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AHO Aktuell - 22.11.2002

2 Jahre BSE in Deutschland


Bonn (bmvel) - Derzeit sind 225 BSE-Fälle amtlich bestätigt (2000 = 7; 2001
= 125; 2002 (Stand: 20.11.) = 93). Seit Bestätigung des ersten BSE-Falls
eines in Deutschland geborenen Rindes am 26. November 2000 wurden in
Deutschland rund 5,5 Millionen BSE-Schnelltests durchgeführt. Die meisten
der bisherigen BSE-Fälle (153) wurden durch ein spezielles
Überwachungsprogramm bei solchen Tieren gefunden, die verendet waren, not-
oder krankgeschlachtet wurden oder klinische Erscheinungen aufwiesen. Das
Fleisch dieser Tiere wäre ohne weitergehende Untersuchungen nicht als
Lebensmittel freigegeben worden. 72 der bisherigen 225 BSE-Fälle wurden
allerdings bei Schlachtrindern mit Hilfe der Schnelltests entdeckt.

Zur Risikominimierung wurde ein dreistufiges Verfahren in die Wege geleitet:

1. BSE-Tests

In Deutschland müssen alle über 24 Monate alten Rinder, die geschlachtet
werden, mit BSE-Schnelltests untersucht werden. EU-weit liegt die
Altersgrenze für zu testende Schlachttiere bei 30 Monaten. Alle über 24
Monate alten Rinder, die verendet sind, not- oder krankgeschlachtet werden,
müssen EU-weit mit BSE-Schnelltests untersucht werden. Neue Testverfahren,
insbesondere zum Test am lebenden Tier und an jüngeren Tieren, sollen so
schnell wie möglich entwickelt werden. Dies ist eines der Ziele des
TSE-Forschungskonzepts der Bundesregierung. Für den deutlichen Ausbau der
Forschung an übertragbaren schwammartigen Hirnerkrankungen (transmissible
spongiforme Enzephalopatien, TSE), zu denen BSE gehört, stellt die
Bundesregierung jährlich bis zu 13,8 Millionen Euro zur Verfügung.

2. Entfernung von Risikomaterial:

Seit dem 1. Oktober 2000 müssen gemeinschaftsweit spezifizierte
Risikomaterialien von Wiederkäuern entfernt und durch Verbrennen vernichtet
werden. Die Liste der Risikomaterialien wurde mehrfach erweitert und umfasst
inzwischen: Schädel einschließlich Gehirn und Augen, Tonsillen, Rückenmark
und Wirbelsäule von über 12 Monate alten Rindern sowie den gesamten Darm und
das Darmgekröse (Mesenterium) von Rindern jeglichen Alters. Die
Risikomaterialien müssen gemeinschaftsweit seit dem 1. April 2002 in
Schlachtbetrieben entfernt werden, mit Ausnahme der Wirbelsäule. Diese darf
nur in Zerlegungsbetrieben entfernt werden. Von der Ermächtigung, die
Entfernung der Wirbelsäule auch im Einzelhandel zu gestatten, hat die
Bundesregierung aus Gründen des vorsorgenden Verbraucherschutzes keinen
Gebrauch gemacht. Hingegen können die Bundesländer die Gewinnung von
Kopffleisch von unter 30 Monate alten Rindern in speziell hierfür
zugelassenen Zerlegungsbetrieben genehmigen. Voraussetzung ist, dass eine
Verunreinigung des Fleisches mit Risikomaterial vermieden wird.

3. Tiermehlverfütterungsverbot:

Durch das Verfütterungsverbotsgesetz ist seit dem 2. Dezember 2000 die
Verfütterung von proteinhaltigen Erzeugnissen und von Fetten warmblütiger
Landtiere sowie von Fischen an lebensmittelliefernde Nutztiere verboten.
Seit dem 12. April 2001 ist das Verfüttern von Fischmehl an Nichtwiederkäuer
(z.B. Geflügel, Schweine) mit strikten Sicherheitsauflagen (Herstellung,
Transport, besondere Genehmigung für die landwirtschaftlichen Betriebe)
wieder erlaubt. Mit diesen Regelungen soll sichergestellt werden, dass die
in der Vergangenheit offensichtlich - trotz des bereits seit 1994
bestehenden Verfütterungsverbots für Proteine von Säugetieren an
Wiederkäuer - vorgekommenen Verschleppungen dieser Proteine in Rinderfutter
verhindert werden.
Im Unterschied zur Regelung in Deutschland läßt das EG-Recht die
Verfütterung tierischer Fette an lebensmittelliefernde Nutztiere zu.
Verboten ist ausschließlich die Verfütterung verarbeiteter tierischer
Proteine sowie der damit hergestellten Futtermittel, Futtermittelzusätze und
Vormischungen. Das zunächst bis zum 30. Juni 2001 geltende Verbot wurde
inzwischen entfristet und gilt entsprechend dem EG-Recht bis zum 1. Juli
2003.

Weitere Maßmahmen:

1. Ursachenforschung:


Im Rahmen des TSE-Forschungskonzepts wird intensiv nach den Ursachen, den
Übertragungswegen und Bekämpfungsmöglichkeiten geforscht. Die von der
Bundesregierung eingerichtete TSE-Forschungsplattform ermöglicht einen
intensiven Informationstransfer. An der Bundesforschungsanstalt für
Viruskrankheiten der Tiere wurde das Institut für neue und neuartige
Tierseuchenerreger errichtet, das im Dezember 2001 seine Arbeit aufnahm.
Damit wurde das bisherige Referenzlabor für BSE- und Scrapie-Diagnostik zu
einem nationalen TSE-Forschungszentrum ausgebaut. Nach umfangreichen
Umbauten zur Errichtung eines Sicherheitsstalles sollen auf der Insel Riems
in Kürze erstmals in Deutschland BSE-Infektionsversuche an Rindern
durchgeführt werden. Von ihnen verspricht man sich neue Erkenntnisse über
die Entstehung und Ausbreitung der Krankheit im Körper. Darüber hinaus dient
der Versuch der Gewinnung von Proben aus der Inkubationsphase der Krankheit,
die für die Entwicklung von Testmethoden, auch Lebendtests, von essentieller
Bedeutung und andersweitig nicht verfügbar sind.
Das Institut für Epidemiologie der BFAV in Wusterhausen wertet umfangreiche
Daten zu jedem BSE-Fall in Deutschland aus. Dabei standen zunächst
statistische Untersuchungen zur Fallzahlentwicklung, zur geographischen
Verbreitung und zur Verteilung der BSE-Fälle auf die Geburtsjahrgänge im
Vordergrund. Darüber hinaus konnten erste Aussagen über die Dynamik des
BSE-Eintrages in die Bundesrepublik, sowie über den Einfluss von Rasse und
Nutzungsrichtung der Rinder auf die BSE-Inzidenz getroffen werden. Zur
Abklärung des Einflusses von Milchaustauschern und Futtermitteln tierischer
Herkunft auf die BSE – Verbreitung in der Bundesrepublik wird noch in diesem
Jahr mit einer großflächig angelegten Felderhebung begonnen.

2. Verbesserte Sanktionsmöglichkeiten:

Die Bundesregierung hat die Zulassung von Fleischlieferbetrieben neu
geregelt. Zukünftig ist der Widerruf der EG-Zulassung von
Fleischlieferbetrieben nicht nur bei bauliche Mängeln, sondern auch bei
persönlicher Unzuverlässigkeit des Inhabers der Zulassung möglich. Den
zuständigen Behörden steht damit ein wirksames Instrument zur Verfügung, um
z. B. bei wiederholten Verstößen gegen das Verbot der Vermarktung von
Fleisch mit Anteilen von BSE-Risikomaterialien durchgreifen zu können.

3. Maßnahmen nach Feststellung von BSE im Bestand:

Eine weitere Maßnahme zur Eindämmung der Krankheit war die Tötung aller
Rinder des Bestandes. Nach der Durchführung von mehr als 2 Millionen Tests
gab es keine Hinweise darauf, dass der ganze Bestand des erkrankten Rindes
von BSE betroffen sein könnte. Hatte die Bundesregierung zunächst - im
Einvernehmen mit den Bundesländern - aus Gründen des vorsorgenden
Verbraucherschutzes die Tötung des Gesamtbestandes empfohlen, so hält sie
dies aufgrund der inzwischen vorliegenden Erkenntnisse nicht mehr für
erforderlich. Die BSE-Vorsorgeverordnung ermächtigt deshalb die zuständigen
Behörden in den Ländern, Ausnahmen von der Bestandstötung zuzulassen. Die
zuständige Behörde kann die Kohortentötung veranlassen, soweit Belange der
Vorsorge für die menschliche oder tierische Gesundheit dem nicht
entgegenstehen. Dann werden nur noch die Rinder getötet, die in dem Jahr vor
und nach der Geburt des kranken Rindes in dem Bestand geboren wurden, in dem
auch das kranke Tier geboren wurde (Geburtskohorte) oder die im ersten
Lebensjahr zu irgendeinem Zeitpunkt gemeinsam mit einem kranken Rind
aufgezogen wurden und möglicherweise das gleiche Futter zu sich genommen
haben, das auch das kranke Tier in seinem ersten Lebensjahr bekommen hat
(Fütterungskohorte), sowie die Nachkommen - inklusive Eizellen und
Embryonen - der erkrankten weiblichen Rinder.

4. Verstärkte Überwachung und Forschung bei Scrapie

Seit dem 1. Januar 2002 wird gemeinschaftsweit auch bei kleinen Wiederkäuern
ein aktives Überwachungsprogramm auf TSE durchgeführt, das im Februar 2002
noch erweitert wurde. Danach muss seit dem 1. April 2002 in Deutschland eine
Stichprobe von 60 000 über 18 Monate alten zum menschlichen Verzehr
geschlachteten Schafen und Ziegen und von zusätzlichen 6000 über 18 Monate
alten verendeten oder getöteten Schafen oder Ziegen untersucht werden. Im
Hinblick auf die Rolle der genetischen Scrapieresistenz bei der Entwicklung
klinischer Scrapieformen und die Möglichkeit, Zuchtprogramme zur Verhütung,
Kontrolle und Tilgung von Scrapie zu nutzen, wird festgelegt, dass der
Genotyp sämtlicher Scrapiefälle bestimmt werden muss.
Beim Auftreten von Scrapie haben sich Bund und Länder bereits 1990 darauf
verständigt, nicht nur die scrapiekranken Tiere zu töten und unschädlich zu
beseitigen sind, sondern die gesamte Herde. Dies insbesondere deshalb, da
bei der Infektionsausbreitung bei Scrapie der horizontale Übertragungsweg -
vornehmlich das Fressen infektiöser Plazenten - im Vordergrund steht.
Da die EU-Kommission in Übereinstimmung mit einer Stellungnahme des
Wissenschaftlichen Lenkungsausschusses (WLA) den Vorschlag für eine neue
Regelung vorgelegt hat, nach der scrapieresistente Tiere von der Tötung
ausgenommen werden sollen, hat das Bundesverbraucherministerium den Ländern
empfohlen, entsprechend zu verfahren.


 



 

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