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AHO Aktuell - 03.03.2003

Dioxin in Futtermitteln: Risikobewertung des BfR


Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
Dioxinbelastete Futtermittel eines Herstellers in Thüringen – Auswirkungen
auf
den Verbraucher

Risikobewertung des BfR vom 28. Februar 2003


In Futtermitteln eines Herstellers aus Thüringen sind Dioxinkonzentrationen
oberhalb der von der Europäischen Union festgelegten Höchstgehalte ermittelt
worden. Die Überprüfung der mit diesen Futtermitteln produzierten
Lebensmittel tierischen Ursprungs ergab, dass die Dioxinkonzentrationen in
einem Teil dieser Lebensmittel in der Größenordnung der
„Hintergrundbelastung“ liegen, die dadurch nicht wesentlich erhöht wird. Als
Hintergrundbelastung“ bezeichnet man die Exposition, die durch die
unvermeidliche Aufnahme unerwünschter Stoffe normalerweise über die Nahrung
hervorgerufen wird. In weiteren Untersuchungen konnten Dioxinbelastungen in
Lebensmitteln nachgewiesen werden, die für sich genommen keine akute
Gesundheitsgefährdung darstellen. Allerdings können sie die täglich über
belastete Nahrung aufgenommene Dioxinmenge unter ungünstigen Umständen
kurzzeitig mehr als verdoppeln.

Aus Gründen des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes sollten
derartig hoch belastete Lebensmittel nicht an den Verbraucher gelangen. Sie
erhöhen die Gesamtbelastung mit Dioxinen unnötig weiter und stehen
Bemühungen, diese kontinuierlich zu senken, entgegen.

Die Bewertung im einzelnen:

Bei drei Käseproben sind Dioxinkonzentrationen zwischen 0,35 und 0,47
Pikogramm (pg) von der WHO festgelegte toxische Äquivalente (WHO-PCDD/F-TEQ)
für polychlorierte Dibenzodioxine (PCDD) und –furane (F) pro Gramm Fett
ermittelt worden. Derartige Gehalte spiegeln die sogenannte
Hintergrundbelastung wider und sind damit unauffällig.
Bei fünf Proben Schweinefleisch lagen die Dioxinkonzentrationen zwischen
0,30 und 0,82 pg WHO-PCDD/F-TEQ pro g Fett. Auch diese Gehalte entsprechen
in etwa der Hintergrundbelastung. Der für Schweinefleisch festgelegte
Höchstgehalt von 1 pg WHO-PCDD/F-TEQ für Dioxine wird von keiner der Proben
überschritten. Eine Beanstandung wäre damit zunächst nicht gegeben.
Allerdings überschreitet der höchste Wert der fünf Proben den von der EU
festgelegten „Auslösewert“ von 0,6 pg WHOPCDD/F-TEQ/g Fett für
Schweinefleisch. Diese Auslösewerte wurden seitens der EU festgelegt, um
eine Basis für weitere Maßnahmen zur Beseitigung vermeidbarer und unnötiger
Belastungen zu schaffen. In dem vorliegenden Fall sollten die Ursache für
die Kontamination ermittelt und Maßnahmen zur Eindämmung oder Beseitigung
der Quelle eingeleitet werden.

Bei einem Schwein eines anderen landwirtschaftlichen Betriebes sind im Fett
3,7 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g nachgewiesen worden. Diese Konzentration ist
ausreichend für eine lebensmittelrechtliche Beanstandung, da der
Höchstgehalt deutlich überschritten ist. Geht man unter ungünstigen
Umständen davon aus, dass ein ca. 30-jähriger Mensch (60 kg) 30 g
Schweinefett (aus Schweinefleisch und daraus produzierten Produkten) mit
diesen erhöhten Konzentrationen an einem Tage konsumiert, nimmt er damit 110
pg Dioxine (WHO-PCDD/F-TEQ) auf. Von der Größenordnung her entspricht die
Aufnahme dieser Dioxinmenge in etwa der Menge, die ein Verbraucher sonst
täglich mit der Nahrung aufnimmt. Die geschätzte Aufnahme an Dioxinen aus
dem kontaminierten Schweinefleisch ist damit fast doppelt so hoch wie der
untere Wert des Bereichs des Tolerable Daily Intake (TDI) der WHO von 1-4 pg
WHO-TEQ/kg Körpergewicht (KG) pro Tag.

Das BfR legt seiner Risikobewertung den Tolerable Daily Intake (TDI)-Wert
von 1-4 pg WHO-TEQ/kg KG und Tag bei lebenslanger Aufnahme zugrunde. Dieser
Wert wurde 1998 vom European Center for Environment and Health (WHO-ECEH)
als eine mit den Toxic Equivalent Factors (TEF) gewichtete Summe aus den
Konzentrationen einzelner Verbindungen aus den Stoffgruppen der
polychlorierten Dibenzodioxine und -furane (Dioxine, PCDD/F) unter Einschluß
von 12 dioxinähnlichen PCB festgelegt.

Im Jahr 2001 hat das Scientific Committee of Food (SCF) der EU eine
Aktualisierung der vorhandenen Datenbasis vorgenommen. Aus der Bewertung, in
die das SCF neuere, als relevant eingestufte Studien einbezogen hat, wurde
ein Tolerable Weekly Intake (TWI) von 14 pg WHO-TEQ/kg KG/Woche für die
wöchentliche Aufnahme abgeleitet. Parallel empfahl das Joint Expert
Committee on Food Additives (JECFA) einen Provisional Tolerable Monthly
Intake (PTMI) von 70 pg WHO-TEQ/kg KG/Monat.

Für seine gesundheitlichen Bewertungen wendet das BfR - insbesondere unter
dem Aspekt der gesundheitlichen Vorsorge – weiterhin den TDI-Wert der WHO
an. Die mittlere tägliche Aufnahme an polychlorierten
Dibenzodioxinen, –furanen und dioxinähnlichen PCB liegt heute bei ca. 2 pg
WHO-TEQ/kg KG und Tag. Unabhängig davon, ob man den TDI-Wert der WHO oder
den TWI des SCF für Bewertungen zugrunde legt, resultiert aus der
unvermeidlichen Dioxinbelastung der Bevölkerung immer die klare Forderung
nach einer deutlichen Verminderung der Einträge und Quellen. Deshalb wurden
im Juli 2002 auf EU-Ebene die Höchstmengen für WHOPCDD/F-TEQ in Lebens- und
Futtermittel festgelegt, die aufgrund ihrer Höhe allerdings nur geeignet
sind, extreme Dioxinkonzentrationen zu vermeiden. Zusätzliche
belastungsmindernde Maßnahmen sind innerhalb der Nahrungsmittelkette – vom
Stall bis zum Tisch - erforderlich. Aus Sicht des BfR wäre es daher
sinnvoll, bei der Futtermittelproduktion verstärkt die indirekte Trocknung
anstelle der direkten einzusetzen, da die direkte Trocknung die
Dioxin-Belastungen deutlich erhöhen kann. Andere Maßnahmen zur Beseitigung
vermeidbarer oder unnötiger Dioxin-Belastungen bei der
Lebensmittel-Produktion hatte das BgVV (jetzt BfR) bereits im Jahr 2000
empfohlen. Sie betrafen die Verwendung vergleichsweise hoch mit Dioxinen
belasteter Fischöle in Futtermitteln für Fische. Das BgVV hatte
vorgeschlagen, einen Wert von 1,0 pg WHO-PCDD/F TEQ pro Gramm Futtermittel
nicht zu überschreiten und einen Zielwert von 0,5 pg anzustreben. Diesen
Empfehlungen waren die deutschen Hersteller erfreulicherweise zügig
nachgekommen. Durch die Festsetzung von höheren Höchstmengen auf EU-Ebene
(2,25 pg WHO WHO-PCDD/F TEQ pro Gramm Futtermittel für Fische) wurden diese
Bemühungen allerdings konterkariert.



 



 

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