Aktuelle Meldungen  -  Nachrichten suchen  -  kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

AHO Aktuell - 19.01.2003

Resistenzgefahr: Jedes zweite Kleinkind erhält Antibiotika


Hamburg (aho) – Glaubt man einer Pressemitteilung der Techniker
Krankenkasse, so wird in Deutschland nahezu jedes zweite Kind im ersten
Lebensjahr zum Teil mehrfach mit Antibiotika behandelt. Häufigster Grund ist
eine akute Mittelohrentzündung. Deutsche Humanmediziner verschreiben nach
Meinung der Krankenkasse Kindern mit dieser Erkrankung jedoch zu häufig und
übereilt Antibiotika. Die Krankenkasse verweist auf die Erkenntnisse von
Experten der Universität Witten-Herdecke, die neue Therapie-Leitlinien für
Eltern und Ärzte ausgearbeitet haben. Danach werden hierzulande nahezu alle
Kinder mit Mittelohrentzündung antibiotisch behandelt - dreimal so viele wie
beispielsweise in den Niederlanden. Dabei können die bakterienhemmenden
Medikamente aktuellen medizinischen Studien zufolge weder die
Komplikationsrate auffallend senken, noch die Dauer der schmerzhaften
Ohrerkrankung wesentlich verkürzen. Zumal rund 40 Prozent der Infektionen
durch Viren verursacht werden, gegen die die antibakteriellen Arzneimittel
nicht wirken.

"In der Medizin wird leider zu häufig mit Kanonen auf Spatzen geschossen",
sagt Dr. med. Christiane Bauch von der Techniker Krankenkasse (TK). "Die
neuen Leitlinien machen deutlich, dass Schmerzen und Fieber gerade bei
unkomplizierten Mittelohrentzündungen auch mit anderen Mitteln behandelt
werden können." Dafür kommen neben Schmerz- und Fieberzäpfchen auch alte
Hausmittel wie Zwiebelsäckchen und Wadenwickel in Frage.

Fast jedes zweite Kind in Deutschland erkrankt im ersten Lebensjahrzehnt an
einer akuten Mittelohrentzündung - oft mehrfach. Die Ohrinfektion ist sogar
der häufigste Grund, warum Eltern mit ihren Sprösslingen einen Kinderarzt
aufsuchen. Meist verschreiben die Ärzte sofort ein Antibiotikum, ohne den
weiteren Krankheitsverlauf abzuwarten. "Viele Eltern nehmen die
Nebenwirkungen der Antibiotika wie etwa Durchfall und Hautausschläge in
Kauf, weil sie hoffen, den starken Ohrenschmerzen ihrer Kinder schneller ein
Ende zu bereiten", sagt TK-Medizinerin Bauch. "Doch das ist offensichtlich
ein Trugschluss". Denn die Antibiotika könnten die Ohrentzündung im
Höchstfall um einen Tag verkürzen, wie die Experten aus Witten-Herdecke
berichten. Auch sei die Gefahr groß, durch überflüssige Antibiotika-Einnahme
resistente Keime zu züchten.

Die von der Universität Witten-Herdecke erarbeiteten Leitlinien für
Ärzte
mahnen nun zum kritischeren Umgang mit Antibiotika bei akuten
Mittelohrentzündungen. Zusätzlich informieren sie Eltern über
Risikofaktoren, wie den Gebrauch von Schnullern, über den richtigen Einsatz
von Schmerzmitteln oder Nasentropfen und geben Hinweise, bei welchen
Symptomen man sofort einen Arzt kontaktieren sollte.

 



 

  zum Seitenbeginn


© Copyright

AHO Aktuell ist ein Service von ANIMAL-HEALTH-ONLINE und @grar.de