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AHO Aktuell - 05.11.2002

Neue Erkenntnisse über die Rinderkrankheit Theileriose


Hamburg (aho) - Tödliche Seuchen wie die Theileriose (Ostküstenfieber)
dezimieren regelmäßig Rinderherden in Afrika und führen zu großen
wirtschaftlichen Verlusten. Erreger ist der Einzeller Theileria, ein
Verwandter des Malariaparasiten. Der Theileria-Parasit ist in der Lage, die
Zellen des Immunsystems (Lymphozyten) zu transformieren und sie zu
unkontrollierter Teilung anzuregen. Mit weitreichenden Folgen: Nach zwei bis
drei Tagen sind die infizierten Zellen bereits im gesamten Lymphsystem zu
finden, später vermehren sie sich auch in anderen Geweben wie Lunge und
Verdauungssystem. Die Tiere sterben an schweren Lungenödemen und
Ateminsuffizienz.

Dr. Volker Heussler (mittlerweile Nachwuchsgruppenleiter am Hamburger
Tropeninstitut) und seine Kollegen von der Universität Bern haben nun
Einzelheiten darüber herausgefunden, wie der Parasit seine Wirtszelle
manipuliert. Wie das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg
mitteilt, wurden die Ergebnisse jetzt in der renommierten Fachzeitschrift
Science* veröffentlicht.

Die meisten Zellen unterliegen einer fortlaufenden Teilung. Trotzdem ist
ihre Lebenszeit begrenzt: Eine Reihe von Stoffwechselvorgängen führen zum
programmierten Zelltod, der sogenannten Apoptose. Während der Lebenszeit der
Zelle wird die Apoptose unterdrückt, bis ein Signal die zuständigen Gene
aktiviert und das Programm 'Zelltod' abläuft. Dr. Heussler und seine
Kollegen konnten mit Hilfe der konfokalen Fluoreszenzmikroskopie an lebenden
Zellen beobachten, dass die Theileria-Parasiten ein bestimmtes
Lymphozyten-Protein auf ihrer Oberfläche ansammeln. Dieses Protein ist ein
Schlüsselenzym bei der Unterdrückung des programmierten Zelltods. Indem der
Parasit das Enzym im aktiven Zustand hält, sorgt er für einen 'Kurzschluss',
der effektiv das Signal für den Zelltod verhindert und ewige Zellteilung
nach sich zieht.

Theileria-infizierte Lymphozyten verhalten sich ganz ähnlich wie Krebszellen
bei der Leukämie. 'Es gibt erstaunliche Parallelen zwischen den beiden
Krankheiten', so Heussler. Besonders interessant sei bei den Parasiten
jedoch die Umkehrbarkeit des Effekts: Tötet man die Theilerien ab, so
durchlaufen die Lymphozyten nach einigen Tagen die normale Apoptose. Am
Tropeninstitut will Heussler nun untersuchen, ob der Malariaparasit
Plasmodium bei der Infektion der menschlichen Leberzellen ebenfalls die
Apoptose verhindert. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Parasit
zumindest in die Signalvermittlung der Zellen eingreift.

Von den rund 63 Millionen in Ost-, Zentral- und südlichem Afrika gehaltenen
Rindern sind ca. 24 Millionen einem Infektionsrisiko mit Theileria parva
ausgesetzt. Damit ist die tödliche Theileriose oder das 'Ostküstenfieber'
eine der ökonomisch bedeutendsten Rinderkrankheiten. Der verwandte Parasit
Theileria annulata ist in großen Teilen Südeuropas, Nordafrikas und
Zentralasiens eine Gefahr für Rinderherden. Beide Erreger werden durch
Zecken übertragen.




*Volker T. Heussler, Sven Rottenberg, Rebekka Schwab, Peter Küenzi, Paula C.
Fernandez, Susan McKellar, Brian Shiels, Zhijian J. Chen, Kim Orth, David
Wallach, and Dirk A. E. Dobbelaere
Hijacking of Host Cell IKK Signalosomes by the Transforming Parasite
Theileria
Science Nov 1 2002: 1033-1036.


 



 

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