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AHO Aktuell - 19.09.2002

Das aktuelle Interview: Wer darf was?



• Das neue Arzneimittelgesetz: Keine Abgabe von
Arzneimittelvormischungen an Landwirte mehr
• Erneute Diskussion um Abgabe von Impfstoffen


aus TIERGESUNDHEIT im Blickpunkt 40 / Oktober 2002

Mit dem Inkrafttreten der 11. AMG-Novelle zum 1. November 2002
dürfen Tierärzte keine Arzneimittelvormischungen mehr an Landwirte
zur Behandlung von Tieren auf den Höfen abgeben. Arzneimittel, die
nur den Status „Arzneimittelvormischung” haben, dürfen nur noch in
Mischfutterwerken zur Fütterungsarzneimitteln verarbeitet werden.
Über Konsequenzen dieser und anderer in der AMG-Novelle
festgemachten Änderungen sprach der Blickpunkt mit Dr. Martin
Schneidereit, Geschäftsführer des Bundesverbandes für Tiergesundheit.


BLICKPUNKT: Wie lassen sich die wesentlichen Änderungen,
die sich aus der AMG-Novelle ergeben, in einem Satz zusammenfassen?

Dr. Schneidereit: Am stärksten durch die Änderungen betroffen
sind die Bereiche Herstellung von Arzneimitteln und der gesamte Komplex
der Fütterungsarzneimittel und Arzneimittelvormischungen. In der täglichen
Praxis und auf den Höfen werden neue Vorschriften hinsichtlich der
Abgabe von Arzneimitteln erheblich zu Buche schlagen.

BLICKPUNKT: Wo liegen für die Tiergesundheitsindustrie im
Bereich Herstellung die wesentlichen Kritikpunkte und welche Versäumnisse
werden kritisiert?

Dr. Schneidereit: Nach dem neuen Recht wird die Herstellung
von Fütterungsarzneimitteln nach einer zweijährigen Übergangsfrist nur
noch in nach § 13 AMG zugelassenen Betrieben möglich sein. Bedingungen
für das Erreichen dieses Status sind aber noch nicht klar definiert. Um auch
weiterhin eine möglichst flächendeckende Versorgung mit Fütterungsarznei-
mitteln erreichen zu können, muss die Futtermittelindustrie möglichst rasch
Klarheit darüber erhalten, welche Anforderungen seitens der Überwachung
an die § 13-AMG-Hersteller gestellt werden. Die Bedingungen müssen
müssen in praktikable Vorschriften gefasst werden, die den besonderen
Bedingungen im Mischfutterwerk Rechnung tragen. Die Industrie ist bereit
ihren Beitrag zu leisten und sich in die Diskussion dieser Leitlinien mit
einzubringen.

BLICKPUNKT: Welche Regelungen sind vom Tierarzt besonders
zu beachten? Inwieweit wird die Zusammenarbeit zwischen Tierarzt und
Tierhalter von der AMG-Novelle betroffen?

Dr. Schneidereit: Wesentliche Änderungen gibt es bei der
Herstellung von Tierarzneimitteln durch die Tierärzte selber. So ist
zukünftig das Herstellen von Arzneimitteln durch den Tierarzt bis auf
wenige Ausnahmen nicht mehr erlaubt. Auch die Berechtigung des
Tierarztes, unter seiner Aufsicht aus AMVs und Mischfuttermitteln
Fütterungsarzneimittel herstellen zu lassen, wird entfallen und ist nur
noch für eine Übergangsfrist von zwei Jahren möglich.

Neue Vorschriften gelten auch für die Abgabe von Tierarzneimitteln.
Dies betrifft besonders die Abgabe von Medikamenten für Lebensmittel
liefernde Tiere, bei der es unter dem Stichwort 7-Tage-Regel deutliche
Beschränkungen gibt.

BLICKPUNKT: Was bedeutet die 7-Tage-Regel? Gibt es
weitere Sonderregelungen für Lebensmittel liefernde Tiere?

Dr. Schneidereit: Mit der Novelle wird der Abgabezeitraum
für verschreibungspflichtige Arzneimittel mit Wartezeit für Lebensmittel
liefernde Tiere auf 7 Tage beschränkt. Ausnahmen sind z. B. möglich
im Rahmen einer Bestandsbetreuung. Hier ist eine Verlängerung der
Behandlungsdauer auf 31 Tage möglich; dies gilt jedoch nur für nicht-
antibiotische Arzneimittel sowie für Antibiotika, die ausschließlich zur
lokalen Anwendung zugelassen sind. Dazu gehören beispielsweise
Trockensteller. Grundlage für die Sonderregelung ist eine lückenlose
Dokumentation durch den Tierarzt und den Tierhalter. Die Punkte
Bestandsbetreuung und Dokumentation im Sinne eines Qualitäts-
managementsystems werden also wesentlich an Bedeutung gewinnen.
Dies gilt übrigens auch für die Hersteller. Sowohl pharmazeutische
Unternehmer als auch Großhändler müssen über die Abgabe bestimmter
Stoffe und diese enthaltende Fertigarzneimittel an Tierärzte zukünftig
Meldung an ein zentrales Informationssystem machen. Einzelheiten
hierzu sollen in einer künftigen Verordnung geregelt werden.

BLICKPUNKT: Welche Restriktionen sind bei der Abgabe von
Fütterungsarzneimitteln zu beachten?

Dr. Schneidereit: Die Abgabe von Fütterungsarzneimitteln wird
ebenfalls auf den Bedarf für einen Zeitraum von 7 Tagen beschränkt.
Nur wenn die Zulassungsbedingungen eine längere Anwendung
vorsehen, darf für diesen verlängerten Zeitraum abgegeben werden.

BLICKPUNKT: Die Abgabe von Arzneimittelvormischungen
an die Landwirte wird künftig nicht mehr möglich sein. Wer darf denn
noch AMVs verwenden?

Dr. Schneidereit: Arzneimittelvormischungen dürfen künftig
nur noch zur Herstellung von Fütterungsarzneimitteln verwendet werden.
Der Tierarzt darf sie für die Dauer der zweijährigen Übergangsfrist noch
beziehen und an einen anerkannten Mischfutterbetrieb abgeben. Die
Abgabe von Arzneimittelvormischungen durch den Tierarzt an den
Tierhalter und der Erwerb durch den Tierhalter sind mit dem Inkrafttreten
der neuen Regelungen verboten.

BLICKPUNKT: Die Frage, ob Tierimpfstoffe ausschließlich
durch den Tierarzt selber angewendet werden sollen, wird wieder diskutiert.
Wird dies die derzeit praktizierten Impfkonzepte auf den Höfen beeinflussen?

Dr. Schneidereit: Die Position der Industrie ist hier eindeutig. Im
Zuge einer zunehmenden Spezialisierung in der Veredelungsproduktion
sollte der Tierhalter in die Durchführung vorbeugender Impfprogramme
mit einbezogen werden. Das bedeutet, dass dieser auch – unter Aufsicht,
Beratung und Anweisung durch den Tierarzt – Impfstoffe selber verabreichen
kann. Die Abgabe auf Basis einer befristeten Ausnahmegenehmigung auf
Antrag des Tierarztes erscheint als geeignete Maßnahme zur Kontrolle.
Natürlich muss die Anwendung bestimmter Impfstoffe dem Tierarzt
vorbehalten bleiben. Dies sind z. B. Impfstoffe, die im Rahmen der
staatlichen Tierseuchenbekämpfung gegen anzeigepflichtige Erkrankungen
angewendet werden.






 



 

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