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AHO Aktuell - 02.02.2003

Spermien finden die Eizelle mit Wärmesensoren


(idw) - Ähnlich wie intelligente Raketen ein Flugzeug aufgrund der Hitze des
Motors aufspüren, lassen sich Spermien von Temperaturunterschieden zum
Ort der Befruchtung leiten. Das zeigt eine Studie des Weizmann
Instituts, die in der aktuellen Ausgabe von Nature Medicine
veröffentlicht wird.

Die Stelle, an der sich die Eizelle befindet, ist etwas wärmer als der
Ort, an dem die Spermien auf ihrer Reise durch den weiblichen
Genitaltrakt eine Pause machen. Männliche Samenzellen orientieren sich
bei ihrer Navigation offensichtlich an diesem Temperaturunterschied.
Solch ein temperaturgesteuerter Mechanismus war bereits bei
Mikroorganismen und Würmern bekannt, doch die Weizmann-Studie weist
ihn erstmals bei Säugetieren nach.

Teamleiter Prof. Michael Eisenbach von der Abteilung biologische Chemie
des Instituts ist davon überzeugt, dass die Studie einen wichtigen
Beitrag zum Verständnis des Befruchtungsvorganges beim Menschen und
anderen Säugetieren liefert. In Zukunft könnte man die temperaturgesteuerte
Navigation zur Verbesserung künstlicher Befruchtungstechnik nutzen.
Ausgeführt wurde die Studie von der Doktorandin Anat Bahat in
Zusammenarbeit mit der ebenfalls zu Prof. Eisenbachs Team gehörenden
Studentin Anna Gakamsky, Dr. Ilan Tur-Kaspa vom Barzilai-Krankenhaus
in Ashkelon und Dr. Laura C. Giojalas, einer Gastwissenschaftlerin aus
Argentinien.

Spermien gelangen über die Gebärmutter in den Eileiter. Dort heften
sie sich an die Innenwand und machen eine Rast, wobei sie einen
Reifungsprozess durchlaufen, der sie auf das Eindringen in die Eizelle
vorbereitet. Eine Samenzelle, die diese Reifung vollzogen hat, löst
sich von der Wand und verläßt die Raststelle. Hat in den
vorangegangenen 24 Stunden ein Eisprung stattgefunden und sich eine
befruchtungsfähige Eizelle aus dem Eierstock gelöst, macht sich das
gereifte Spermium auf eine lange, komplizierte Reise durch den Eileiter,
um zum Ort der Befruchtung zu gelangen.

Wie navigiert die Samenzelle durch den Eileiter? Zu einem frueheren
Zeitpunkt schon hatte Prof. Eisenbach herausgefunden, dass die Eizelle
die Reife Spermazelle 'ruft', indem sie eine chemische Substanz
freisetzt. (Die erste aus einer Serie von Studien von Prof. Eisenbach zu
diesem Thema wurde in der Zeitschrift Proceedings of the National
Academy of Sciences, U.S.A. 1991; 88:2840) veröffentlicht). Das
chemische Signal kann jedoch das Spermium nur aus einer kurzen
Entfernung anlocken: Da sich der Eileiter normalerweise wellenartig
bewegt, kann sich die chemische Substanz offensichtlich nicht wirksam
durch den gesamten Eileiter verteilen, das Signal kann über weite
Entfernungen das Spermium nicht erreichen. Die chemische Steuerung,
'Chemotaxis' genannt, kann also nicht für die gesamte Reise des
Spermiums massgeblich sein.

Manche mögen’s heiss

Was ermoeglicht also dann den Samenzellen innerhalb weniger Minuten die
große Entfernung zwischen der Raststelle und dem Ort der Befruchtung zu
überwinden? Genau zu dieser Frage wollten Prof. Eisenbach und sein Team
die Antwort finden. Da sich herausstellte, dass die Raststelle des
Spermiums um ungefähr 2°C kühler ist als die Befruchtungsstelle,
stellten die Forscher die Hypothese auf, dass das Spermium durch die
Temperaturdifferenz zur Befruchtung gelockt wird. Der technische
Ausdruck fuer diese Art von Steuerung ist 'Thermotaxis'.

Um diese These zu überprüfen, bauten die Wissenschaftler eine
Laborinstallation mit simulierter Raststelle, einer Befruchtungsstelle
und einer Verbindungsröhre. Sie testeten das Verhalten von Hasensperma
in diesem System und fanden heraus, dass die Spermien tatsächlich auf
Wärme reagieren. Aus der relativ kühlen Region mit einer Temperatur
von 37°C liessen sie sich in die relativ warme Region mit 39°C locken.
Als die Wissenschaftler die Temperaturdifferenz allmählich senkten,
fanden sie heraus, dass selbst ein halbes Grad Unterschied ausreichte,
um die Spermien anzulocken. Darüber hinaus stellten die Wissenschaftler
fest, dass sich nur gereifte Spermien, also diejenigen, die auch
wahrscheinlich in die Eizelle eindringen können, von der Temperatur
leiten liessen.

Prof. Eisenbach dazu: 'Offensichtlich werden die Spermien auf einem
Grossteil ihrer Reise durch den Eileiter durch Temperatur gesteuert.
Wenn sie in die Nähe der Befruchtungsstelle gelangen, schalten sie auf
Empfang für das chemische Signal der Eizelle.'

Bei einer weiteren Studie, die in Zusammenarbeit mit Prof. Haim
Breitbart von der Bar-Ilan-Universität durchgeführt wurde, erreichten
die Wissenschaftler ähnliche Ergebnisse mit menschlichen Spermien.



 



 

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