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AHO Aktuell - 31.07.2002

Kölner Experte: Nitrofen ist nur ein temporäres Problem


Köln (idw) - Nitrofen ist nur ein temporäres Problem, das aber gesamt-
gesundheitlich in der Bevölkerung so gut wie keine Folgen haben wird.
Dagegen ist das in hoch erhitzten stärkehaltigen Nahrungsmitteln enthaltene
Acrylamid tatsächlich ein nennenswerter Krebsrisikofaktor, den der
Verbraucher kennen sollte. Basilikum und vor allem Fencheltee sollten von der
Nahrung für Kinder ausgeschlossen werden. Professor Dr. Edgar Schömig,
Direktor des Instituts für Pharmakologie der Universität zu Köln, ging
den Schlagzeilen der vergangenen Wochen auf den Grund und untersuchte,
wie ernstzunehmend gesundheitsgefährdend die Stoffe Nitrofen, Acrylamid
und Estragol tatsächlich sind.

In den letzten Wochen brechen fast täglich neue Schreckensmeldungen aus
dem Nahrungsbereich auf den Verbraucher ein. Nicht genug, dass der
BSE-Skandal Fleischkonsumenten noch in den Knochen steckt. Nun sind Eier
nitrofen-verseucht, Pommes-Frites und Chips enthalten den
krebserregenden Giftstoff Acrylamid, Basilikum und Fenchel weisen
ebenfalls krebserregende Gifte auf. Die große Sensibilität der
Bevölkerung gegenüber dem Thema Gift in Nahrungsmitteln erklärt
Professor Schömig dadurch, dass Menschen immer dann Angst haben, wenn
ein Risiko für sie nicht kalkulierbar und nicht durchschaubar ist.
Außerdem ist jeder vom Thema Ernährung betroffen.

Die Schlagzeilen der letzten Zeit empfindet Professor Schömig als
effekthascherig und dramatisierend. Da aber der Hintergrund der
Schlagzeilen zum Thema Acrylamid "in keinem Fall Humbug sind", hält er
eine Aufklärung in diesem Fall für notwendig. "Acrylamid stellt ein
Risiko dar, über dass man sich Gedanken machen muss." Jeder Mensch muss
nach seiner Auffassung die Chance haben, informierte Entscheidungen zu
treffen. Das heißt, dass dadurch, dass jeder für sein eigenes Leben
verantwortlich ist, er zunächst die Risiken, die sein Leben betreffen,
kennen muss. Dann wiederum kann er entscheiden, welche Risiken er für
sein Leben eingehen will und welche nicht.

Im Vergleich der Giftstoffe, die in den letzten Wochen in den Medien zu
finden waren, schätzt Professor Schömig das Acrylamid als besonders
relevant ein. Gemeinsam mit einem Team stellte er einen Vergleich auf,
um das von Acrylamid ausgehende Risiko greifbar zu machen. "Für den
Laien muss man das Krebsrisiko, das von Acrylamid ausgeht, in normales
Lebensrisiko übersetzen." Um das Risiko also griffiger für den
Verbraucher zu machen, errechnete der Professor mit seinen Mitarbeitern,
dass der Verzehr einer Tüte Chips statistisch etwa dem Risiko einer
20-Kilometer-Autofahrt gleichkommt. "Mit vielen Dingen im Leben geht man
ein gewisses Risiko ein. Das Wichtige ist, dass man dieses Risiko
kennt."

Im Gegensatz zu dem Herbizid Nitrofen, das verbotenerweise als
Pflanzenschutzmittel eingesetzt wurde, ist der Giftstoff Acrylamid also
als weitaus bedenklicher einzustufen. Auch im Vergleich zu dem in
Schweinefleisch und Limonade zu findenden Hormon MPA ist nach
Einschätzung Professor Schömigs Acrylamid weitaus relevanter. Acrylamid
entsteht dann, wenn stärkehaltige Nahrungsmittel bei einer Temperatur
von über 120 Grad erhitzt werden. Für die Relevanz dieser Erkenntnis,
die schwedische Forscher kürzlich durch verschiedene Tests gewannen,
spricht auch, dass sich die WHO (World Health Organisation) sofort nach
der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse einschaltete. Ziel dabei
ist, genau einschätzen zu können, welche Risiken das Acrylamid mit sich
bringt und gegebenenfalls Methoden zu finden, die verhindern, dass
Acrylamid beim Erhitzen von Stärke überhaupt entsteht.

Acrylamid nimmt Einfluss auf die DNS, wirkt krebserregend und kann in
der Aufnahme einer extrem hohen Dosis das Zentrale Nervensystem
beeinflussen. Nitrofen gilt wie auch Acrylamid als chronisch toxisch,
das heißt, dass nur die regelmäßige Einnahme von großen Mengen an
Nitrofen eine Gefahr bedeuten. Da aber nun das Nitrofen-Problem erkannt
und damit durch hohe Lebensmittel-Kontrollen aus der Nahrung
ausgeschlossen ist, hält Professor Schömig diese Gefahr als gebannt.

Zu den Meldungen, dass von Basilikum und Fencheltee ebenfalls ein
Krebsrisiko mit sicht bringt, lässt sich, so der Professor, bislang nur
an Tierversuchen nachweisen. Da aber die Grenzwerte für die in Basilikum
sowie Fencheltee enthaltenen Giftstoffe für den Menschen auf das
Körpergewicht betrachtet ausgerechnet werden, warnt Professor Schömig
vor der Aufnahme dieser Stoffe bei Kindern. "Statt Kindern in großen
Mengen Fencheltee zu geben, würde ich raten zu Kamillentee zu greifen,
um ein Risiko von vornherein auszuschließen." Für Erwachsene hält er den
Konsum von Basilikum und Fencheltee nach der derzeitigen Datenlage für
bedenkenlos, weil nur geringe Dosen der jeweiligen Giftstoffe
aufgenommen werden.

Informationsdienst Wissenschaft - idw - - Pressemitteilung
Universität zu Köln, 31.07.2002
 



 

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