aus München und Berlin werden auch weiterhin der Frage nach
TSE bei Fischen gemeinsam nachgehen, wobei sie auf eine
Nachfolgefinanzierung angewiesen sind. "Mittlerweile ist es zwar
verboten, Tierkörpermehle an Lachse zu verfüttern", so Hoffmann. "Wir
wollen aber trotzdem Versuche mit Fischprionen im Reagenzglas und auch
Infektionsversuche an Fischen durchführen, um endgültig zu klären, ob
eine Gefährdung für den Menschen besteht. Bis dahin erscheint es
allerdings sinnvoll, das Verfütterungsverbot beizubehalten."





 



 

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