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AHO Aktuell - 16.10.2002

Schweizer Pferde: Haltung, Fütterung und Gesundheit oft mangelhaft


Zürich (aho) – Schweizer Wissenschaftler vom Institut für
Nutztierwissenschaften und der Pferdeklinik der Universität Zürich haben in
einer repräsentativen Stichprobenuntersuchung die schweizer Pferdehaltung
analysiert und eine Reihe ernst zu nehmender Probleme offen gelegt. Die
Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Schweizer
Archiv für Tierheilkunde“ veröffentlicht.

Von 1861 zufällig ausgewählten Pferdebetrieben beteiligten sich 622 mit 2536
Pferden, Ponys und Eseln und beantworteten eine Vielzahl von Fragen
(Rücklaufquote 35.2%).

83.5% der Pferde waren einzeln (32.3% Innenbox, 28.4% Aussenbox, 4.5%
Aussenbox mit Auslauf oder Weidehaltung, 18.3% Anbindehaltung), 16.5% in
Gruppen aufgestallt. 36.0% der Pferde erhielten täglich, 62.8%
witterungsabhängig und 1.2% nie Weidegang, wobei deutlich (signifikant)
weniger in Einzel- als in Gruppenhaltung. Genutzt wurden die Pferde im
Mittel 4.5 Stunden pro Woche; Rasse, Nutzungsrichtung und Haltungssystem
hingen signifikant mit der Nutzungsdauer zusammen. Nur knapp 50% der
Betriebsleiter verfügten über eine Fachausbildung (z.B. Berufsabschluss,
Brevet, Militär). Trotz stark veränderter Nutzung (65.1% Freizeit-, 34.9%
Wettkampf-/Arbeitspferde), werden die Pferde in der Schweiz weiterhin
traditionell gehalten und gefüttert, was zu tiergesundheitlichen Problemen
führen kann. (1)

Mehr als die Hälfte (54%) aller Pferde litten an einer „obstruktive
Atemwegserkrankung“ („chronic obstructive pulmonary disease" (COPD)).
Ursache hierfür ist eine Überempfindlichkeit (Hypersensitivität) der
Atemwege gegenüber im Heu enthaltenen Pilzsporen und bestimmten Bakterien
(thermophile Aktinomyceten). Ebenfalls ursächlich im Zusammenhang mit der
Fütterung entstehen Zahnprobleme, die dritthäufigsten von praktischen
Tierärzten behandelten Krankheiten. Begingt durch die Nutzung entwickeln
sich Magengeschwüre am häufigsten bei Rennpferden, die je nach Untersuchung
eine Magengeschwür-Häufigkeit von ca. 63 bis 90% aufweisen. Bei einer
Untersuchung in der Schweiz konnten bei einer aus Ausbildungs-, Schul-,
Sport- und Fahrpferden bestehenden Untersuchungsgruppe bei 57.1% der Pferde
Magengeschwüre festgestellt werden. Überhöhte Kraftfuttergaben, zu seltene
und mengenmässig zu geringe Heufütterung pro Tag sowie der Einsatz von
hygienisch nicht einwandfreien Futtermitteln und mangelhafte Bewegung sind
wesentliche Gründe, die zur Entstehung von Koliken beitragen können. (2)

Die Wissenschaftler der ETH Zürich haben auch die Häufigkeit von
Verhaltensstörungen und Untugenden bei Schweizer Pferden erfasst.
Insbesondere wurde untersucht, wie das Auftreten der Stereotypien Koppen,
Weben und Boxenlaufen mit tiereigenen Faktoren (Rasse, Alter, Geschlecht)
und mit Faktoren der Haltung, der Ernährung, des Managements und der Nutzung
in Zusammenhang steht. Bei einer Rücklaufquote von 35.2% (622 Betriebe)
wurden für 418 von 2536 erfassten Pferden (16.5%) Verhaltensauffälligkeiten
beschrieben. 89 Pferde (3.5%) zeigten die tierschutzrelevanten Stereotypien
(Zwangshandlungen) Koppen, Weben, Boxenlaufen oder eine Kombination davon.
Für 47 Pferde (1.9%) wurden Untugenden (z. B. Scheuen, Buckeln,
Aggressivität gegen Menschen) genannt, und für 281 Pferde (11.1%)
Mischformen, die je nach Ausprägungsform als Verhaltensstörungen oder als
Untugend bezeichnet werden (z. B. Scharren, Lippenschlagen, Kopfschlagen,
Boxenkicken). Für die Stereotypien Koppen, Weben und Boxenlaufen liessen
sich eine Vielzahl statistisch signifikanter Zusammenhänge mit Faktoren der
Genetik, der Haltung, des Managements und der Nutzungsart aufzeigen. Grösste
Bedeutung kam neben der Rasse den Bereichen Sozialkontakt mit Artgenossen,
freie Bewegung auf Weide, Fütterung, Beschäftigung und Nutzung zu. (3)

(1) I. Bachmann, M. Stauffacher
Haltung und Nutzung von Pferden in der Schweiz: Eine repräsentative
Erfassung des Status quo
Schweizer Archiv für Tierheilkunde, Seite 331 - 347,
Band 144, 2002, Heft 7

(2) K. Feige, A. Fürst, M. Wehrli Eser
Auswirkungen von Haltung, Fütterung und Nutzung auf die Pferdegesundheit
unter besonderer Berücksichtigung respiratorischer und gastrointestinaler
Krankheiten
Schweizer Archiv für Tierheilkunde, Seite 348 - 355,
Band 144, 2002, Heft 7

(3) I. Bachmann, M. Stauffacher
Prävalenz von Verhaltensstörungen in der Schweizer Pferdepopulation
Schweizer Archiv für Tierheilkunde, Seite 356 - 368,
Band 144, 2002, Heft 7



 



 

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