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AHO Aktuell - 28.01.2003

PRRS-Impfung: ''tot oder lebend'', das ist hier die Frage


In Deutschland und in vielen Ländern Europas werden Tot - und
Lebend-PRRS-Impfstoffe angeboten. Tierärzte und die von ihnen betreuten
Landwirte stehen deshalb häufig vor der Frage, ob für die spezifische
Situation im Schweinebestand ein Lebend - oder Totimpftoff geeignet ist. AHO
(animal-health-online) unterhielt sich mit der Virologin und Tierärztin Frau
Dr. Gabriele Schagemann aus Ingelheim über die häufigsten Fragen zu
PRRS-Impfstoffen.

AHO: Frau Dr. Schagemann, für welche Situationen ist der
PRRS-Lebendimpfstoff besser geeignet?

Frau Dr. Schagemann: Insgesamt ist der Impfschutz durch
Lebendimpfstoffe stabiler als der durch Totimpfstoffe, denn neben den
Antikörpern wird bei Lebendimpfstoffen zusätzlich die zelluläre Immunantwort
gefördert, das heißt, es werden zusätzlich Immunzellen gebildet, die selbst
das PRRS-Virus oder PRRS-infizierte Zellen zerstören können. Deshalb sind
Lebendimpfstoffe in allen Beständen besser geeignet, in denen hoher
Infektionsdruck herrscht oder stetig in größerem Umfang mit neuem
Viruseintrag gerechnet werden muss, wie z.B. schweinedichte Region,
ungeimpfter PRRS-positiver Jungsauenlieferant, PRRS-positive Eberstation,
etc..

AHO: Für welche Situationen ist der Totimpfstoff besser geeignet?

Frau Dr. Schagemann: Überall dort, wo geringer Infektionsdruck
besteht oder ein Lebendimpfstoff nicht sinnvoll oder erwünscht ist:
- In PRRS-freien Beständen, zum Schutz vor geringem Viruseintrag über Luft
oder kontaminiertes Sperma
- In PRRS-freien Beständen, in denen nur Teilgruppen geimpft werden sollen,
z.B. einzelne Jungsauen für positive Empfängerbetriebe in Vermehrerbetrieben
- In Betrieben mit sehr geringem Infektionsdruck
- In Betrieben, in denen die Sauen aufgrund mehrerer unterschiedlicher
Infektionen die Impfung mit Lebendimpfstoff nur bedingt vertragen. Hier ist
der Totimpfstoff weniger belastend undals Einstiegsimpfung oder
vorübergehend, bis sich andere Infektionen gelegt haben besser geeignet.

AHO: Wann kann im Sauenbestand von Lebendimpfstoff auf Totimpfstoff
gewechselt werden?

Frau Dr. Schagemann: Prinzipiell kann jederzeit ein Wechsel
durchgeführt werden. Dabei sollte jedoch bedacht werden, dass der Impfschutz
bei Totimpfstoff nicht so stark belastbar ist. Der vorhandene
Infektionsdruck sollte deshalb unbedingt vorher abgeklärt worden sein. In
Beständen, in denen das Flatdeck nicht ausgelagert ist, muss zusätzlich
sichergestellt sein, dass das Feldvirus restlos aus dem Bestand verdrängt
ist, denn ohne Impfung kann hier sehr schnell wieder ein hoher
Infektionsdruck entstehen. Ist noch Feldvirus vorhanden, müssen die Ferkel
auf jeden Fall geimpft werden - dies ist jedoch nur mit Lebendimpfstoffen
möglich. In derartigen Situationen ist allerdings fraglich, ob es sinnvoll
ist, in einem Bestand zwei verschiedene Impfstoffe einzusetzen.

AHO: Warum sind die PRRS-Totimpfstoffe nicht für Ferkel zugelassen?

Frau Dr. Schagemann: Je nach Management infizieren sich Ferkel schon
recht schnell nach der Einstallung in das Flatdeck, d.h. in den meisten
Beständen müssen die Ferkel schon im Alter von 4-6 Wochen einen stabilen
Impfschutz haben. Bei Lebendimpfstoffen setzt ein bedingter Schutz nach etwa
10 Tagen, ein voller Schutz etwa 3 Wochen nach der Impfung ein. Bei geringen
maternalen Antikörpern (etwa ab dem 10. Lebenstag) wird der Impferfolg auch
nicht mehr beeinträchtigt, sodass in Problembetrieben mit Lebendimpfstoffen
schon bei Ferkeln im Alter von 4 Wochen ein stabiler Impfschutz erzielbar
ist.

Bei Totimpfstoffen ist mit einer deutlich längeren Beeinflussung durch
maternale Antikörper zu rechnen (21.-28. Lebenstag), eine erste Impfung
könnte deshalb mit ausreichend sicherer Wirksamkeit erst im Alter von 28
Tagen durchgeführt werden. Desweiteren beginnt der Impfschutz bei
Totimpfstoffen erst etwa 10 Tage nach der 2. Impfung und ist nach weiteren
1-2 Wochen erst voll belastbar. Aufgrund dieser Faktoren kann mit
Totimpfstoffen im günstigsten Fall ein beginnender Impfschutz bei Ferkeln im
Alter von 8 Wochen und ein voller Schutz im Alter von rund 10 Wochen erzielt
werden, was in den meisten Betrieben nicht mehr rechtzeitig vor der
PRRS-Infektion wäre.

AHO: Wenn in einem Bestand bei den Sauen von Lebendimpfstoff auf
Totimpfstoff gewechselt werden soll, ist dann auch eine Grundimmunisierung
notwendig?

Frau Dr. Schagemann: Ja, eine Grundimmunisierung sollte trotzdem
durchgeführt werden weil es sich bei den Impfstoffen nicht um ein
identisches Impfvirus handelt. Diese Empfehlung gilt gilt auch für
vorangegangene Impfungen mit dem Europäischen-Lebendimpfstoff, wenn dieser
irgendwann eine Zulassung für Sauen erhalten hat.

AHO: Kann der PRRS-Totimpfstoff bei Sauen auch als Bestandsimpfung
durchgeführt werden?

Frau Dr. Schagemann: Ja, nach Grundimmunisierung jeweils im Abstand
von 4 Monaten. Die Zulassung hat dieses Impfregime zwar nicht
berücksichtigt, Erfahrungen aus dem Feld zeigen aber, dass eine
Bestandsimpfung problemlos möglich ist.

AHO: Bei Circovirus-Problemen: Kann eine PRRS-Impfung vor
Circo-Virus schützen?

Frau Dr. Schagemann: PRRS-Impfstoffe schützen gegen die Auswirkungen
einer PRRS-Infektion. Da aber in 70 - 80 % aller Circo-Problem-Betriebe auch
das PRRS-Virus gefunden wird, kann mit der PRRS-Impfung ein wichtiger Faktor
bekämpft werden, der nachweislich Circo-Probleme auslöst.


AHO: Vielen Dank für das Gespräch.

 



 

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