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AHO Aktuell - 12.12.2002

Verwaltungsgericht Minden kippt den ''Kuschelerlass''


Minden (aho) - Die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden hat am Dienstag
(11.12.2002) entschieden, dass für die Errichtung einer Schweinemastanlage
mit Vollspaltenböden die Bestimmungen des Schweinehaltungserlasses des
Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz NRW (sog. „Kuschelerlass“) nicht maßgeblich seien.

Der Kläger betreibt schon bisher im Kreis Paderborn Schweinemast mit
Ferkelaufzucht. Er beabsichtigt, einen weiteren Maststall für 2800
Mastschweine zu errichten, so dass er insgesamt 3500 Mastschweineplätze und
1850 Ferkelaufzuchtplätze bewirtschaften kann. Zu diesem Zweck beantragte er
bei der Bezirksregierung Detmold die hierfür erforderliche
immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Die Bezirksregierung Detmold lehnte
ab, denn das Ministerium hatte den untergeordneten Behörden per Erlass
aufgegeben, für die Errichtung von Schweineställen Genehmigungen nur noch zu
erteilen, wenn die Ställe unter anderem mit weichen Liegeflächen, einer
bestimmten Mindestfläche je Schwein, einer Mindestfensterfläche von 3 % der
Grundfläche, zwei verschiedenen Beschäftigungsmöglichkeiten für die Schweine
und einer Einrichtung für die Abkühlung der Schweine bei hohen
Stallinnentemperaturen ausgestattet seien sowie für je 1500 Mastschweine
eine Vollzeitkraft beschäftigt würde. Diese Anforderungen, die inhaltlich in
der außer Kraft getretenen Schweinehaltungsverordnung des Bundes nicht
enthalten waren, sollten nach Vorstellung des Ministeriums solange gelten,
bis eine neue Schweinehaltungsverordnung erlassen würde.

Der Kläger rief das Verwaltungsgericht an, weil er den in dem Erlass
vorgesehenen Forderungen nicht nachkommen, sondern seine Anlage in der
geplanten Weise erweitern wollte. Die 11. Kammer gab seiner Klage statt und
verpflichtete die Bezirksregierung Detmold, dem Kläger die geforderte
immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen. In den Gründen ihrer
Entscheidung führte die Kammer aus: Für die Frage, welche Anforderungen des
Tierschutzes der Kläger von Rechts wegen erfüllen müsse, seien unmittelbar
das Tierschutzgesetz sowie die für die Bundesrepublik verbindlichen Vorgaben
des europäischen Tierschutzrechts, insbesondere die Empfehlung des Ständigen
Ausschusses unter Berücksichtigung der gleichfalls verbindlichen
EU-Richtlinien zur Schweinehaltung, maßgeblich. Das Vorhaben des Klägers
entspreche diesen Tierschutzanforderungen. Die weitergehenden Forderungen
des Erlasses, der zwar die Behörden, nicht aber das Gericht binden würde,
könnten demgegenüber keine Geltung beanspruchen. Sie fänden sich in den
rechtlich verbindlichen europäischen Bestimmungen nicht wieder. Auch seien
keine unumstrittenen neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse bekannt, nach
denen Schweinehaltungssysteme, die diesen neuen Forderungen nicht
entsprächen, eine angemessene verhaltensgerechte Unterbringung der Tiere
nicht sicherstellen könnten. Es sei auch nicht Aufgabe des Gerichts,
anstelle des Verordnungsgebers konkrete neue Anforderungen aus den konträren
wissenschaftlichen und agrarfachlichen Stellungnahmen abzuleiten.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
(Az.: 11 K 1511/01)


 



 

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