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AHO Aktuell - 28.11.2002

EU: Zoonosen im Visier


Brüssel (aho) – Der Rat „Landwirtschaft“ hat heute seine Unterstützung für
zwei Legislativvorschläge zur Senkung der Inzidenz durch Lebensmittel
übertragbarer Krankheiten in der Europäischen Union ausgesprochen. Die
Vorschläge, von der Kommission im August letzten Jahres angenommen und vom
Parlament im Mai 2002 befürwortet sehen eine gründliche Revision der
geltenden EU-Rechtsvorschriften vor und sollen den Schutz vor „Zoonosen“ –
also den vom Tier auf den Menschen übertragbaren Krankheiten – verbessern.
Zu den Zoonosen gehören Erreger, die alljährlich hohe Krankheitsausfälle,
unnötige Todesfälle und beachtliche öffentliche Gesundheitskosten
verursachen – so etwa Salmonellen, Campylobacter, Listeria
und toxinbildende E. coli.

„Diese Vorschläge machen deutlich, wie das Konzept der Kommission „vom
Erzeuger zum Verbraucher“ in die Praxis umgesetzt wird, um die Sicherheit
der Lebensmittel für den Verbraucher zu gewährleisten“, so David Byrne, in
der Europäischen Kommission zuständig für Gesundheit und Verbraucherschutz.
„Die Zahl der lebensmittelbedingten Infektionen beim Menschen ist heute in
der gesamten EU viel zu hoch. Durch Salmonellen alleine erkranken jährlich
über 160 000 Menschen in der EU – wovon nach Schätzungen rund 200 sterben.
Die Kosten durch lebensmittelbedingte Salmonellose werden auf bis zu 2,8
Mrd. Euro jährlich veranschlagt. Ich freue mich deshalb besonders, dass der
Rat „Landwirtschaft“ diese wichtige Rechtsvorschriften durch seine
Befürwortung heute einen Schritt weiterbringt. Letztlich können wir dadurch
das Auftreten von Salmonellen in den landwirtschaftlichen Betrieben und
somit auch die Infektionshäufigkeit beim Menschen deutlich senken.“

Worum geht es in diesen Rechtsvorschriften?

Der erste Vorschlag, eine Richtlinie zur Überwachung von Zoonose-Erregern,
dient als Grundlage für die Verbesserung der Erkenntnisse über die Quellen
und Entwicklungstendenzen dieser Erreger und die Bewertungen der
mikrobiologischen Risiken sowie für Risikomanagementmaßnahmen. Die
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit wird eine entscheidende Rolle
bei der Bewertung dieser Informationen spielen. Der zweite Vorschlag ist
eine Verordnung zur Reduzierung des Auftretens von Zoonoseerregern,
hauptsächlich Salmonellen. Die Verordnung wird für eine der Hauptquellen der
Kontamination gelten – die Primärproduktion. Außerdem ist ein Verfahren zur
Festsetzung von Zielwerten für andere Zoonoseerreger als Salmonellen
vorgesehen.
Die Zielvorgaben zur Eindämmung der Erreger werden nach einer Untersuchung
der Prävalenz des jeweiligen Erregers in allen Mitgliedstaaten festgelegt.
Die Kommission hat zugestimmt, die obligatorischen Kontrollmaßnahmen für
eine Kofinanzierung durch die EU zu öffnen. Die Höhe dieser Finanzierung
wird auf der Grundlage eines Berichts über die Finanzierungsregelung
festgelegt, den die Kommission innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten
der Verordnung vorlegen wird.
Eine Reihe von Schlüsselmaßnahmen, die in der Folge des Weißbuchs realisiert
wurden, tragen ebenfalls zum Kampf gegen Zoonosen bei. Das Paket zur
Lebensmittelhygiene wird die Umsetzung von Hygienemaßnahmen im
landwirtschaftlichen Betrieb verbessern. Dieses Paket soll auch das
Hauptinstrument sein für Maßnahmen auf allen Stufen der
Lebensmittelherstellungskette, die auf die Primärproduktion folgen. So
arbeitet die Kommission derzeit an einer Überarbeitung der mikrobiologischen
Kriterien für Lebensmittel und an einer Verstärkung der risikobasierten
Kontrollen für die gesamte Lebensmittelherstellungskette.

Fortschritte im Rechtsetzungsprozess

In dieser Phase des Prozesses spiegeln die Vorschläge weitgehend die
Grundsätze wieder, auf die sich die ursprünglichen ehrgeizigen Ziele der
Kommission stützen. Einige Aspekte wurden bei den Diskussionen im Rat und im
Europäischen Parlament verstärkt, so etwa die Möglichkeit, die
Antibiotikaresistenz nicht nur bei Zoonoseerregern, sondern auch bei
einschlägigen anderen Bakterien zu überwachen. Außerdem wird die
Salmonellenüberwachung schrittweise nicht nur auf die verschiedenen
Geflügelarten und Zuchtschweine, sondern auch auf Schlachtschweine
ausgedehnt. Andererseits wurden einige Kompromisse geschlossen. So werden
beispielsweise die Übergangsfristen für die Mitgliedstaaten zur Umsetzung
von Programmen verlängert, die Kontrollen werden sich in der Anfangsphase
auf bestimmte Serotypen von Salmonellen beschränken (diese Serotypen sind
allerdings für über 70 % der gemeldeten Fälle von Salmonellose beim Menschen
verantwortlich). Auch wenn das heute gebilligte Kompromisspaket nicht so
anspruchsvoll ist, wie die Kommission dies gerne gesehen hätte, stellt es
doch eine wesentliche Verbesserung gegenüber den geltenden Bestimmungen dar.

Die geltenden Bestimmungen

Nach den geltenden EU-Bestimmungen, in der Richtlinie 92/117/EWG zu finden,
gibt es Regeln für die obligatorische Überwachung von vier Zoonoseerregern
(Salmonellose, Brucellose, Trichinose und durch Mycobacterium bovis
verursachte Tuberkulose) und die freiwillige Überwachung anderer Erreger.
Lebensmittelbedingte Krankheiten und die Überwachung der
Antibiotikaresistenz sind jedoch nicht abgedeckt, was eine Harmonisierung
der Systeme sehr schwierig macht – dies ist nun mit der neuen Richtlinie
gegeben. Derzeit gibt es obligatorische Maßnahmen zur Kontrolle bestimmter
Arten von Salmonellen (Salmonella enteritidis und Salmonella typhimurium)
bei Zuchtgeflügel, die neue Verordnung führt Kontrollmaßnahmen für weitere
Tierarten sowie potenziell auch für weitere Arten von Salmonellen und
anderen Zoonoseerregern ein. Einige EU-Mitgliedstaaten gehen bereits
freiwillig über diese Bestimmungen hinaus, derzeit jedoch ohne
EU-Finanzierung.

Hintergrund

Zoonosen sind Erkrankungen oder Infektionen, die vom Tier auf den Menschen
übertragbar sind. Die Infektion ist gewöhnlich auf den Verzehr von
Erzeugnissen tierischen Ursprungs oder direkten Kontakt mit infizierten
Tieren zurückzuführen. Salmonellen, auf die sich die neuen Bestimmungen
vorrangig konzentrieren, können in einer ganzen Reihe von
Lebensmittelerzeugnissen vorkommen, z. B. in rohen Eiern, Geflügel,
Schweine- und Rindfleisch, anderen Erzeugnissen tierischen Ursprungs und
Gemüse. Campylobacter ist hauptsächlich in Hähnchenfleisch zu finden,
Hauptsymptom beim Menschen ist Durchfall, manchmal kann es jedoch auch zu
Nervenerkrankungen und, in seltenen Fällen, zur Lähmung kommen. Listeria und
toxinbildendes E. coli sind zwei weitere verbreitete Erreger, die
Infektionen verursachen.
Zoonosen sind bekanntlich schwer einzudämmen, da eine gewisse Anzahl der
betreffenden Mikroorganismen überall in der Natur vorkommt und nicht leicht
aus der Lebensmittelkette auszuschließen ist. Die Eindämmung der Erreger bei
Tieren ist der beste Weg, die Verbreitung der Infektion über die
Lebensmittelkette zu verhindern, aus diesem Grund schafft auch die
vorgeschlagene Verordnung einen Rahmen für Maßnahmen zur Eindämmung der
Erreger. Gleichzeitig führt die vorgeschlagene Richtlinie ein System zur
Überwachung bestimmter Zoonoseerreger in der gesamten Lebens- und
Futtermittelherstellungskette ein.
Salmonellen werden dabei als Priorität genannt, insbesondere das Auftreten
in Geflügelprodukten und Eiern. Die einzelnen Zielkategorien werden
schrittweise einbezogen, beginnend mit Zuchthühnern, dann Legehennen,
Hähnchen, Puten, Schlachtschweine und schließlich Zuchtschweine. Die ersten
Ziel werden 12 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung festgelegt, jede
weitere Stufe wieder nach jeweils 12 Monaten. Die nationalen
Kontrollprogramme werden für jedes einzelne Ziel 18 Monate später umgesetzt.
Nach einer Übergangszeit werden Vermarktungsbeschränkungen für Tafeleier aus
Beständen gelten, bei denen der Befall mit bestimmten Salmonellenarten
vermutet wird oder nachgewiesen worden ist (diese Regelung wird 72 Monate
nach Inkrafttreten der Verordnung anwendbar). Auch Geflügelfleisch wird
bestimmten mikrobiologischen Kriterien genügen müssen (anwendbar nach 84
Monaten). Außerdem ist ein Verfahren zur Festsetzung von Zielwerten für
andere Bestände sowie andere Zoonoseerreger als Salmonellen vorgesehen.
Um die Reduktionsziele zu erreichen, müssen die Mitgliedstaaten nationale
Kontrollprogramme aufstellen und den Privatsektor zur Mitarbeit bewegen. Für
den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und mit Drittländern wird
entsprechend dem obigen Zeitplan eine Bescheinigung über den
Salmonellenstatus zwingend vorgeschrieben.

Die nächsten Schritte

Nach der politischen Einigung im Rat werden die Vorschläge jetzt zur zweiten
Lesung an das Europäische Parlament zurückverwiesen.

 



 

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