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AHO Aktuell - 22.08.2002

Schimmelpilze im Getreide als Folge des nassen Sommers


(idw) - Die vielen Regenfälle der Sommermonate haben nicht nur Flüsse über
die Ufer treten lassen, sondern auch Felder weiträumig unter Wasser gesetzt
und das Getreide zu Boden gedrückt. Als Folge befürchten Wissenschaftler
nun ein erhöhtes Auftreten von Fusarium-Pilzen, die bei feucht-warmen
Bedingungen ideal gedeihen. Die Pilze mindern nicht nur den Ertrag,
sondern können durch die Bildung von Mykotoxinen (Pilzgiften)
zu erheblichen Qualitätsminderungen führen.

Besonders Futtergetreide steht im Blickpunkt der Forscher: "Schweine
reagieren sehr empfindlich auf die von Fusarien gebildeten Gifte
Deoxynivalenol und Zearalenon", erklärt Professor Gerhard Flachowsky,
Präsident der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) in
Braunschweig und Leiter des dortigen Instituts für Tierernährung.
Deoxynivalenol führt schon in relativ geringen Konzentrationen zu einem
Rückgang im Futterverzehr und zu verzögertem Wachstum. Das
östrogen-ähnliche Zearalenon kann bei Sauen zu Fruchtbarkeitsstörungen
und zum Abort der Ferkel führen. Rinder und Hühner, deren Rationen
ebenfalls Getreide enthalten, sind weniger empfindlich.

Beruhigend aus Verbrauchersicht ist, dass das Fleisch von Tieren, die
mit fusariumhaltigem Getreide gemästet wurden, kaum mit Mykotoxinen
belastet ist. Das haben Versuche der FAL und der Bundesanstalt für
Fleischforschung (BAFF) in Kulmbach ergeben. Die Gifte werden im Körper
der Tiere abgebaut. Allerdings können Menschen die Toxine durch
getreidehaltige Lebensmittel wie Brot oder Nudeln direkt aufnehmen.
Derzeit werden die diesjährigen Getreidechargen an der Bundesanstalt für
Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung (BAGKF) in Detmold auf ihren
Mykotoxingehalt analysiert. Ergebnisse sind Ende September zu erwarten.
Im Rahmen der so genannten "Besonderen Ernteermittlung" untersucht die
BAGKF jedes Jahr Proben der Weizen- und Roggenernte aus allen Teilen
Deutschlands auf Schadstoffe und Mykotoxine. Laut Auskunft des Detmolder
Mykotoxin-Experten Dr. Joachim Wolff ist es vor allem das Wetter zur
Zeit der Ährenblüte, das über die Höhe der Infektion entscheidet.
Ungünstige Bedingungen in der Erntephase können die Mykotoxin-Situation
verschärfen. Vor einer Vermahlung zu Mehl wird mykotoxinhaltiges
Kornmaterial ausgereinigt.

Die Bekämpfung von Fusarien mit Pflanzenschutzmitteln ist schwierig, da
die Pilze nur im frühen Stadium - wenn sie die blühenden Ähren befallen
- empfindlich sind. "Eine Behandlung muss rechtzeitig erfolgen", weiß
Dr. Bernd Rodemann von der Biologischen Bundesanstalt (BBA) in
Braunschweig. "Wenn der Pilzbefall sichtbar wird, ist es schon zu spät."
Der Landwirt muss daher schon in der Blühphase des Getreides
entscheiden, ob er Fungizide spritzt und in dieser Zeit besonders das
Wetter im Auge behalten.

"Unsere Wissenschaftler sind in der Mykotoxin-Forschung außerordentlich
stark engagiert", resümiert Dr. Michael Welling vom Senat der
Bundesforschungsanstalten, dem Zusammenschluss der
Forschungseinrichtungen des Verbraucherschutzministeriums. "Das geht von
der Züchtungsforschung mit dem Ziel resistenter Getreidelinien über den
Pflanzenschutz bis hin zur Analytik in Nahrungsmitteln und der
Erarbeitung von Richtwerten."

Orientierungswerte zur Belastungssituation der Futterrationen von
Schwein und Rind basieren auf Untersuchungsergebnissen aus den
Bundesforschungsanstalten und anderen Forschungseinrichtungen. So sollte
das Futter von Rindern nicht mehr als 5 mg/kg und das von Schweinen
nicht mehr als 1 mg/kg Deoxyinivalenol aufweisen. Der
Lebensmittelbereich soll durch die geänderte
Mykotoxin-Höchstmengenverordnung geregelt werden. Danach dürfen in
Speisegetreide, Mehl und Teigwaren (z. B. Nudeln) nur maximal 0,5 mg/kg
Deoxyinivalenol enthalten sein, in Brot und Backwaren 0,35 mg.

Seit 1979 diskutieren Mykotoxin-Forscher ihre neuesten Erkenntnisse
jedes Jahr auf einem eigenen Workshop, der ursprünglich von
Wissenschaftlern der Bundesforschungsanstalten initiiert wurde.
Mittlerweile wird der Mykotoxin-Workshop regelmäßig von 150 bis 200
Experten besucht und findet weit über die Grenzen Deutschlands hinaus
Beachtung.

Informationsdienst Wissenschaft - idw - - Pressemitteilung
Senat der Bundesforschungsanstalten im Geschäftsbereich des BMVEL,
22.08.2002
 



 

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